Damian
ich…“, Sam holt tief Luft, „ich fühlte mich so unglaublich leer, so als wäre alles, was mein Wesen ausmacht mit ihm gegangen. Ich konnte mich an nichts mehr erfreuen, hatte Herzschmerzen und bekam keine Luft. In den Nächten lag ich wach und dachte an die Zeit mit ihm. Ich versuchte wieder in mein altes Leben zurückzufinden, aber es war verschwunden. Mein Leben vor Alex schien mir plötzlich noch trostloser und unvollkommener, als die Leere mit der ich nach Alexanders Weggang lebte. Wir hielten die Trennung nicht aus, waren am Ende mit unseren Kräften und fanden schließlich wieder zueinander. Aber es begann wieder alles von vorn. Ich hatte Schwierigkeiten ihn zu akzeptieren, mit seiner Vergangenheit klarzukommen. Er ließ mir nicht die Zeit, die ich brauchte, um erst einmal zu mir selbst zu finden, auszuloten, was ich wirklich will und wie ich mir das Zusammenleben mit ihm vorstellte. Er trieb mich mit seiner unendlichen Fürsorge, mit seinem dauernden Beobachten, mit seiner Ungeduld, auch mit seiner unerschütterlichen Liebe fast in den Wahnsinn. Er schien mich vollkommen in Besitz nehmen zu wollen. Ich ertrug seine Nähe nicht mehr und zog mich immer mehr zurück.“
Sie macht erneut eine kleine Pause und Rachel spürt die Traurigkeit in ihrer Stimme. „Ich tat ihm sehr weh, mit meinem Verhalten. Er litt sehr darunter nicht zu wissen, was mit mir los ist. Aber ich wusste es ja selbst nicht.“ Samantha blickt auf und in das verweinte Gesicht von Rachel. „Francesca, Lucas Schwester, half mir zu verstehen. Sie beantwortete all meine Fragen, war nie müde mir alles, was ich wissen wollte zu erklären. Ich fühle mich bei ihr in guten Händen, vertraute ihr und fing an mich zu öffnen und zu entspannen. Alles war plötzlich nicht mehr so geheimnisvoll und schrecklich, sondern offen und sachlich. Und das half mir. Ich ließ plötzlich los, ließ mich treiben, ließ mich wieder auf Alex ein und plötzlich erkannte ich ganz klar, dass ich zu ihm gehörte. Es war, als wenn jemand einen Schleier wegzieht und du endlich siehst, wohin dein Weg führt.“ Als Sam geendet hat, atmet Rachel tief ein und aus. Ihre Tränen sind inzwischen getrocknet.
„Du bist eine Auserwählte und kannst erkennen, was richtig und was falsch ist.“ Rachel sieht sie bittend an.
„Ich werde Dir nicht sagen, was Du tun sollst, Rachel. Ich kann weder in die Zukunft sehen, noch kann ich erkennen, was das Schicksal für Dich und Damian vorgesehen hat“, stellt Samantha ernst fest. „Ich weiß nur so viel: ihn jetzt zu verlassen ist eine falsche Entscheidung.“
Es ist ruhig im Haus. Nur Rachels und Samanthas Schritte sind auf dem Marmorboden zu hören, als sie durch die Eingangshalle gehen. Es ist bereits fast Mitternacht und alle Gäste haben sich bereits zurückgezogen.
„Ihr seid ungestört. Die Kinder schlafen schon, Alexander und Luca sind unten im Fitnessraum. Sebastian und Dr. Armenti sind auf ihre Zimmer gegangen und Rhys vergnügt sich im Fernsehraum. Euer Zimmer ist im Westflügel. Damian hat zugestimmt heute hier zu übernachten.“ Sie bleiben vor der Bibliothek stehen. Rachel steht wie erstarrt vor der Tür und knetet nervös ihre Finger. „Es wird alles gut gehen. Er liebt Dich und will Dich nicht verlieren“, versichert Sam ihrer Freundin, bevor sie Rachel noch einmal herzlich umarmt und sich dann verabschiedet. Rachel wartet noch einen Augenblick, bis sie hört, dass Samantha die Treppe emporsteigt. Dann atmet sie tief ein und aus und greift nach der Türklinke.
Damian steht im Wintergarten, der an die Bibliothek angrenzt, und starrt durch die Glastüren hinaus in die Nacht. Sie kommt. Er spürt sie. Zaghaft nähert sie sich ihm. Er bleibt bewegungslos stehen, wartet einfach ab, was geschieht. Die letzten Stunden waren eine Tortur, nicht nur für sie, nein auch für ihn. Samantha hat sich wirklich bemüht, ihm Rachels Bedenken und Gefühle darzulegen, aber trotzdem empfand er das Gespräch mit ihr als Eindringen in seine Privatsphäre. Und wenn er etwas auf den Tod nicht ausstehen kann, dann ist es über Gefühle zu sprechen…, vor allem über seine Gefühle.
Damians große, dunkle Gestalt wirkt unheimlich. Er steht vor den bodentiefen Fenstern des Wintergartens, hat ihr den Rücken zugewandt und rührt sich nicht. Rachels Herz galoppiert in ihrer Brust und ihre Nervosität ist kaum noch auszuhalten. Es ist still und dunkel, nur die Parkbeleuchtung und die Sterne am Firmament
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