Daemonenmal
kurzen Moment, um seine Wangenknochen zu betrachten, seinen Mund, die lässige Anmut seiner Hände. Er war so schön, wie nur ein Werwesen sein konnte, jeder einzelne Gesichtszug perfekt angeordnet.
Wie ein Mensch, nur besser, bar jeden Makels. Alle Fehler ausgemerzt anstatt gebrandmarkt durch einen Höllenkuss. Die Kluft zwischen uns war so weit wie die zwischen Alltagsleben und den brüllenden Winden des Dazwischen.
„Ich werde meinen Job erledigen, und du und die übrigen Werwesen, ihr werdet euren Teil tun.“ Und danach wäre vielleicht ein Urlaub angebracht. Wie wohl Tahiti um diese Jahreszeit so ist? Wäh, vielleicht doch nicht. Von Hitze und Regen hob ich erst mal die Nase gestrichen voll.
Er ging zwei Schritte auf mich zu. „Ich frage mich …“ Er brach mitten im Satz ab und sah mir in die Augen. Wieder war diese Verbindung zwischen uns, tiefer als je zuvor, weit geöffnet und voller Energie. Es fühlte sich zu gut an, zu vertraut.
„Stell keine Fragen. Mach dich auf den Weg. Von hier aus findest du leicht ins Barrio, und wenn du erst mal da bist -einfach immer der Nase nach.“ Ich hatte die Hände zu Fäusten geballt. Die Narbe pulsierte, meine Aufregung stachelte sie an.
Noch zwei Schritte. Herr im Himmel, warum gehst du nicht endlich? Ich wollte es ihm entgegenschreien, presste aber die Lippen fest aufeinander. Verkrampfte die Fäuste noch mehr. Silber klimperte und klirrte in meinem Haar.
Er trat vorsichtig auf mich zu. Als er auf Armlänge herangekommen war, zuckte ich nervös, und er blieb stehen. „Was hast du?“
Was meinst du wohl? „Es wird nicht funktionieren“, sagte ich geradeheraus. „Du musst gehen. Du musst. Jetzt sofort.“
Sein Mund war eine schmale Linie. Er hob die Hand, als wolle er mein Gesicht berühren. Ich wandte mich ab, aber er machte eine schnelle Bewegung, und einer meiner Talismane fiel in seine Hand. Netter Zaubertrick.
„Hey …“
Saul drehte sich schnell um, verharrte in der Tür. Er hielt das Amulett hoch – ein silbernes Wagenrad, an dem eine lange Haarsträhne hing. Seine Klauen hatten sie mir mit der Gründlichkeit eines Rasiermessers abgeschnitten.
Ich starrte ihn an. So nah und so schnell, es hätte auch meine Halsschlagader sein können statt nur der Haare. Was noch schlimmer war: Mir war es völlig egal. Wenn er mir nahe genug war, um mich zu töten, war er auch nahe genug, damit ich diesen Duft von Sicherheit einatmen konnte – diesen Duft, den jemand wie ich nicht verdient hatte.
„Du bist keine Höllenbrut“, sagte er sanft. „Und ich bin nicht entartet. Wir haben eine Chance.“
Da. Es war heraus. Aber diese Gleichung ging nicht auf. „Ich bin unrein, infiziert. Ich will dieses Risiko nicht eingehen.“ Kannst du jetzt verdammt noch mal von hier verschwinden?
„Es wäre nicht das erste Mal, dass du falschliegst.“ Er schloss die Finger um den silbernen Anhänger und kam zurück. Seine Stiefel gaben kein Geräusch von sich. Es tat weh, seine anmutigen Bewegungen zu sehen und die Art, wie seine Augen über mein Gesicht wanderten, als betrachte er etwas Wertvolles.
„Das gilt auch für dich. Fort mit dir, Werjunge.“ Geh und such dir ein nettes, hübsches Wermädchen aus dem Reservat und setzt ein paar süße Welpen in die Welt. Vergiss mich einfach.
„Ich hatte erst ein einziges Mal Unrecht, Jägerin.“ Dann war er fort. Wie versteinert starrte ich auf den leeren Raum vor mir.
Dann stand ich mit geschlossenen Augen wie angewurzelt neben meinem Bett und lauschte. Geknickt hörte ich, wie sich das Garagentor öffnete und der Motor meines Autos erwachte. Ich öffnete die Augen erst wieder, als die Geräusche des Impala verklungen waren.
Meine Wangen waren feucht. Wütend wischte ich sie trocken und schob den Ersatzpager in seine gepolsterte Hülle, als das Telefon klingelte. Allmählich fing ich an, dieses beschissene Geräusch zutiefst zu verabscheuen. Einen kurzen Moment lang stellte ich mir voller Genugtuung vor, wie ich ein volles Magazin auf das Scheißteil abfeuerte.
Aber ich konnte keine Munition verschwenden. Ich angelte nach dem Hörer. „Was gibt’s?“ Man konnte nicht behaupten, dass ich überschäumte vor Freude und Höflichkeit.
„Wie schön, dich zu Hause vorzufinden, meine Liebe.“ Perrys Stimme klang nicht mehr gelangweilt, sondern triefte vor Schadenfreude. „Ich rufe an, um dir mitzuteilen, dass das Treffen, um das du gebeten hast, bei Einbruch der Nacht hier im Monde stattfinden wird. Es ist der
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