Daemon von Karanda
auszuweichen?«
»Wozu?« entgegnete Feldegast. »Er wird es nicht tun. Er sieht allein schon deine Anwesenheit hier mit Lanze und Schild als Herausforderung, die er sich nicht entgehen lassen wird. Reitet ihn nieder, junger Meister.
Der Tag schreitet voran, wißt Ihr?«
»Na gut«, murmelte Garion unglücklich. Er schob die Linke durch die Schildschlaufe, rückte seinen Helm zurecht und zog das Schaftende seiner Lanze aus dem Steigbügel. Chretienne scharrte bereits aufgeregt auf dem weichen Boden und schnaubte herausfordernd.
»Dir gefällt das natürlich«, brummte Garion. »Also, dann vorwärts!«
Der mächtige Graue brauste donnernd los. Es war nicht ganz ein Galopp, auch kein blindes Dahinsausen, sondern eine betonte, unerbittliche Gangart, die sich nur als Sturm bezeichnen ließ.
Der gerüstete Reiter am Ende des Tals schien ein wenig erstaunt über den unerwarteten Angriff, dem keine der üblichen Herausforderungen, Drohungen oder Beleidigungen vorhergegangen waren. Er hantierte an seinem Rüstzeug, bis er Schild und Lanze endlich richtig hielt. Er sah sehr wuchtig aus, was jedoch an seiner Rüstung liegen mochte. Sein Kettenpanzer reichte bis zu den Knien, sein Helm war rund und mit Visier, und an seiner Seite hing in einer Scheide ein gewaltiges Schwert. Er klappte sein Visier herunter, dann gab er seinem Pferd die Sporen und setzte ebenfalls zum Sturm an.
Die nassen Felder zu beiden Seiten der Straße schienen zu verschwimmen, als Garion hinter seinem Schild geduckt und mit eingelegter Lanze vorbeibrauste. Er hatte Mandorallen oft genug zugesehen, daß er wenigstens ungefähr wußte, was zu tun war. Die Entfernung zwischen ihm und dem Fremden schrumpfte rasch, und Garion konnte deutlich den Schlamm sehen, der unter den gegnerischen Hufen hochspritzte. Im letzten Moment, ehe sie zusammentrafen, richtete sich Garion in den Steigbü-
geln auf, wie Mandorallen es ihm beigebracht hatte, und lehnte sich nach vorn, daß sein ganzer Körper gegen einen Aufprall gewappnet war. Er zielte sorgfältig mit seiner Lanze auf die genaue Mitte des gegnerischen Schildes.
Ein gräßliches Krachen war beim Aufprall zu hören, und Splitter flogen um ihn, als der Lanzenschaft seines Gegners zerschmetterte. Seine eigene Lanze jedoch, obwohl sie so kräftig wie die des Gardisten war, war aus frisch geschnittenem Zedernholz und war sehr elastisch. Sie krümmte sich wie ein gespannter Bogen und schnellte sich wieder gerade. Der verblüffte Fremde wurde plötzlich aus dem Sattel gehoben. In einem anmutigen Bogen flog er hoch durch die Luft und landete mit dem Rücken im Morast der Straße, ohne sich zu rühren. Mit stoßbereiter Lanze lenkte Garion Chretienne zur splitterübersäten Stelle des Zusammenstoßes.
»Seid Ihr verletzt?« fragte er den Tempelwächter.
Keine Antwort.
Vorsichtig saß Garion ab, ließ die Lanze fallen und zog Eisenfausts mächtiges Schwert. »Ich fragte, ob Ihr verletzt seid«, wiederholte er. Er streckte den Fuß aus und stupste den Liegenden.
Das Visier des Gardisten war geschlossen. Garion hob es behutsam mit der Schwertspitze und klappte es ganz hoch. Von den Augen des Mannes war nur das Weiße zu sehen, und aus seiner Nase quoll Blut.
Die anderen galoppierten herbei. Ce'Nedra sprang aus dem Sattel, noch ehe ihr Pferd ganz angehalten hatte, und warf sich an die Brust ihres Gemahls. »Du warst großartig, Garion! Einfach wundervoll!«
»Es ging recht gut, nicht wahr?« sagte er bescheiden und bemühte sich, mit Schwert, Schild und seiner zierlichen Gemahlin zurechtzukommen. Er blickte Polgara entgegen, die ebenfalls absaß. »Glaubst du, er erholt sich wieder, Tante Pol?« fragte er. »Ich hoffe, ich habe ihn nicht zu sehr verletzt.«
Sie untersuchte den Mann, der schlaff im Schlamm der Straße lag. »Es fehlt ihm nichts weiter, Liebes«, beruhigte sie Garion. »Er ist nur bewußtlos durch den Aufschlag.«
»Gut gemacht«, lobte Silk.
Plötzlich grinste Garion breit. »Weißt du was«, sagte er. »Allmählich verstehe ich, weshalb Mandorallen so begeistert davon ist. Es macht tatsächlich Spaß.«
»Es muß in der Tat etwas mit dem Gewicht der Rüstung zu tun haben«, sagte Feldegast betrübt zu Belgarath. »Sie zerrt so an ihnen, daß sie ihnen offenbar den Verstand aus dem Gehirn zieht.«
»Wir reiten weiter!« bestimmte Belgarath.
Am nächsten Vormittag erreichten sie ein breites Tal, in dem Mal Yaska, die kirchliche Hauptstadt Malloreas mit dem Palast des Jüngers Urvons
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