Dann gute Nacht Marie
Informatik wählen, sodass sie sich in ihrem Fachgebiet bewegte und wenigstens dort keine bösen oder peinlichen Überraschungen erleben musste. SPEICHERN. Leider machte aber nicht nur eine Schwalbe noch keinen Sommer, sondern auch ein Handlungsort noch lange keinen Krimi. Maibach würde mit Sicherheit zumindest wissen wollen, in welchem Zusammenhang das von ihm zu liefernde Gift zum Einsatz kommen sollte. Deshalb hatte sich Marie einen Giftmord im Kampf um die Rechte an einem neu erfundenen Computerprogramm ausgedacht. Je nach Lage der Dinge am heutigen Abend würde sie auch noch ein bisschen Internet mit einbauen, damit sie Maibach mit einigen komplizierten Computerbegriffen imponieren konnte. SPEICHERN.
In der Gewissheit, dass sie immerhin etwas Gesprächsstoff für den gemeinsamen Abend haben würde, machte sich Marie an eine ausführliche Morgentoilette. Nach den Investitionen des Freitags hatte sie da allerdings nicht so viel zu tun. Die Maniküre war vom Profi gemacht und sah immer noch so gut aus wie gestern. Die Haare wusch sie sich vorsichtshalber nicht, um das Ergebnis vom Vortag nicht mutwillig zu zerstören. Stattdessen ließ sie sich ein Bad ein und reinigte jeden Zentimeter ihres Körpers gründlich. Dann steckte sie den Stecker ihres Epiliergeräts in die Steckdose neben der Badewanne und streckte die Beine über den Wannenrand aus dem Wasser. Sorgfältig entfernte sie Haar für Haar von ihren Unterschenkeln, wobei ihr mehrmals beinahe das Gerät aus den feuchten Fingern rutschte. Zum Glück fing sie es immer wieder auf, bevor es die Wasseroberfläche erreichte. Wäre ja zu dumm, wenn eines der wichtigsten Utensilien der Schönheitspflege so kurz vor ihrem
seit langer Zeit ersten Date den Geist aufgeben würde. Und am Ende hätte der Stromschlag auch noch den vorzeitigen Abbruch ihrer sorgsam gepflegten Beziehung zu Lutz Maibach und damit ihrer Giftrecherche zur Folge. Schließlich wollte sie nicht durch Stromschlag, sondern durch einen toxischen Stoff ums Leben kommen. Und das in keinem Fall vor ihrem Treffen mit dem Dozenten am heutigen Abend. Es war also Vorsicht geboten, vor allem im Umgang mit gefährlichen Gegenständen aller Art. Im Haushalt lauerten schließlich die meisten Unfallmöglichkeiten. Marie dachte kurz an ihren Wasserkocher, den Leitersturz und Almas Messer und nahm sich vor, in Zukunft wieder mehr auf sich aufzupassen. SPEICHERN.
Nachdem sie ihr Bad ohne Gefahr für Leib und Leben hinter sich gebracht hatte, föhnte sie die neue Frisur unter Mithilfe von Kamm und Rundbürste so nach, wie sie es am Vortag beim Friseurmeister gesehen hatte. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, stellte Marie überrascht fest, als sie sich wieder einmal im Spiegel betrachtete. Nun also auch noch etwas Sinnvolles fürs Leben gelernt: professionelles Styling im eigenen Badezimmer. Nur leider würde dieses Leben nicht mehr allzu lange andauern, wenn alles nach Plan lief. UNTERSTREICHEN. Es würde also vermutlich bei dem einen Mal bleiben.
In diesem Moment wurde Marie bewusst, dass es sich bei der heutigen Verabredung mit Maibach nicht nur um das erste Date seit Langem (so ein Krimidinner war ja kein richtiges), sondern auch um das letzte ihres Lebens handeln würde. Schade eigentlich. Unter diesem Gesichtspunkt musste sie erst recht alles geben.
Nachdem sie sich die Haare geföhnt hatte, machte sie
sich gegen Mittag schon mal an das schwierigste Unterfangen des gesamten Unternehmens - das Aussuchen der Abendgarderobe. AUSWÄHLEN … Welches Outfit war denn wohl angemessen, wenn eine angehende Autorin mit ihrem Dozenten - ein eher ungewöhnliches Paar - zum Essen ging? Sollte sie ein schlichtes geschäftsmäßiges Kostüm und eine Bluse wählen? Oder lieber eine flotte Jeans mit einem flippigen T-Shirt? War vielleicht gar ein Kleid die Garderobe, die Lutz Maibach am ehesten von der Mission seiner Gaststudentin überzeugen konnte?
Nun war ganz klar eine stichhaltige Marketingstrategie gefragt.
Was war die Ware? Eine Schriftstellerin Mitte dreißig mit einem leichten Hang zu spitzen Bemerkungen aller Art.
Wer war die Zielgruppe? Ein korrekter Akademiker Ende dreißig mit einer unglaublichen Souveränität und glücklicherweise Sinn für Humor.
Was war das Ziel der Kampagne? Die Ware an den Mann zu bringen. Oder? BEARBEITEN.
Streng genommen war die Ware dieser Werbeaktion nicht die Autorin Marie Hartmann, sondern deren zu schreibender Kriminalroman. Oder?
Zum ersten Mal seit Beginn ihrer diversen
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