Danielle Steel
seine Beziehung zu ihr in den Augen anderer auch sein mochte: Er liebte Kate heiß und innig, und das nun schon seit fünfzehn Jahren. Sie war seine beste Freundin, sein Trost in schlimmen Zeiten, seine Ratgeberin, seine größte Freude. Sie war die Liebe seines Lebens, die einzige Frau, der er vertraute.
»Kate, bitte verlass mich nicht …«, flüsterte er, nachdem di e Schwester hinausgegangen war. »Bitte, Liebling … komm zurück zu mir …«
Stundenlang saß Joe an Kates Bett, und bittere Tränen liefen über seine Wangen.
Am Abend ka m ein Arzt here in, um die Verbände zu überprüfen, und um Mitternacht wurde eine Liege für Joe aufgestellt. Er würde die Nacht bei Kate verbringen. Falls sie starb, wollte er auf keine n Fall zu Hause sein. Joe legte sich hin, doch er konnte nicht schlafen. Unverwandt schaute er Kate die ganze Nacht lang an. Es ka m eine m Wunder gleich, als sie sich gegen vier Uhr morgens plötzlich bewegte. Joe war für ein paar Sekunden eingenickt, als er plötzlich ein leises Stöhnen vernahm.
Er setzte sich auf. »Was ist los?«, fragte er, während die Schwester Kates Vitalfunktionen überprüfte. Doch sie hörte ihn nicht, weil sie Kate gerade mit einem Stethoskop untersuchte. Plötzlich stöhnte Kate erneut auf, und m it geschlossenen Augen wandte sie den Kopf in seine Richtung. Sie schien zu
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spüren, dass Joe bei ihr war. »Liebling, ich bin’s … ich bin bei dir … mach die Augen auf, wenn du kannst!«
Doch Kate reagierte nicht, und Joe kehrte zu seiner Liege zurück. Er fühlte sich Kate so nahe. Er hatte unbeschreibliche Angst davor, dass sie sterben könnte. Er liebte sie so sehr, so wie auch sie ihn immer geliebt hatte. Ihm ka men die Meinungsverschiedenheiten der letzten Zeit in den Sinn. Kate wollte immer nur bei ihm sein, doch ihn trieb es hinaus in die Welt. Aber er liebte sie nicht weniger als sie ihn. Joe sah die Dinge einfach mit anderen Augen und ging davon aus, dass sie das längst akzeptiert hatte. Er hätte es nicht erklären können, doch er fühlte sich wegen des Unfalls irgendwie schuldig. Er hätte es niemals zugegeben, doch er machte sich nun Vorwürfe, weil er Kate so lange a llein gelassen hatte. Während sie hier im Krankenhaus mit dem Tod rang, hatt e er drei fantastische Tage auf der Yacht eines Freundes verbracht. Dieser war Brite, und die beiden Männer waren während des Krieges oft gemeinsam geflogen. Trotzdem hatte Joe häufig an Kate und das Kind, das sie nun bald bekommen würden, gedacht. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn sie Zwillinge bekommen hätte. Doch das spielte nun auch keine Rolle mehr.
Joe machte in jener Nacht kein Auge zu. Um se chs Uhr stand er auf, putzte sich die Zähne und wusch sich das Gesicht. Dann trat er wieder an Kates Bett, gerade rechtzeitig, um zu beobachten, wie sie leise stöhnte und die Augen öffnete. Sie blickte i hn direkt a n. Joe war so überrascht, dass er unwillkürlich den Atem anhielt.
»So ist es schon besser«, sagte er lächelnd, und Erleichterung machte sich in ihm breit. »W illkommen zurück im Leben.« Kate seufzte leise, dann schloss sie erneut die Augen. Joe konnte es kaum erwarten, der Kra nkenschwester endlich Bericht zu erstatten. Doch sie ließ auf sich warten . Kate öffnete abermals die Augen und versuchte unter großen Mühen, etwas zu sagen. Sie schien nicht überrascht zu sein, Joe zu sehen.
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»Was ist geschehen?« Ihre Stimme war so schwach, dass Joe sie kaum ve rstehen konnte. Er beugte sich über sie, damit ihm keines ihrer Worte entging.
»Du hattest einen Unfall«, flüsterte er ebenfalls ganz leise, um sie nicht zu erschrecken.
»Ist mit Reed alles in Ordnung?« Kate erinnerte sich daran, dass sie mit ihrem Sohn im Auto gesessen hatte. Dass sie erst auf dem Rückweg in einen Unfa ll verwickelt wurde, war ihr entfallen.
»Ja, Reed geht’s gut.«
Joe betete, dass sie jetzt nicht nach dem Kind fragen würde. Sie sollte noch nicht sofort erfahren, dass sie Zwillinge verloren hatte. »Sei tapfer, Schatz! Ich bin bei dir. Du wirst wieder gesund.« Auch dafür betete er.
Kate runzelte die Stirn. Fragend schaute sie ihn an, als ob es ihr Schwierigkeiten bereitete, ihn zu verstehen. »Warum bist du hier? Du bist doch …«
»Nein, ich bin hier bei dir.«
»Warum denn? « Glücklicherweise hatte Kate keine Ahnung, wie schwer verletzt sie war. Plötzlich hob sie die Hand und führte sie zu ihrem Bauch. Joe ve rsuchte noch, es zu verhindern,
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