Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
Vom Netzwerk:
das Eintreten dieser Visionen zu verhindern, dann schlage ich vor, Ihr lasst uns die Leiche sehen.«
    Laurence war schon dabei, seinen Sturmkrähen etwas zuzuflüstern. Zwei verließen die Gruppe im Laufschritt, vermutlich unterwegs zur Leiche. »Kommt mit! Falls Gerta recht hat mit ihrer Verbindung, müsste sie uns Sicherheit darüber verschaffen können, ob es meine Base war, die wir in den Palast gebracht haben.«

*
    Talia folgte den anderen durch die gewundenen Korridore. Es gab wenig Ecken, nur Gänge, die sich wie die Fäden einer Knüpfarbeit hin- und herschlängelten. Bei jedem Schritt brandete die Wut des Wolfs durch sie hindurch, aber jedes Mal, wenn sie verebbte, ließ sie nur Leere zurück. Jeder Schritt fraß ein weiteres Stückchen ihrer Seele auf.
    Nein, Gerta hatte recht. Sie musste recht haben. Schnee lebte!
    Talia wischte sich die Wange an der Schulter ab. Wo König Laurences Zepter ihr Gesicht getroffen hatte, brannte es wie Feuer, und ihre Hand war mit Blasen bedeckt, woran jede Bewegung sie schmerzhaft gemahnte.
    »Dieser Ort erinnert mich an sie«, sagte Gerta. »Mit Gips und Kalk verkrustet und zu viel Blattgolddekor. Da lobe ich mir den nackten Stein des Sommerpalasts, die freiliegenden Balken und die unverfälschte Stärke der Mauern!«
    Der König brachte sie zu einer breiten Marmortreppe. »Diese Stufen führen in den Turm der Sturmkrähen«, erklärte er, während er zu den schweren Eichentüren am Ende der Treppe hocheilte. Ein Klopfen mit dem Zepter öffnete die Türen; im Innern flammten Laternen auf.
    In der Mitte des Raums lag Schneewittchen, die Haut noch blasser als sonst. Man hatte ihr die Kehle durchgeschnitten. Blut färbte ihren Umhang und ihr Hemd hellrot. An den Ecken eines Kreiderechtecks um ihren Körper brannten Kerzen. Ihre Hände und Füße waren mit Ketten aus blauem Metall gefesselt.
    »Die Ketten hemmen ihre Magie«, sagte Laurence leise. »Von dem Moment an, wo sie gefangen wurde, war sie nicht imstande, ihre Zauberkraft einzusetzen. Ihre Eiswespen wurden zerstört. Jede Einzelne, die versucht hätte, ihr zu folgen, wäre von der Magie der Palastmauern aufgehalten worden.«
    Das Geräusch, das sich Talias Kehle entriss, lag irgendwo zwischen einem Wimmern und einem Schrei. Niemand versuchte, sie daran zu hindern, sich dem Leichnam zu nähern, aber als sie die Kreidemarkierung erreichte, musste sie feststellen, dass sie nicht imstande war, sich weiter zu nähern. Sie wurde zwar nicht weggestoßen, aber wenn sie versuchte, noch einen Schritt zu machen, rutschte ihr Fuß zur Seite. Sie streckte die Hand aus, und ihr Arm wurde nach links abgelenkt.
    Sie ließ sich auf ein Knie sinken. Sie konnte die Abwehrzauber riechen, wie Staub und Honig. Der Geruch wurde stärker, als sie eine Hand in Schnees Richtung presste, aber je weiter sie die Hand nach vorn drückte, desto mehr kehrte sich dieser Druck gegen sie.
    »Nicht einmal die Magie Eures Umhangs ist stark genug, diese Barriere zu durchbrechen«, sagte Laurence.
    »Wieso?«, fragte Talia und zeigte auf das Rechteck.
    »Wenn dies wirklich diejenige ist, nach der sie aussieht, dann wurde der Dämon mit ihrem Tod vertrieben, aber wir wissen nicht, welche anderen Mittel des Schutzes sie möglicherweise bei sich trug. Es wird Tage dauern, ihren Körper zu reinigen. Bis es so weit ist, kann nichts in die Abwehrzauber eindringen oder aus ihnen entkommen.«
    Gerta seufzte. »Nur dass das nicht ihr Körper ist.«
    »Wo wurde sie gefangen genommen?«, erkundigte sich Danielle. Sie war angespannt und musste die Tränen wegblinzeln, als sie Schnee betrachtete.
    »In den Bergen im Norden.«
    In den Bergen. Falls Jakob noch lebte, sollten sie dort mit der Suche nach ihm beginnen. Nach ihm und nach Schnee.
    Talia schloss die Augen, denn Gertas Wahrheit war ihr lieber als der Beweis vor ihr. Was hatte der Dämon zu gewinnen? Das hier war mehr als der bloße Versuch, die Sturmkrähen von ihrer Fährte abzubringen. Konnte die Leiche verseucht sein? Die Pest war eine weltliche Bedrohung … aber sie war eine zu langsame und unsichere Waffe. Alles, was die Hochstaplerin bei sich trug, war zusammen mit ihr eingesperrt.
    Sie drehte sich abrupt zu Laurence um. »Wer hat sie gefangen genommen?«
    »Das war Selerin, die eine Truppe von sechs Sturmkrähen angeführt hat.« Er senkte den Kopf. »Zwei wurden im Kampf getötet. Ein Dritter wurde schwer verletzt, aber er wird überleben.«
    Das bedeutete, dass vier mit Schnee zurückgekehrt waren.

Weitere Kostenlose Bücher