Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
ein Alpha-Tier. Seine eher unterwürfigen Artgenossen erkannte man am stärkeren Zittern rund um ihren psychischen Verteidigungswall.
Meine rechte Hand schloss sich um den Schwertknauf. Schon einmal hatte mich ein Werwolf fast in eine Falle gelockt. Hatten Lucas und Leander mich hintergangen?
„Leg das verdammte Ding hin“, sagte Lucas. Er nahm den Arm vom Kopf und sah mich aus blutunterlaufenen Augen an. Er wirkte müder als der Gott des Todes nach dem Siebzigtagekrieg. Seine gelben Augen waren von kleinen roten Rissen durchzogen. Ein einziger durchdringender Blick, und er wusste, wie es um mich stand. Der Narbenstrang entlang seiner linken Gesichtshälfte zuckte.
Ich ließ die rechte Hand sinken und legte den Kopf leicht schräg. Leander stand noch hinter mir. Ein Mensch, ein Werwolf – und Lucas, was auch immer dieser sein mochte. Dazu der Gestank nach faulem Obst und der würzige Geruch des Dämonenbluts in meinen Kleidern sowie mein eigener Wohlgeruch und der Rauch von brennendem Holz aus dem Kamin -was für eine berauschende Mischung! „Was, zum Teufel, ist hier eigentlich los, verflucht noch mal?“ Meine Stimme peitschte gegen die nackten Wände, und der Werwolf machte eine kurze, ruckartige Bewegung. Mein rechter Unterarm zuckte.
„Man hat mit dir gespielt wie mit den Bauern auf einem beschissenen Holobrett.“ Lucas redete nicht lange um den heißen Brei herum. „Was würdest du sagen, wenn wir Massadie im Zimmer nebenan hätten?“
Ich schluckte. Jetzt klang ich ebenso gereizt wie er und zunehmend weniger menschlich, selbst für meine Ohren. „Ich würde sagen, ich würde gern mal mit ihm reden. Wer, zum Teufel, ist der Pelzebub da? In letzter Zeit waren meine Zusammentreffen mit Werwölfen nicht gerade erfreulich.“
„Da haben Sie sich wohl mit den falschen Typen abgegeben“, sagte der Werwolf freundlich und nur mit einem ganz leichten rauen Unterton. Sein Pelzhemd schlug kleine Falten, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde ernster. Auch sein Kinn ragte jetzt weiter vor, sodass seine weißen, spitzen Zähne zu sehen waren. „Sie sind Danny Valentine. Ich bin Asa Tanner, Oberhaupt der Tanner-Familie. Freut mich, Sie kennenzulernen.“
Mein Schwert hüpfte halb aus der Scheide, aber da stand schon Lucas direkt neben mir und packte meine Hand. Ich spürte seinen heißen, säuerlichen Atem an der Wange. „Lass den Scheiß, verdammt, und hör mir zu“, knurrte er mir ins Ohr.
„Ich höre“, sagte ich einigermaßen ruhig. Dass meine Knöchel schon ganz weiß hervorstanden und sich mein ganzer Körper gegen Lucas’ Griff anspannte, beachtete ich nicht weiter. Er war stark, irgendwie drahtig. Ich wehrte mich jetzt nicht ausdrücklich gegen ihn, aber beide atmeten wir schwer, bis er endlich glaubte, halbwegs sicher zu sein, und ein wenig lockerer wurde. So nah war ich ihm zuvor noch nie gekommen. Seine Hüfte drückte gegen meine, einen Fuß hatte er zwischen meine Beine gestellt, seine Hand presste meinen Schwertarm nach unten.
Der Anflug von Erleichterung überraschte mich. Es war Lucas, verdammt, und ich hatte Angst vor ihm … oder etwa nicht?
Früher hatte er mich mehr als alles andere eingeschüchtert; jetzt empfand ich die Kraft in seinen knochigen Händen, die Nähe seines Körpers sogar als angenehm. Endlich hatte ich jemanden, bei dem ich mich nicht zurückhalten, bei dem ich nicht überaus vorsichtig sein musste, wenn ich ihn nicht verletzen wollte.
Es ist Lucas, verdammt! Hör auf damit! Er macht dir Angst. Du bist ein Mensch.
Aber genau das war ich nicht. Jedenfalls nicht nur.
Nicht mehr.
Asa Tanner lachte leise. Lucas drückte sich an mich, als wären wir ein Liebespaar, und verdrehte mir das Handgelenk, als wollte er es mir ausrenken. Schließlich gab ich nach, ohne zu erröten. Eine Hedaira bekommt keinen roten Kopf, dachte ich. Es ist Lucas, Anubis ef her ka. Lucas. Ich brauche mich nicht zurückzuhalten.
Aber ich tat es, auch wenn es mir nicht leichtfiel.
Asa Tanner zuckte mit den Schultern. Ein Wunder an Geschmeidigkeit. Jetzt vergiss Lucas mal einen Augenblick, mir liegt da eine wichtigere Frage auf der Zunge. Was macht ein Werwolf an der Spitze einer Mafia-Familie?
„Was macht ein Werwolf an der Spitze einer Mafia-Familie?“
„Sie glauben wohl, Menschen sind die Einzigen, die einen kleinen Profit einstreichen sollten, was?“ Sein Lachen erinnerte an ein gequältes Bellen. Seine Augen glühten. Nicht wie die eines Nichtvren, sondern voll
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