Damian
Luft:
„Hast Du mich je geliebt?“ Der Knoten in ihrem Hals ist schier unerträglich und sie hat Mühe Luft in ihre Lungen zu saugen. Damian hat die ganze Zeit regungslos zugehört. Er hat keine Miene verzogen, seine Augen geben keinerlei Hinweis auf das, was in ihm vorgeht. Er schweigt und starrt sie an. Das Schweigen wird für Rachel nun unerträglich. Resigniert, erschöpft und unsagbar traurig senkt sie den Kopf und sagt leise:
„Vielleicht hattest Du recht. Ich hätte Dich Deinem Schicksal überlassen sollen.“ Dann geht sie langsam um den Tisch herum, um auf ihr Zimmer zu gehen und das Kapitel Damian Cunningham ein für alle Mal zu schließen. Sie wird immer und bis in alle Ewigkeit an ihn erinnert werden, weil sein Blut in ihr fließt, aber sie wird sich trotzdem von ihm lösen. Als sie an seinem Stuhl vorbeigeht, greift er blitzschnell nach ihrem Handgelenk. Sie erschreckt sich so sehr, dass sie kurz aufschreit.
„Geh nicht!“, bittet er sie leise. Rachel kann ihn nicht ansehen, sie erträgt jetzt den Blick in seine Augen nicht.
„Ich brauche Dich! Bitte, verlass mich nicht.“ Jetzt zwingt sich Rachel doch dazu ihn anzusehen und als sie in seine mokkabraunen Augen blickt, erkennt sie in deren Tiefen die Verzweiflung, die Hilflosigkeit und das Bereuen.
„Nenn mir einen guten Grund nicht zu gehen!“, flüstert sie leise aber voller Ernsthaftigkeit. Damian zögert nicht eine Sekunde:
„Ich liebe Dich! Ich liebe Dich mehr als mein Leben. Ohne Dich kann ich nicht leben, nicht schlafen, nicht atmen, ich finde keine Ruhe ohne Dich. Du bist der Mittelpunkt meines Universums. Und ja, Du hast recht, ich habe mich verkrochen und wollte mich von Dir zurückziehen, um Dich frei zu geben. Du hast einen besseren Mann verdient, einen Mann, der eben nicht die Last der Vergangenheit mit sich herum trägt.“ Damian hält immer noch ihr Handgelenk fest, als er sich nun erhebt und vor ihr aufbaut.
„Du bist eine so mutige und tapfere Frau. Ich habe Angst davor zu versagen, Dir nicht zu genügen. Du hast so viel Leben in Dir, so viel Hoffnung und so viel Liebe.“ Damian blickt auf sie herab, tief in ihre Augen und es ist, als wenn er in die Unendlichkeit blickt.
„Bitte Damian, hilf mir Dich zu verstehen. Was ist geschehen, dass Dich so verzweifeln lässt?“, bittet Rachel mit zitternder Stimme. Damian nimmt ihre Hände in die seinen und sieht sie dann ernst an.
„Leylha hat den Teil meiner Seele, den ich ihr verkauft habe, vernichtet. Ein Teil meiner Seele ist auf ewig verloren. Ich werde nie den Weg der Götter beschreiten, wenn ich tot bin. Es wird nie ein Leben nach dem Tod für mich geben. Die Hölle, die ewige Verdammnis wartet schon auf mich. Ich werde als schwarzer Schatten niemals Ruhe finden, nicht einmal im Tod.“ Jetzt kann Rachel die Tränen nicht mehr halten, unaufhörlich rinnen sie ihre Wangen hinab.
„Nicht, mein Liebling. Weine nicht um mich. Bitte, ich ertrage es nicht Dich weinen zu sehen.“ Damian nimmt sie in seine Arme und presst sie eng an sich. Rachel schluchzt hemmungslos gegen seine Brust. Was muss dieser Mann noch alles ertragen, denkt Rachel mitfühlend. Hat er nicht schon genug gelitten? Wenn er es zulässt, dann ist sie bereit bei ihm zu bleiben, ihm ihre bedingungslose Liebe zu schenken und sein geschundenes Herz und seine verfluchte Seele zu heilen. Minutenlang stehen sie eng umschlungen und spenden einander Trost. Schließlich beginnt Damian sich zu der melancholischen Musik Chopins zu bewegen. Sie tanzen miteinander, ohne ein Wort zu sagen, mit geschlossenen Augen, wiegen sie einander zur Musik.
„Ich liebe Dich, Rachel“, flüstert Damian gegen ihr Haar.
„Und ich liebe Dich“, antwortet Rachel ihm leise. Da sind nur noch sie beide, allein mit ihren Gefühlen und Empfindungen. Sie blenden alles aus, fixieren sich nur noch auf ihre Sinne: Rachel atmet tief seinen Duft ein und Damian genießt das Gefühl ihren Körper zu spüren, der so weich und zart ist. Sie lauschen dem dumpfen Pochen ihrer Herzen, die bald einen gemeinsamen Rhythmus finden. Alles ist so harmonisch und friedlich bis…
„Entschuldigung, aber die Herrschaften essen zu Abend. Sie können jetzt nicht…was erlauben sie sich!“, hören sie Henry empört ausrufen. Rachel und Damian unterbrechen ihren Tanz und blicken beide in Richtung Halle. Zwei Männer in Anzügen treten auf die Terrasse und ein erboster Hausdiener läuft ihnen mit vor Aufregung roten Flecken im Gesicht
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