Dämon aus dem All
wissen, ob sie das Gerät noch hatten und es einsetzen konnten. Pedrallon selbst konnte tot oder eingekerkert und damit unauffindbar sein. Ged Darod einfach so zu betreten, war ein gewaltiges Risiko.
Er mußte es aber eingehen. Andernfalls konnten Simon Ashton und er sich damit abfinden, den Rest ihres Lebens auf Mutter Skaith zu verbringen, und die Irnanier müßten den Wunsch nach Auswanderung begraben. Sicher, eine Schließung des Raumhafens mochte dazu führen, daß ehrgeizige Kapitäne freie Landungen versuchten, und einer mochte sogar in der Nähe Irnans oder Tregads landen und sogar Passagiere mitnehmen. Darauf war aber so gut wie kein Verlaß, und es war besser, die winzige Gelegenheit zu ergreifen, mit Skeg rechtzeitig in Verbindung zu treten.
Die Priesterin auf dem schwankenden Tempelwagen schrie in die Menge, daß alle Irrlehren ausgemerzt und die Irrgläubigen bestraft werden würden. Ein vergoldeter Wagen kam vorbei, in ihm eine Gruppe Menschen aus dem tropischen Süden, schlanke Männer und Frauen in Seide gehüllt, die schmalen Gesichter wie feine Gemmen aus braunem Stein. Auch sie schrien etwas von Bestrafung und Opfern, die der alten Sonne gebracht werden sollten. Stark ging weiter, und die fernen Dächer Ged Darods glänzten im Schimmer der Drei Damen.
Seltsam, daß ihm niemand entgegenkam, daß keine Pilger die Stadt verließen.
Eine große Gruppe Wanderer packte Starks Umhang und rief: »Heute nacht werden wir die Wahrheit hören, Pilger! Bist du bereit, sie zu hören?« Sie hatten glasige Augen, und ihr Atem war schwer vom Geruch süßer Drogen. »Die Wahrheit, die das Lügen beendet und das Böse austreibt?«
»Ich bin bereit«, antwortete Stark mit donnernder Stimme. »Seid ihr es denn? Umarmt euch, liebt euch!«
Sie lachten und taten, wie geheißen. Eine der Frauen umschlang ihn und küßte ihn mit heißen Lippen durch den Gesichtsschleier.
»Bleib ein bißchen hier, am Rand der Straße. Ich zeige dir die Liebe.« Sie versuchte, das Tuch mit den Zähnen wegzuziehen. »Warum verbirgst du dein Gesicht?«
»Ich habe ein Gelübde abgelegt«, sagte Stark und stieß sie sanft beiseite.
Auf der Straße hinter ihm gab es eine Störung. Er drehte sich um. Eine Gruppe berittener Männer bahnte sich geschäftig und zugleich ruhig einen Weg durch die Menge, ritt manchmal sogar neben der Straße her, um einem Hindernis auszuweichen. Es waren keine Pilger.
Stark gesellte sich zur nächsten Ansammlung von Menschen, wich mit ihr zurück, um den Reitern Platz zu machen. Die Tiere wurden von den sechs Reitern unnachgiebig weitergetrieben. Vier der Reiter waren Stabträger, die beiden anderen waren in schwarze Umhänge mit Kapuzen gehüllt.
Stark blickte unter seiner Kapuze hervor und sah ein schneeweißes, pelzbedecktes Gesicht vorbeiziehen, das die großen Augen eines Geschöpfes hatte, das fern von der Sonne lebt.
Einen Augenblick hatte er das Gefühl, diese Augen würden ihn direkt ansehen.
Er war beunruhigt. Die Reiter zogen jedoch weiter. Es wurde kein Schrei ausgestoßen, und wenn er der Gestalt im schwarzen Umhang aufgefallen war, so hatte sie ihn doch nicht erkannt. Stark zog sein Tuch höher hinauf, die Kapuze tiefer in die Stirn und ging weiter. Er war nicht glücklich über das, was er gesehen hatte.
Das waren Kinder der Mutter Skaith gewesen. Kell à Margs Leute aus den Höhlen im Gebirge der Hexenfeuer. Er meinte sogar, den einen zu kennen und den Namen des anderen erraten zu können. Fenn und Ferdic, die in der Höhle der Wahrsager mit Dolchen auf ihn losgegangen waren.
Er wußte nicht, was sie in Ged Darod wollten, das so tief im Süden lag, über dem sich der offene Himmel wölbte, den sie vor so langer Zeit aufgegeben hatten. Er wußte, daß er schon genug Feinde in der Stadt hatte. Er brauchte keine weiteren.
Die Mauern Ged Darods stiegen aus der Ebene auf, und ein Leuchten wölbte sich wie eine Kuppel über sie. Die Tore standen offen, waren immer geöffnet. Die Pilgerströme ergossen sich in die Stadt.
Es war eine Stadt des Lichtes und der Klänge, und Glocken schufen diese Klänge. Sie hingen an den Ecken der gestaffelten Dächer. Sie hingen an den spitzen Türmen empor und säumten die goldenen Kuppeln. Tausende schwangen frei im Wind und grüßten jede Brise mit ihrem Bimmeln, und die Luft war mit süßem Klingen erfüllt.
Die Straßen dufteten nach Räucherwerk, und die Menschen stießen und drängten sich und wurden doch nicht ärgerlich, trotz der Pilgermengen, die
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