Daemonenmal
Michail hier wäre …
Aber Michail war genauso wenig hier wie Gott. Ich war auf mich selbst gestellt.
„Hast du das Grab deines Lehrmeisters besucht?“ Perry sprach leise, und um ein Haar hätte ich ihn überhört, angespannt, wie ich war.
Was zum Teufel? Michails Grab … wo seine Asche in geweihtem Boden ruhte, wo der Grabstein aus Granit stand, in den geschwungene kyrillische Schriftzeichen eingraviert waren – in der Hoffnung, etwas länger zu überdauern als verderblichere Dinge. Wie Fleisch. Oder Erinnerungen.
Bittere Galle stieg meine Kehle hoch. Ich gab keine Antwort. Das war alles nur Teil von Perrys Plan. Er wollte in meinen Kopf. Weniger als beschissene zehn Minuten, und ich wäre für einen vollen Monat frei.
„Antworte mir, Kiss. Hast du?“
Mein Mund war so trocken, dass das eine Wort mir Mühe machte. „Ja.“
Sein Daumen bog sich kaum wahrnehmbar. Das Mal sandte erneut ungesunde Hitze wie einen sengenden Draht durch mich hindurch, und auf einmal waren in meinen Ohren Geräusche aus dem Rest des Gebäudes. Ächzen. Das Getöse von Helletong. Wasser, das im Abfluss der Bar verschwand. Hätte ich es gewagt, mit meinem schlauen Auge einen Blick auf das Zeichen zu werfen, hätte ich gesehen, wie es vor Kraft glühte, unter dem Einfluss des Verderbens anschwoll.
„Und?“
„Und was?“ Lass das, Perry. Nimm Michails Namen nicht in deinen beschissenen Mund. Aber das sagte ich nicht laut. Das wäre, wie Blut in ein Meer voll Haie zu gießen.
„Ist sein Geist auferstanden, um dich zu trösten?“
„Nein.“ Aber ich hob auch eine Flasche Wodka darübergegossen. Wo er auch sein mag, er ruht tief und fest. Ich holte tief Luft, schloss die Augen. Atmete aus.
„Du brauchst ein wenig Trost.“ Wieder zuckte sein Daumen. „Du gewährst mir so wenig. Ich könnte dir so viel besser helfen.“
Wenn das ein Beispiel deiner Hilfe ist, kann ich gut darauf verzichten, vielen Dank auch. Ich verkniff mir die Bemerkung. Er hatte mir keine direkte Frage gestellt, also konnte ich mit meinem Schweigen vielleicht durchkommen. Das war noch immer der sicherste Weg.
Perry gab einen verärgerten Laut von sich, und plötzlich gruben sich seine Finger in mein Fleisch. Einige der dünneren Knochen in meiner Hand krachten und knackten. Der Schmerz war fast eine Wohltat.
„Warum machst du es mir so schwer?“
Ich fand meine Stimme wieder. „Was mache ich so schwer?“ Ich muss das hier nicht schwer machen. Das schaffst du ganz allein ziemlich prima.
Abgesehen davon – je schwerer Perry seine Spielchen fielen, desto besser gefielen sie mir. Das verschaffte mir einen Vorteil.
Er versuchte es noch einmal. „Überlege dir nur, wie es sein könnte.“ Seine Worte waren jetzt nur noch ein Hauch. „Wenn du hier sitzen würdest, mit mir an deiner Seite. Stell dir nur vor, was ich alles vollbringen könnte, wenn du mich anweisen würdest. Es gibt nichts, das ich nicht für dich tun würde, meine Liebe.“
Ich schluckte ein hysterisches schreiendes Gelächter hinunter. „Du bist eine Höllenbrut.“ Mehr musste ich nicht sagen. Wenn ich von diesem Apfel abbeißen würde, würde die Schlange nicht lange auf sich warten lassen. Es war immer das gleiche Lied. Nimm ein bisschen an, dann ein bisschen mehr, und bevor du weißt, wie dir geschieht, steckst du bis zu den Augäpfeln im Dreck – deinem eigenen und noch einem ganzen Haufen mehr.
Warum hältst du dich für was Besseres, Jill?
Ich wusste, warum. Michail hatte mich anders gemacht. Hatte mich verändert. Und solange ich ihm und seinen Lehren treu blieb, war ich auf der Seite der Engel.
Natürlich nur im übertragenen Sinn. Gott braucht seine Killer genauso, wie die Hölle sie braucht, schätze ich.
Vielleicht sogar noch mehr.
„Was für eine Art von Höllenbrut?“ Perry klang mäßig interessiert.
Ich musste es zugeben: „Keine Ahnung.“
„Aha.“ Das amüsierte ihn offenbar, in seiner Stimme lag das lässige Grinsen eines Hais. „Alles, worum ich dich bitte, ist, dass du dich mir ein wenig zuwendest, Kiss. Nur ein klitzekleines bisschen.“
Das war wie ein Schwall kaltes Wasser. Ganz egal, wie sehr er auch an meiner Narbe herumpfuschte und nach einem Weg in mein Inneres suchte – Perry war eindeutig viel zu scharf darauf, mich zu knacken. Und verdammt, ich war kein naiver Teenager mehr, der auf die Versprechungen von einem Typen reinfiel.
Nur ein bisschen. – Die Leier kannte ich. Mach nur diese Kleinigkeit für mich, dann gebe ich dir alles,
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