Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
wissentlich darauf an, ihren Gesinnungsgenossinnen Furcht einzuflößen. Vielleicht wollte sie, bevor sie vom Ränkeschmieden zum Handeln schritt, sicher sein dürfen, dass ihre Mitverschwörerinnen die gesamte Tragweite eines Komplotts bis zum letzten Ende verstanden.
»Dann brauchen wir Franciis Beistand«, stellte Harith fest.
»Francil schließt sich uns niemals an«, sagte Jacomina verächtlich.
»Doch, wenn wir ihr geben, was sie will. Jeder Mensch ist käuflich, auch Francil.«
»Aber womit?«, fragte Harith.
Frohinia hob die Schultern und lächelte kühl. »Ich habe keine Ahnung, Harith, aber Ihr könnt mir glauben, ich finde es heraus.«
Während der Gründungsfeiertag und damit auch der Winteranfang heranrückten, nahm in Frohinias Gemächern die Häufigkeit heimlicher, spannungsvoller Zusammenkünfte zu. In Blau gehüllte Schwestern kamen und gingen und lugten vor dem Eintreten oft bänglich den Korridor hinauf und hinab, um sich davon zu überzeugen, dass niemand sie sah. Frohinia erwies ihrer Tochter einen boshaften Mangel an Vertrauen und schloss sie von den Beratungen aus. Dennoch erlauschte R'shiel genug, um zu erfahren, dass ihre Mutter den Vorsatz verfolgte, Mahina anlässlich des jährlichen Schwesternschaft-Konzils, das im Anschluss an Heerschau und Festzug des Gründungstags stattfand, mit dem Rückhalt des karischen Gesandten öffentlich anzuprangern und ihre Absetzung zu betreiben.
R'shiel mochte an der Verschwörung nicht mitwirken. Als Herrin der Erleuchtung hatte die heutige Erste Schwester vormals Hunderte von Novizinnen, Seminaristinnen und Kadetten unterrichtet, darunter auch R'shiel und Tarjanian.
Mahina war beliebt und genoss unter den Hütern besonderes Ansehen. Sie hatte durchgesetzt, dass Kadetten eine dem Wissensstand der Seminaristinnen vergleichbare Ausbildung erhielten.
Weil R'shiel sich zwischen der Treue zu ihrer Mutter und ihrer Vorliebe für Mahina hin und her gerissen fühlte, wusste sie nicht, was sie tun sollte. Außer der Möglichkeit, Mahina aufzusuchen und sie zu warnen, fiel ihr nichts ein, wie sie die Pläne ihrer Mutter vereiteln könnte, aber selbst das blieb eine fruchtlose Hoffnung. Frohinia kannte die vorteilhafte Meinung, die R'shiel von Mahina hegte, und hatte offensichtlich Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Hella war anscheinend die Anweisung erteilt worden, R'shiel nicht aus den Gemächern zu lassen, und sie umlauerte sie wie ein Wachhund. Als Junie und Kilene ihr einen Besuch abstatten wollten, wurden sie abgewimmelt. Unter diesen Umständen konnte R'shiel nicht zur Ersten Schwester gelangen, um sie zu warnen. Eine schriftliche Nachricht geriete mit Sicherheit zuerst Schwester Suelen unter die Augen. Die Hilflosigkeit machte R'shiel schier irre. Sie lastete ihr auf dem Magen wie ein zu schweres Mahl.
Ungeachtet aller Machenschaften Frohinias jedoch errang R'shiel immerhin zügig ihre Kräfte zurück; sie gewann an Gewicht - wenngleich nicht in dem Umfang, wie Schwester Gwenell es gern gesehen hätte - und fühlte sich allmählich fast wieder wie die Alte.
Fast. Einiges hatte sich gewandelt. Zum Beispiel war sie noch größer geworden, so als hätte das Einsetzen der Regel einen weiteren Wachstumsschub verursacht. Sie war immer groß gewesen für ihr Alter, aber jetzt stand sie mit vielen Hütern Auge in Auge. Frohinia merkte allem Anschein nach nichts, obwohl sie ihrer Tochter nur knapp bis ans Kinn reichte. R'shiel überlegte, ob sie diese Körpergröße ihrem Vater verdankte. Jenga war ein hoch gewachsener Mann, und R'shiel schätzte, dass sie inzwischen ungefähr seine Größe hatte. Ein zweites Mal hatte sie ihre Regel bisher nicht gehabt, aber darin erblickte Gwenell offenbar keinen Grund zur Besorgnis. Diese Vorgänge brauchten einige Zeit, um sich zu einem Kreislauf zu entwickeln, hatte die Heilerin versichert, als R'shiel sie - unter Hellas wachsamer Aufsicht - wieder einmal zu Rate gezogen hatte. Inständig hoffte R'shiel, dass die nächste Monatsblutung keinen solchen Wirbel hervorrief wie die erste.
Sonderbar war zudem, dass ihre Haut trotz des häufig getrunkenen Kräutersuds die während der Krankheit entstandene, mittlerweile offenkundige Gelbtönung beibehalten hatte. Gwenell zerbrach sich darüber viel stärker den Kopf als R'shiel selbst. Sie fühlte sich wohl und konnte sich Gwenells grimmiger Voraussage, ihre Leber befinde sich kurz vor dem völligen Versagen, schlichtweg nicht anschließen. Trotzdem trank sie, schon um sich gut
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