Dämon
erwacht ist, wird er mir die Kraft geben, mich endlich aus dem Rollstuhl zu erheben.«
»Sie verkaufen Ihre Seele dafür?«
»Ihr Gott hat mich verlassen. Wenn meine Seele eine Schöpfung Gottes ist, habe ich nur wenig zu verkaufen, nicht wahr? Gott hat mir nichts angeboten für meine Seele, also musste ich mich von ihm wenden.« Lyerman hob den Kopf und sah hinauf in den Regen. »Der Dschinn ist hier, heute Nacht. Ich kann ihn spüren …« Für einen Augenblick schloss er die Augen, genoss das kühle Wasser. Dann senkte er den Kopf und blickte Brogan wieder an.
»Wissen Sie, ich verfolge Ihre Karriere nun schon seit geraumer Zeit, Detective. Ich habe Ihr Bild im Globe gesehen. Sie waren der leitende Ermittler bei einem Fall vor ein paar Jahren. Man hat Ihr Foto veröffentlicht – eigentlich keine große Sache. Ich hätte es übersehen, wäre in dem Artikel nicht erwähnt worden, dass das Opfer beide Beine gebrochen hatte. Und dann sah ich Ihr Gesicht, Detective, und erkannte es wieder. Von da an wusste ich, wer Sie sind. Für mich ist es wie eine Ironie, dass wir an dieser Stelle angelangt sind. Ich möchte Ihnen danken, dass Sie mir mit Ihren Ermittlungen geholfen haben.«
»Und ich dachte, Sie wären ein trauernder Vater, Sie Mistkerl. Ich dachte, Sie wollten nur deswegen auf dem Laufenden gehalten werden, weil Sie wissen wollten, was mit Ihrem Sohn geschehen war. Ich hatte ja keine Ahnung, wer Sie wirklich sind … Wozu Sie imstande sind. Hätte ich das gewusst, hätten Sie von mir kein Wort erfahren. Sie hätten sich ganz hinten in der Schlange anstellen müssen.«
»Wir alle sind zu grauenhaften Dingen im Stande, Detective Brogan. Wahrhaft grauenvollen Dingen. Zeigen Sie nicht mit dem Finger auf mich wegen etwas, das jeder von uns genauso hätte tun können.«
Der kleine Panamaer beugte sich zu Lyerman hinunter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Lyerman nickte; dann schaute er Brogan an. Brogan hatte inzwischen festgestellt, dass er nicht imstande war, die Fesseln abzustreifen. Stattdessen konzentrierte er sich auf den Stuhl selbst. Wenn er sich ein wenig nach vorn beugte, gelang es ihm vielleicht, die Holzbeine zu zerbrechen, indem er sich fest genug nach hinten warf, und so seine Knöchel zu befreien.
Der Panamaer zuckte die Schultern, verstummte, richtete sich auf und sah ebenfalls Brogan an. Dann ging er auf Zehenspitzen an dem gefesselten Detective vorbei nach hinten. Brogan hörte die Holzschnipsel unter den Schuhen des Mannes knirschen.
»Sie haben Freunde hier«, sagte Lyerman langsam. »McKenna und Jefferson. Sind die beiden mit Ihnen gekommen, oder handeln sie auf eigene Faust?«
Brogan schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich bin allein gekommen.«
»Und Ihre Freunde … was wissen sie über mich?«
Brogan schwieg und starrte in den Regen. Hinter sich hörte er den Panamaer hantieren. Er vernahm ein leises metallisches Klirren, das ihn an das Geräusch von Skalpellen in einer Metallschale erinnerte, bevor der Arzt sie zur Autopsie herausnahm.
Lyerman sah Brogan in die Augen. »Ich verstehe, dass Sie Ihren Freunden helfen möchten. Aber Sie helfen ihnen am Besten, indem Sie mir sagen, wo ich sie finden kann.«
Brogan schwieg immer noch. Er schloss die Augen, und sein Verstand kehrte in die Dunkelheit seines eigenen Hauses zurück, zu der warmen Haut seiner Frau, zu dem Anblick ihres Körpers im Mondlicht …
»Sie können es nicht sehen, Detective, doch Cesar steht hinter Ihnen. Er hat einen kleinen Wagen neben sich. Auf diesem Wägelchen liegen verschiedene Instrumente. Scharfe Klingen und Sägen, mit denen man einen Menschen in Stücke schneiden kann.«
Undeutlich drang das helle Surren eines Geräts an Brogans Ohr, das sich anhörte wie der Bohrer eines Zahnarztes. Oder eine kleine elektrische Säge. Brogan schloss erneut die Augen, suchte in den Nischen seiner Erinnerung verzweifelt nach seiner Frau und fand sie wartend auf der Hollywoodschaukel der hinteren Veranda. Der Garten leuchtete in den Farben des Herbstes. Sie winkte ihm, näher zu kommen, und zeigte auf den freien Platz neben sich.
»Ich habe nicht den Wunsch, Sie zu foltern, Detective«, sagte Lyerman. »Aber geben Sie sich keinen Illusionen hin. Ich werde tun, was nötig ist.«
Tief in seiner Erinnerung trat Brogan zu seiner Frau und setzte sich neben sie auf die Schaukel. Er ergriff ihre Hand und wappnete sich. Ganz fern, wie von jenseits der Felder, die an sein Haus grenzten, hörte er das hohe Summen der
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