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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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es funktioniert?«, fragte ich.
    »Ich hoffe doch.«
    »Und wenn sie dich erwischen?«
    »Nie im Leben! Hast du je einen von uns rennen sehen? Wir sind schnell wie der Blitz. Glaubst du etwa, die Typen hier könnten einen Nigger in vollem Lauf fangen?«
    »Nein«, sagte ich grinsend und blieb im Korridor stehen. »Ich warte beim Eingang zur Halle und geb dir Deckung.«
    J. C. nickte und rollte den Kopf auf den Schultern, um seine Halsmuskulatur zu lockern. Dann atmete er tief aus.
    »Nervös?«
    »Wie vor einem Zweihundertmeterlauf.«
    Er streckte mir die geballte rechte Faust hin, und ich schlug mit meiner dagegen. Dann nahm er meine Hand in die seine.
    »Lauf nicht weg.«
    Ich nickte und beobachtete ihn, wie er durch den Flur joggte. Der Hauptkorridor der Schule war vielleicht hundert Meter lang. Als er das Ende erreicht hatte, wandte er sich nach rechts und verschwand außer Sicht. Ich stand alleine in dem stillen Gang, lauschte meinem Atem und betrachtete eine Weltkarte, die vor mir an der Wand hing. Meine Blicke blieben auf den Vereinigten Staaten haften; ich dachte an zu Hause und ging im Geiste die Ereignisse durch, die mich hierher geführt hatten.
    Irgendwo weiter vorn im Gang hörte ich unvermittelt Stimmengeflüster, doch es war so undeutlich, dass ich keine einzelnen Worte verstehen konnte. Eine Tür wurde krachend ins Schloss geworfen. Das Flüstern endete. Nervös schlich ich ein Stück weiter nach vorn. Zu meiner Rechten befand sich eine offene Tür mit einem Klassenzimmer dahinter. Das Geräusch war offensichtlich aus dieser Tür gekommen, also packte ich mein M-16 fester und schlich hinein. Im Zimmer standen lauter kleine Schulbänke, alle dick mit Bleistift und Tinte beschmiert, was mich an meine eigene Schulzeit erinnerte. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Schrank mit einem Waschtisch, doch außer einer verdorrten Pflanze auf dem Fenstersims war das Zimmer größtenteils leer. Ich senkte die Waffe wieder. Eine Wand war mit rostfarbenen Flecken übersät, als hätte jemand mit Farbe gefüllte Ballons dagegen geworfen – doch ich wusste, dass es Blutflecken waren. Hier waren Menschen an die Wand gestellt und exekutiert worden. Auf einer Tafel an der Stirnseite stand etwas mit Kreide geschrieben. Verwundert stellte ich fest, dass die Worte in Englisch waren.
    Neugierig las ich die einzelne Zeile, die dort stand.
    Du bist auserwählt.
    Plötzlich erfasste mich Nervosität. Ich hob die Waffe und drehte mich einmal um die eigene Achse. Dann spähte ich unter Sitzbänke und Tische und öffnete die Schränke, bis ich mich davon überzeugt hatte, dass ich allein war. Plötzlich ertönte hinter mir lautes Klappern, und ich wirbelte herum und hätte fast den Abzug des M-16 durchgezogen.
    Vor mir war nichts außer einer nackten Betonwand.
    Am Boden vor der Wand lag etwas. Ich ging durch den Raum und stellte überrascht fest, dass es ein billiges vergoldetes Kruzifix war. Anscheinend war es von einem Nagel in der Wand gefallen; nun lag es mit dem Gesicht nach unten. Ich hob es vorsichtig auf und hängte es an den Nagel zurück. Dann drehte ich mich wieder zur Tafel um. Während ich nicht hingesehen hatte, war etwas mit der Schrift geschehen. Jetzt stand dort nur:
    Töte.
    Wieder ließ ich gehetzt den Blick in die Runde schweifen, doch der Raum war und blieb leer. Ich packte das Gewehr so fest, dass meine Knöchel weiß wurden, drehte mich langsam um und wich aus dem Raum zurück. Als ich den Eingang erreichte, hörte ich hinter mir ein weiteres Klappern. Ich wusste, dass es das Kruzifix war, das erneut heruntergefallen sein musste. Ich zwang mich, nicht nach hinten zu sehen, weil ich Angst hatte, dass etwas hinter mir stehen könnte, etwas, das Kreuze von der Wand stieß und seltsame Dinge auf Tafeln schrieb.
    Als ich wieder im Korridor war, streckte ich ohne hinzusehen die Hand nach dem Türgriff aus und spürte eisige Luft an meinen Fingern. Ich schauderte und zog die Tür hastig ins Schloss. Ein eisiger Wind zerrte an meiner Montur.
    Draußen im Korridor sah ich auf die Weltkarte an der Wand. Ich konzentrierte mich auf Massachusetts, während ich versuchte, mich zu beruhigen. Ich lehnte mit dem Kopf an der Wand hinter mir und schluckte. Ich schloss die Augen. Durch die verschlossene Tür des Klassenzimmers drang ein Geräusch wie von Fingernägeln, die am Holz der Tür kratzten. Ich ignorierte es, starrte unverwandt auf die Weltkarte. Die Fingernägel kratzten erneut, und ich drehte mich zur Tür

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