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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Becker
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war wirklich nicht die Unkomplizierteste in der Firma. Warum sollte das diesmal anders sein. »Wenn der Schmidt einverstanden ist, brauchst du noch die Erlaubnis vom Abteilungsleiter und vom Personalchef. Und wenn dann dein Urlaubsschein von uns bearbeitet ist, kannst du gehen.« Hörte sich langwierig an. »Im Regelfall dauert das ein bis zwei Tage.«
    »Gut. Dann mach ich mich jetzt gleich auf den Weg. Vielleicht könnte die Bearbeitung dann ja heute ausnahmsweise nur einen Tag dauern?« Marie zwinkerte Andrea verschwörerisch zu, was seine erwünschte Wirkung nicht verfehlte.
    Andrea zwinkerte zustimmend zurück und meinte: »Bestimmt.«
    Schmidt hatte natürlich wie immer jede Menge Einwände und beendete seine Argumentation wie gewohnt mit dem schönen Satz: »Wo kämen wir denn da hin, wenn das jeder machen würde!«
    »Ich mache das doch sonst wirklich nie. Nur in diesem Fall ist es leider dringend notwendig«, versuchte Marie vorsichtig auf ihn einzuwirken.
    »Und was wird mit Ihrer Arbeit? Sie wissen genau, dass wir so kurzfristig keine angemessene Vertretung für Sie bekommen.«
    »Da kann ich Sie beruhigen. Zweieinhalb Wochen sind ja keine Ewigkeit. Ich werde alles Unerledigte nacharbeiten,
wenn ich wieder da bin. Die paar Überstunden machen mir dann nichts mehr aus.«
    Diese Aussage konnte Schmidt nur in seinem Sinn deuten, sodass er schweren Herzens dem kurzfristigen Urlaubsantrag zustimmte. SPEICHERN. Er konnte schließlich nicht wissen, dass Maries scheinbar uneigennützige Zusage sich nach ihrem Urlaub von selbst erledigt haben würde.
    Mit Schmidts Unterschrift auf dem Urlaubsantrag war der Rest ein Kinderspiel. Eine halbe Stunde später lag das Formular in der Personalabteilung, die sich bemühen wollte, »den Antrag noch heute endgültig zu bearbeiten«, wie Andrea konspirativ zwinkernd bemerkte.
    Am späten Vormittag sah es demnach ganz so aus, als würde Marie den letzten Tag ihres Lebens in der Firma verbringen. Bei diesem Gedanken erschrak sie dann doch etwas. Schließlich war es ein Unterschied, sich vor einem kleinen oder auch größeren Urlaub von den Kollegen zu verabschieden, oder sein Büro für immer zu verlassen. UNTERSTREICHEN. In so einem Fall mussten entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, die aber nach außen hin möglichst verborgen bleiben sollten. UNTERSTREICHEN. Kein leichtes Unterfangen. Doch Marie war ja inzwischen geübt in unauffälligen Vorbereitungen für den geplanten Abgang. Na ja, »geübt« war vielleicht übertrieben. Bis jetzt hatte sie jedenfalls immer noch verhindern können, dass irgendjemand Verdacht geschöpft hatte. Und das sollte auch so bleiben. SPEICHERN.
    Sie ging in ihr Büro und fuhr ein letztes Mal den Computer hoch. Sie las ein letztes Mal ihre E-Mails, löschte einige sofort, beantwortete andere. Was in den vergangenen
Tagen in der Ablage gelandet war, wurde ein letztes Mal durchgesehen, sortiert, abgeheftet. Einige ihrer Ordner waren schlecht bis gar nicht beschriftet, die konnten so natürlich nicht hinterlassen werden.
    Gerade als Marie dabei war, die Etikettenaufkleber für ihr desolates Ablagesystem zu beschriften, streckte Moni den Kopf zur Tür herein: »Hey, kommst du mit in die Kantine?«
    »Sorry, heute nicht. Ich bin hier grad mittendrin und möchte damit möglichst schnell fertig werden.«
    »Was machst du denn da? Hast du seit Neuestem’nen Ordnungsfimmel?« Das musste Moni natürlich eigenartig vorkommen, hatten sie sich doch früher immer gemeinsam über Renates Ordnungswahn lustig gemacht.
    OPTIONEN … »Na ja, irgendwann muss es ja doch gemacht werden. Sonst findet man bald gar nichts mehr.« Eine dümmere Ausrede fiel Marie auf die Schnelle nicht ein.
    »Reicht doch, wenn du weißt, wo was ist, oder?« Moni war hartnäckig in ihrem Unverständnis.
    Da kam Marie der rettende Gedanke: »Ich geh aber morgen kurzfristig in Urlaub. Und wenn während der Zeit mal jemand was braucht, hat der sonst gar keine Chance.«
    »Wenn du meinst … dann schönen Urlaub!« Moni schien nicht restlos überzeugt zu sein. »Sonst hast du das doch auch vor keinem Urlaub gemacht«, murmelte sie in sich hinein und zog ab in Richtung Mittagessen.
    Gerade noch mal gut gegangen. PAUSE. Als die Tür zufiel, atmete Marie erleichtert auf und ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen. Hoffentlich kamen nicht noch mehr wohlmeinende Kollegen vorbei, die einerseits die
notwendigen Tätigkeiten des Tages verzögern und andererseits mit ihrer Neugier den

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