Danielle Steel
Joes Sekretärin war mit anderen Dingen beschäftigt, also trug Joe weiter durchlöcherte Strümpfe.
»Aber ich kann doch nicht bloß heiraten, um ordentliche Socken zu tragen. Das ist ein hoher Preis für Strümpfe ohne Löcher«, erklärte Joe.
»Ach, tatsächlich?«
Joe wurde ernst. »Ich weiß es nicht. Du kennst mich doch. Ich habe Angst davor, mich zu binden. Ich habe Angst, etwas zu verpassen oder dass jemand zu viel von m ir erwartet.« Aus diesem Grund hatte er Kate sch ließlich gehen lassen. Doch jetzt fürchtete er sich nicht mehr. Er konnte es nicht erklären, aber jetzt vertraute er ihr. Es hatte lange gedauert.
»Niemand kann etwas von dir nehmen, was du nicht freiwillig gibst«, sagte Kate ruhig.
»Vielleicht sollte ich es versuc hen. Ich glaube, dass ich Angst davor habe, mich selbst zu verlieren.« So war es mit Kate gewesen. Sie hatte einen großen Teil von ihm be ansprucht, doch er vermutete, dass sie es nicht so empfunden hatte. Er wünschte, beide Vorstellungen ließen sich vereinbaren.
»Du bist viel zu bedeutend, um verloren zu gehen, Joe«, stellte Kate fest. »Ich glaube, dir ist das gar nicht klar.« Er hatte so viele Fähigkeiten. Kate hatte nie wieder jemanden wie ihn getroffen.
»Ich denke immer, dass ich unscheinbar bin, uninteressant … und manchmal will ich es auch sein«, gestand Joe, und seine
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Stimme zitte rte.
»Ich glaube, die Leute haben sowieso ein anderes Bild von einem als man selbst«, sagte Kate.
Es war wirklich eine merkwürdige Situation. Da saß sie nun mit Joe in ihrer Wohnung und philosophierte mit ihm über das Leben. Wenn ihr dies jemand einen Monat zuvor vorhergesagt hätte, hätte sie es nicht geglaubt. Doch sie fühlte sich seltsamerweise sehr wohl dabei.
»Es gibt vieles, auf das ich überhaupt nicht stolz bin, Kate«, fuhr Joe fort.
Kate war tief berührt. Manche Seiten an ihm hatte sie von Anfang an geliebt, und daran würde sich niemals etwas ändern. Doch es gab auch Dinge, für die sie ihn gehasst hatte.
»Ich bin zum Beispiel nicht besonders stolz darauf, wie ich dich behandelt habe«, erklärte Joe.
Kate horchte überrascht auf. Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen.
»Ich war ekelhaft zu dir, bevor du fort gingst. Du hast viel zu hart gearbeitet, ich habe dich ausgenutzt und nie an dich gedacht, sondern immer nur an mich. Doch du hast mir große Angst eingejagt. Du hast mich zu sehr geliebt. Ich fühlte mich dessen nicht würdig und vor allem schuldig. E s war wie eine Falle. Ich wollte am liebsten davonlaufen und mich verstecken. Es war richtig, dass du fort gegangen bist, Kate. Es hat mich zwar völlig aus der Bahn geworfen, aber ich mache dir deshalb keinen Vorwurf. Deshalb habe ich dich auch nie angerufen, obwohl ich oft das Bedürfnis hatte. Ich konnte dir nicht das geben, was du brauchtest. Ich wusste gar nicht, wie glücklich ich eigentlich gewesen war. Es hat lange gedauert, bis ich mich endlich beruhigt hatte und über alles nachdenken konnte.« Doch zu diesem Zeitpunkt war Kate schon lange fort gewesen. »Es tut gut, das zu hören«, erwiderte Kate, »aber es hätte mit
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uns sowieso nicht funktioniert. Das weiß ich jetzt.«
»Warum nicht?« Joe run zelte die Stirn.
»Weil es das ist, was ich wollte.« Kate deutete auf die Tür, hinter der der kleine Reed schlief. »Einen Mann, ein Kind, ein normales Leben. Du hast einfach andere Vorstellungen, du brauchst Macht, Erfolg, Abenteuer und natürlich deine Flugzeuge, und du bist bereit, alles dafür zu opfern … auch die Menschen, die dir wichtig sind. Ich bin anders. Ich habe jetzt endlich, was ich will.«
»Wir könnten das auch haben und noch viel mehr, wenn du nur gewartet hättest.«
»Damals hast du etwas ganz anderes gesagt.«
»Es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt, Kate. Ich war gerade dabei, ein Unternehmen aufzubauen. Damals konnte ich nur daran denken.«
Das stimmte zwar, aber Kate wuss te, dass seine Abneigu ng gegen eine Ehe, gegen Kinder und Verantwortung tiefere Ursachen hatte. Sie kannte ihn besser als er sich selbst. »Und was ist jetzt anders?«, fragte Kate skeptisch. »Bist du jetzt etwa auf eine Frau und einen Stall voller Kinder aus?« Sie lächelte spöttisch. »Das glaube ich nicht. Ich glaube vielmehr, dass du damals Recht hattest: Ein solches Leben würdest du verabscheuen.« Davon war sie inzwischen überzeugt.
»Das hängt allein von der Frau ab. Ich suche nicht grundsätzlich danach. Ich hatte die Richtige schon vor langer Zeit
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