Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Abschreckung für alle, die etwa zur Nachahmung seiner Taten neigten, am Stadttor verrotten lassen. Um zu glauben, dass er im Gewahrsam der Hüter sonderliche Qualen zu erdulden gehabt hatte, kannten sich die Rebellen mit den Verfahrensweisen der Hüter viel zu genau aus. Sie hielten seine Verräterei für vollständig bewiesen. Daher hatten sie eine Versammlung einberufen und ein eigenes Urteil gefällt. Tarjanian Tenragan, so hatte der Entschluss gelautet, musste sterben. Je langsamer und qualvoller, hatte Ghari erklärt, umso besser.
Brakandaran stand all dem mit gemischten Gefühlen gegenüber: Er wünschte Tarjanian nicht den Tod, aber er mutmaßte, dass der Mann, sobald sie sich wieder begegneten, nichts dringlicher im Sinn hatte, als ihn umzubringen.
Zum Aufatmen brachte Brakandaran die Nachricht, dass man auch R'shiel nach Grimmfelden verbannt habe. Als er durchschaut hatte, dass sie das Weite gesucht hatte, war sie längst aus dem Weinberg verschwunden gewesen, und sogar die Götter hatten sich geweigert, ihm beim Wiederauffinden mit Rat und Tat beizustehen. Kalianah hatte sich ihm kein weiteres Mal gezeigt, und Maera hatte ein zu verschwommenes Wesen, um nützlich zu sein. Brakandaran verfluchte Kalianahs Einmischung und die eigene Unfähigkeit. So sicher war er gewesen, dass es Mandah war, die er suchte, dass er die an R'shiel deutlich ersichtlichen Anzeichen übersehen hatte. Wenn weder ihre ungewöhnliche Größe ihm Klarheit geschaffen hatte noch das rotbraune Haar der té Ortyns, so hätte allemal ihr Jähzorn ihm ein unmissverständlicher Hinweis sein müssen. Er wusste selbst, wie man sich fühlte, wenn im Innern ein solcher Zorn schwelte, dass einem nachgerade jede Möglichkeit recht war, um sich auszutoben. Wäre er nicht so blind gewesen, hätte er die Wahrheit aus einer Landmeile Entfernung riechen können. Ihm war der Irrtum unterlaufen zu glauben, das Dämonenkind müsse ein Harshini sein, während es in Wirklichkeit die allergrößte Ähnlichkeit mit ihm hatte - ein Halbblut, das sich nach einem Gleichgewicht zwischen zwei unversöhnlichen Naturen sehnte.
Den einzigen Weg, um R'shiel zu finden und Tarjanians Meuchelung zu verhindern, hatte Brakandaran darin gesehen, sich freiwillig für die Ausführung des Anschlags zu melden, und so erklärte es sich, dass er sich jetzt zusammen mit Khira in Grimmfelden aufhielt. Padric schenkte ihm kein volles Vertrauen, aber dass er in Testra Ghari und seine Freunde aus den Händen der Hüter befreit hatte, war in erheblichem Maße dazu geeignet gewesen, die Zweifel des Alten zu beschwichtigen.
Brakandaran hatte zu bedenken gegeben, dass er nicht einfach nach Grimmfelden reiten und Tarjanian kurzerhand mit dem Schwert durchbohren konnte, denn man würde ihn wahrscheinlich aus Sorge vor eben einer solchen Tat bewachen. Mandah hatte ihm zugestimmt und die Meinung geäußert, es sei das einzige sichere Vorgehen, jemanden nach Grimmfelden zu schicken und die Verhältnisse erkunden zu lassen. Außerdem hatte sie die Auffassung vertreten, man solle Tarjanian die Gelegenheit einräumen, sein Verhalten zu erklären, aber so war Mandah nun einmal: Sie dachte von jedem nur das Beste.
Die Heilerin Khira hatte in diesem Zusammenhang ihre Unterstützung angeboten, und so war beschlossen worden, sie und Brakandaran in die Bannschaft zu entsenden. Bezüglich der Gründe, warum Khira Testra verlassen hatte, war Cortanen keineswegs von ihr angelogen worden. Man hatte sie wegen widerrechtlicher Abtreibungen tatsächlich aus der Heilerzunft geworfen. Zu Khiras Pech waren die betreffenden Frauen arme, junge Weiber aus ländlichen Städtchen gewesen. Zwar bekundete die Schwesternschaft stärksten Abscheu vor derlei Eingriffen, doch halfen die Heilerinnen der Zitadelle jeder Novizin oder Seminaristin, die in die gleiche Lage geriet, ohne Aufhebens schnell und wirksam.
Als Lycren die Sträflinge, unter ihnen Tarjanian, fortgebracht hatte, kehrte Gräfes Besinnung wieder. Khira suchte ein Tütchen Kräuter heraus, die dem Mann gegen seine Gehirnerschütterung verabreicht werden sollten, verordnete überdies Bettruhe sowie gegen die Prellungen Breipackungen. Mysekis ließ den Verletzten wegschaffen und lächelte Khira zu, bevor er ins Gebäude umkehrte. Brakandaran verstand den Blick und verdrehte die Augen. Khira war eine reizvolle Frau, hatte dichtes schwarzes Haar und einen schönen Körper. Während er den magischen Sichtschutz fallen ließ, gesellte er sich wieder zu ihr
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