Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
aber steck mich ja nicht in dein perverses Zeug.«
Die Zimmertür ging auf, aber zum Vorschein kam nicht wie erwartet Kimis schwarzer
Fransenschopf, sondern das freundliche Gesicht ihres Vaters.
»So ist das also. Ich habe mich auch schon gewundert, seit wann mein kleines Mädchen solche Kunstwerke auf seiner Kleidung spazieren führt«, sagte Eike Johansen mit seinem warmen Bariton. Dann war er auch schon bei ihr und herzte seine Tochter so ausgiebig, als wäre sie wirklich ein kleines Mädchen.
Ella kuschelte sich in die vertrauten Arme ihres Vaters und hörte auf seinen beruhigenden Singsang, ohne genau auf die einzelnen Worte zu achten. Für einen wundervollen
Augenblick war alles gut, keine Sorgen und kein Verlust drückten sie. Ihn bei sich zu haben, machte das Erwachen erträglich. Mehr als das, denn in diesem schützenden Hafen, den ihr Vater ihr bot, wagte sie es schließlich, daran zu denken, dass sie etwas verloren hatte. Zwar konnte sie nicht sagen, um wen oder was es sich genau handeln mochte, da der Traum nicht mehr als eine ferne Ahnung war, aber sie spürte den erlittenen Verlust mit jeder Faser ihres Seins. Die Pforten, die Sandfern für sie zu einem magischen Ort gemacht hatten, waren verschlossen. Der Garten hinter der Villa würde von nun an für immer ein Garten sein, wunderschön, aber nicht mehr verwunschen.
Sosehr sie dieser Verlust auch quälte, es dauerte nicht lange, und ihre Gedanken
wanderten zu Gabriel und der Frage, ob sie ihn ebenfalls verloren hatte. Sie kam jedoch nicht sehr weit, denn ihr Vater löste die Umarmung und musterte sie eingehend.
»Ich bin wirklich froh, dass deine Mutter mehr auf mein Bauchgefühl vertraut als ich.
Ansonsten hätte ich es wohl kaum gewagt, mich ohne Abstimmung mit dir einfach in den Flieger zu setzen und herzukommen. Aber Selma hat gesagt: ›Eike, niemand kann sich so gut in unser Mädchen hineinversetzen wie du. Wenn du den Verdacht hast, dass Ella uns mit den ganzen Gute-Laune-E-Mails und Gartenfotos darüber hinwegtäuschen will, dass sie ein Problem hat, dann stimmt das hundertprozentig. Selbstverständlich ist sie eine erwachsene Frau und kann ihr Leben allein führen. Aber sie ist auch unsere Tochter, und wenn sie Hilfe braucht, bekommt sie die.‹ Falls du dich also darüber beschweren willst, dass ich hier bin, meine Süße, dann ruf deine Mutter an und erzähl es ihr.«
Nichts lag Ella ferner, als sich über den Besuch ihres Vaters aufregen. Nicht einmal, wenn er anfing, in Wunden herumzustochern. Was er natürlich sofort tat. Aber von Eike Johansen konnte man auch nichts anderes erwarten. Er war einfühlsam, aber er kehrte nichts unter den Teppich, das würde Ella im Verlauf der nächsten Tage sicherlich noch ausführlich zu spüren bekommen – und Sören ebenfalls.
»Ella, du hättest uns erzählen müssen, in welchem Zustand die Villa bei deinem Eintreffen wirklich gewesen ist, anstatt stillschweigend Sörens Schludereien auszubaden«, fing ihr Vater sogleich an. »Oder für deinen Neffen in die Mutterrolle zu schlüpfen. Oder mitten in der Nacht und vermutlich vollkommen erschöpft in diesem zugewucherten Tümpel zu baden.
Was für ein unglaubliches Glück, dass Konstantin dich rausgefischt hat. Eigentlich sollte man ja meinen, dass du auf den Knaben aufpasst, und nicht umgekehrt.«
»Ja, so ein Glück«, erwiderte Ella schwach. Dann hatte sie also über einen Spiegel die Traumwelt verlassen: über den Weiher. Vermutlich auf die gleiche Art, wie Gabriel seinen Rahmen benutzt hatte. Was einen bösen Verdacht in ihr weckte. »Sag mal, geht es dem
Teich eigentlich gut? Was seinen Wasserstand anbelangt und so?«
Eike rückte an seiner Brille herum, als würde sie verkehrt sitzen. Dabei lag es wohl eher an seiner Tochter, bei der nach der letzten Nacht einiges verkehrt war. »Nun beruhig dich einmal, Liebling. Das Gewässer kippt doch nicht gleich, nur weil es mit deinen Füßen in Kontakt kommt.«
»Papa!«, schrie Ella empört und musste dann lachen. Ganz eindeutig das, was ihr Vater mit seiner flapsigen Bemerkung beabsichtigt hatte.
Angelockt von der guten Stimmung, lugte Kimi um die Ecke. »Guten Morgen. Eintritt
gestattet?«, fragte er mit einer Mischung aus Kimi-Charme und Unsicherheit.
»Natürlich, es ist doch dein Zimmer.«
»Na, wenn du dir da so sicher bist, dass es noch mir gehört, dann will ich das natürlich nicht infrage stellen«, erwiderte er und schlüpfte durch den Spalt. Das schwarze Haar fiel ihm weich
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