Dämonenfalle Rom
Mittel für eine Renovierung. Ich bin überhaupt froh, keine Schulden auf dem geerbten Haus zu haben.«
»Wer kann das schon von sich behaupten«, erwiderte ich.
»Eben.« Er verbeugte sich noch einmal und streckte seinen Arm aus, um uns in die Richtung zu weisen, in die wir gehen sollten. Ein seltsamer Kauz, dieser Ennio Carra. Auch der Anzug schien aus dem Museum zu stammen, denn wer trug heute noch Dunkelgrau und dabei sehr weit geschnitten, mit Hosenbeinen, die bis zu den Fußspitzen reichten.
Lady Sarah hatte bisher kaum etwas gesagt, was mich wunderte. Ansonsten war sie nicht so schweigsam. Ihr schien der ganze Besuch nicht so recht geheuer zu sein, und sie hatte ihre Stirn in Falten gelegt. Über eine Treppe mußten wir in die Tiefe steigen, aus der uns feuchte Luft entgegenschlug.
Wir gelangten in den großen Keller mit den breiten Gängen. Licht war ebenfalls vorhanden. Leuchtstoffröhren brannten unter der Decke, aber auch sie konnten die düstere Stimmung nicht vertreiben, die hier herrschte.
Dieser Keller wurde vom Atem der Vergangenheit durchweht. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, daß man hier Bücher aufbewahrte, die nicht jedermanns Sache waren.
Wir wurden in einen Raum geführt, der weder Fenster noch eine Tür besaß, dafür jedoch hohe Regale aus dunklem Holz, einen Schreibtisch in der Mitte und vier alte Stühle, deren Sitzflächen braune Lederbespannung zeigten.
»Darf ich Sie bitten, sich zu setzen?« sagte Mr. Carra, wartete, bis wir seinem Wunsch nachgekommen waren, nahm ebenfalls hinter seinem Schreibtisch Platz und knipste eine Lampe an, die ihren Schein genau auf ein auf der Schreibtischplatte liegendes Buch warf. Ich ließ meinen Blick wandern. Die Regale standen mehr im Schatten. Sie wirkten düster und kamen mir auch irgendwie gefährlich vor mit den dunklen Rücken der Bücher, die dicht nebeneinanderstanden und eine Einheit bildeten.
Das Buch auf dem Schreibtisch besaß ebenfalls eine dunkle Hülle, und als Ennio Carra es aufschlug, da zuckte ein schmales Lächeln über seine strichdünnen Lippen. Die Augen in dem hageren Geistergesicht bekamen einen wissenden Ausdruck, als er fragte: »Sie sind gekommen, um mich nach Scorpio zu fragen, nicht wahr?«
Wir waren überrascht. Lady Sarah platzte hervor. »Woher wissen Sie das, Mr. Carra?«
»Durch eine Weissagung!«
»Die Sie durch wen erfahren haben?« wollte ich wissen.
Der Hagere lehnte sich zurück wobei er seine rechte Hand flach auf dem Buch liegenließ. »Es ist ganz einfach und hat nichts mit Mystik zu tun«, erwiderte er. »Wie Sie vielleicht wissen, habe ich in der Bibliothek des Vatikans gearbeitet. Wenn ich sie beschreiben müßte, dann würde ich vielleicht das Wort phänomenal benutzen. Die Bücher, die dort aufbewahrt werden, füllen Hallen, und es sind unter ihnen wirklich unersetzbare Schätze. Wertvolle Folianten, in denen Geheimnisse niedergeschrieben wurden, die man schon in vorchristlicher Zeit kannte und die von einer gewissen Weisheit getragen werden. Man hat sogar Bücher aus der damaligen Bibliothek des Altertums in Alexandria retten können, als die Stadt abbrannte, und diese Bücher habe ich gesehen.«
»Auch gelesen?« fragte Suko.
»Nein, das geht nicht. Sie würden zerfallen, wenn man in ihnen blättert. Davon einmal ganz abgesehen, diese wertvollen Folianten, von denen ich sprach, sind für uns nicht interessant. Über Scorpio steht etwas in diesem Buch, das vor mir liegt. Es ist zwar alt, aber eine Nachschrift. Es ergänzt die Sibyllinischen Bücher, die alten Geheimschriften des antiken Roms.«
Jetzt war es heraus, und mir rann ein Schauer über den Rücken. »Die gibt es tatsächlich?« flüsterte ich.
»In der Tat.«
»Wo kann man sie finden?«
Ennio Carra lächelte. »Sie werden von mir keine Antwort darauf bekommen. Seien Sie damit zufrieden, daß die Bücher existieren. Die Sibyllinischen Schriften wollen warnen. Sie sind 83 nach Christus nicht alle verbrannt worden, wie die Geschichte erzählt. Und sie haben gewarnt, denn Scorpio lebt. Irgend jemandem müssen die Geister der 12 weissagenden Frauen erschienen sein. Aber dieser Jemand hat nicht reagiert, so daß es Scorpio gelungen ist, aus einem schrecklichen Reich zurückzukehren. Der Gladiator der Hölle, wie er auch genannt wurde, weil er sich den Kräften des Bösen verschrieb, hat getötet. Vier Morde hat es gegeben. Vier Männer sind geköpft worden, seine Diener, denn es hat sich in Rom eine Sekte ausgebreitet, die ihm zur
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