Danielle Steel
vergangenen vier Monaten hatte sie ihr schlechtes Gewissen Andy gegenüber gequält, und nun war er so unbarmherzig. Er hielt ihre Zukunft in seiner Hand und war dabei, sie zu zerstören.
»Warte einfach eine Weile ab! So kann es s chließlich a uf Dauer nicht weitergehen. Du bist noch jung, und Andy auch. Irgendwann wird er d ich aufgeben. Auch er wird sich für sein Leben mehr wünschen als eine erzwungene Ehe.«
Noch kämpfte Andy um seine Frau und seinen Sohn. Doch sicher würde er bald einsehen, dass dies kein Zustand war, wenn
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Kate seine Gefühle nicht erwiderte.
Joe küsste Kate zum Abschied, dann kehrte sie nach Hause zurück. Als Andy am Abend aus dem Büro kam , m achte sie erneut einen Versuch, mit ihm zu sprechen, doch es war vergeblich. Diesmal verlor A ndy die Beherrschung. Er schmetterte eine Porzellanschüssel an die Wand, die in tausend Scherben zerschellte. Sie war das Hochzeitsgeschenk einer Freundin von Kate gewesen. Kate weinte bitterlich. Sie hatte damit gerechnet, dass Andy verletzt sein würde, doch sie hatte auf seine Vernunft gebaut. Auf ein solches Verhalten war sie nicht vorbereitet.
»Warum tust du m ir das an?«, schluchzte sie.
Andy setzte sich und schaute sie voller Verzweiflung an. »Ich beschütze m eine Familie. Im Gege nsatz zu dir«, erklärte er aufgebracht. »Irgendwann wirst du mir dankbar dafür sein.« Doch in der Zwischenzeit würde das Leben zu einem einzigen Albtraum werden.
Andy war sich von Anfang sicher gewesen, dass das Unglück mit Joe zusammenhing. Es stand Kate ins Gesicht geschrieben. Andy erinnerte sich allzu gut an die gemeinsamen Tage im College, als Kate unsterblich in Joe verliebt gewesen war und ungeduldig auf seine Briefe gewartet hatte. Denselben Ausdruck hatte er in ihren Augen gesehen, als sie ihm erzählt hatte, dass Joe nicht tot war. Es gab auf der ganzen Welt nur einen einzigen Mann, der in der Lage war, solch tiefe Gefühle in Kate hervorzurufen. Auf wortreiche Erklärungen war er also nicht angewiesen.
Am nächsten Tag suchte er seinen Rivalen auf. Andy betrat zielstrebig das Bürogebäude und bat Joes Sekretärin, ihn anzumelden. Hazel fragte, ob Andy einen Termin habe. Sie war sehr erstaunt, als er zwar die Frage verneinte, jedoch seiner Überzeugung Ausdruck verlieh, dass Joe ihn trotzdem empfangen würde.
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Andy behielt Recht. Kaum zwei Minuten später führte ihn die Sekretärin in ein beeindruckendes Büro voller Gemälde und anderer Kunstobjekte.
Joe erhob sich nicht, um Andy zu begrüßen, sondern blieb unbewegt hinter seinem Schreibtis ch sitzen. Die beiden Männer waren sich bisher nur einmal begegnet, und das lag Jahre zurück. Joe wusste natürlich sofort, aus welchem Grund Andy ihn aufsuchte.
»Hallo, Joe«, begann Andy ruhig. Er bewahrte während der gesamten Unterhaltung eine stolze Haltung. Joe war älter und erfolgreicher als er, und Kate war seit ihrer Jugend in ihn verliebt. Joe war für jeden Mann ein eindrucksvoller Gegner. Doch Andy wusste, dass er selbst die besseren Karten hatte. Er hatte einen Sohn mit Kate.
»Das ist ein schlauer Zug, Andy«, sagte Joe mit einem süffisanten Lächeln.
Keiner der beiden zeigte Gefühle. Sie waren zornig und fühlten sich unwohl in dieser Situation. Am liebsten wären sie aufeinander losgegangen. Stattdessen bot Joe Andy einen Stuhl an.
»Möchten Sie etwas trinken?«
Andy zögerte für den Bruchteil einer Sekunde und bat dann um einen S cotch. Vormittags trank er nur sehr selten, d och in diesem Fall würde der Alkohol vielleicht seine Nerven beruhigen.
Joe nahm selbst einen Scotch m it Eis und reichte Andy ein Glas, bevor er sich wieder setzte. »Muss ich nach dem Grund fragen, der Sie herführt?«
»Ich glaube nicht. Wir beide kennen den Grund. Ihr Verhalten lässt einiges zu wünschen übrig«, entgegnete Andy tapfer und war bemüht, sich von der Umgebung nicht allzu sehr beeindrucken zu lassen. Die Aussicht war sp ektakulär. Man konnte den Central Park sehen.
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»Kate ist jetzt verheiratet, Joe. Wir haben ein Kind. Sie gehört zu mir«, fuhr er fort.
»Sie werden damit nicht durchkommen. Sie können keine Frau dazu zwingen, Sie zu lieben. Sie können sie schließlich nicht anketten.« Joe hatte keine Angst, er empfand nicht einmal Wut. Er war ein bedeutender Mann und wusste, dass er n ichts zu befürchten hatte. Das Glück war jetzt auf seiner Seite, und Kate gehörte zu ihm, gleichgültig, was Andy auch imm er in der Hand hatte. Er hatte nie einen Platz
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