Dämon
ändern sich, und die Unterhaltung im Verhörzimmer der Station kam ihm nun vor, als hätte sie in einem anderen Leben stattgefunden. Jetzt und hier, in dem hufeisenförmigen Garten der Wohnanlage, war Jefferson fast alles zu glauben bereit, was Saint ihm erzählte.
»Diese Geister«, sagte Brogan. »Hatten Sie das Gefühl, von denen verfolgt zu werden?«
Saint starrte Brogan einen Augenblick an; offensichtlich versuchte er, Sarkasmus in der Stimme des großen hässlichen Burschen zu entdecken. Doch Brogan schien ebenfalls bereit, Saints Worten zu glauben – das spürte Jefferson deutlich. Saint kam offenbar zu dem gleichen Schluss, denn schließlich sagte er: »Sie haben mich gefunden. Hier im Haus. Sie waren vor meiner Tür, aber ich hab sie nicht reingelassen.«
»Haben Sie die Geister gesehen?«
»Es war nur einer. Er sah wie ’n Mensch aus.«
»Was für ein Mensch?«
»Ich hab ihn nie gesehen. Aber seine Augen waren gelb. Wie bei ’nem Hund.«
»Und Sie glauben, der Mann war wegen der alten Papiere da, die sie aus Sinatras Haus mitgenommen hatten?«
»Irgendwas in der Art, ja. Es war kein gewöhnlicher Mann, wissen Sie. Ich konnte nicht darauf vertrauen, dass er weggegangen wäre, wenn ich ihm diese Papiere gegeben hätte. Mit Geistern kann man nicht spielen. Man braucht einen Vermittler, um zu verhandeln. Jemand, der mit der wirklichen Welt und der Welt der Geister kommunizieren kann. Meine Mutter ist so jemand.«
»Also haben Sie das Manuskript nicht mehr«, stellte Jefferson fest.
Saint schüttelte den Kopf.
Dann sind wir wieder da, wo wir angefangen haben, dachte Jefferson bedrückt. Ohne jede Möglichkeit, dieses Ding zu bekämpfen.
»Aber wenn Sie nur wissen wollen, was in dem Schrieb gestanden hat«, sagte Saint langsam, »ich hab alles kopiert. Für mich selbst.«
Jefferson und Brogan starrten Saint fassungslos an.
» Was haben Sie?«
»Ich hab alles abgeschrieben, was in dem alten Schinken stand.«
Jefferson spürte, wie sein Herz sich vor Aufregung fast überschlug. Falls das stimmte, wusste Saint alles, was in dem Manuskript gestanden hatte. Dann wusste er alles über den Dschinn.
»Warum haben Sie es abgeschrieben?«, fragte Brogan, auf dessen Gesicht Unglaube stand.
»Weil ich weiß, dass dieses … Ding im Haus vom Anwalt ein Dämon war oder so was. Als ich das Manuskript von meiner Mutter zurückbekam, hab ich drin gelesen. Es stand alles über diese Kreatur drin. Und wie man sie erledigen kann. Ich schätze, jeder, der es mit dem Ding aufnehmen will, sollte wissen, was er zu tun hat, oder nicht?«
Jefferson hatte das Bedürfnis, Saint zu umarmen. Selbst Brogan lächelte anerkennend. Saint bemerkte die Gesichter der Detectives und lächelte ebenfalls. Vielleicht über die Ironie, dass er ausgerechnet zwei Cops half.
»Sie wollen wissen, was drin stand? Ich sag Ihnen eins, wenn auch nur die Hälfte von diesem Scheiß wahr ist, warten echte Probleme auf Sie.«
Sie saßen auf Plastikstühlen, die Saint aus der Wohnung nach draußen auf den Rasen gebracht hatte. Die Stühle waren weiß mit grünen Streifen und von der Sorte, die Jeffersons Mutter früher im Sommer für Strand- und Grillpartys benutzt hatte. Jefferson und Brogan saßen Saint gegenüber, der wieder auf dem Ende seiner Hantelbank Platz genommen hatte, nach vorn gebeugt, die Ellbogen auf den Knien, die Füße flach auf dem Boden.
Venice war nach vorn gegangen, zum Eingang des hufeisenförmigen Gartens, und lehnte an einer Hauswand, während er die Bürgersteige im Auge behielt. Jefferson wurde zum ersten Mal bewusst, wie kraftvoll Venice tatsächlich war, als er hinter der Hantelbank hervorkam. Er trug eine kurze Sporthose und ein ärmelloses Basketball-T-Shirt von den Florida States, das auf der Rückseite über der Sporthose ausgewölbt war, zweifellos von der Pistole, die er dort versteckt trug.
Sharin war in die Wohnung zurückgekehrt. Jefferson sah hin und wieder flüchtige Schatten im offenen Wohnungseingang, wenn sie durch den Flur von einem Zimmer in ein anderes wechselte und die weißen Zahlen auf ihrem Sweatshirt im Sonnenlicht leuchteten.
»Wenn ich Ihnen alles sage, was Sie erfahren wollen«, begann Saint schließlich, »muss ich wissen, dass dieses kleine Problem, das Sie vorhin erwähnt haben …«
»Sie meinen den Dealer, den Sie erschossen haben«, sagte Brogan.
Saint verzog das Gesicht. »Sie müssen mir versprechen, dass Sie die Sache auf sich beruhen lassen. Verstehen Sie? Ich will nicht
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