Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
Wonneschauer liefen mir den Rücken hinunter und versuchten, das Zittern zu verdrängen, das mich fest in den Klauen hatte.
Tränen stahlen sich aus meinen zusammengekniffenen Augen. Ausgerechnet dann, wenn ich damit rechnete, dass er sich wie ein Arschloch aufführen würde, machte er genau das Gegenteil. Ich brauchte diese ruhige, gleichmäßige Berührung. Ich musste seine Finger in meinem Haar und seine Arme um meinen Körper spüren. Ich hätte so gern nur eine einzige verdammte Minute lang meine Schutzmechanismen fahren lassen und etwas von dieser erdrückenden, schrecklichen Last meines Ichs abgegeben.
Aber das würde mich verletzlich machen, nicht wahr?
Götter, bitte. Bitte. Ich kann eine Tracht Prügel einstecken, aber das hier halte ich nicht aus. Lasst ihn nicht so zärtlich sein. Bitte.
Das Mal an meiner Schulter brannte plötzlich heiß, als hätte man eine Kerzenflamme ganz nah an die Haut gehalten. Psinergie floss in mich hinein, glitt durch mich hindurch und glitzerte wie Impulse zwischen den Löchern der Dendriten und Neuriten, eine elektrische Ladung, die schmerzhaft gekribbelt hätte, wenn mein Körper nicht danach geschrien hätte. Sich danach verzehrt hätte.
Meine Finger mit den schwarz lackierten, gesplitterten Nägeln zitterten, und das Schwert summte in seiner indigofarben lackierten Scheide.
Zentimeter für Zentimeter ließ Japhrimel den Arm unter mich gleiten. Seine andere Hand arbeitete sich zu meinem Hals hinunter, dann weiter über meine Schulter und meinen angespannten, bebenden Arm. Seine Finger, plumper als meine, aber unfehlbar feinfühliger, bahnten sich ihren Weg zwischen meine und lösten meinen Griff um das Schwert. Ich versuchte, mich zu wehren, aber schon stieß er das Schwert über die Bettkante. Ich gab ein gepresstes, stöhnendes Geräusch von mir wie ein Kaninchen, das sich in einer Falle verfangen hat.
Ich brauchte mein Schwert. Nur mit meinem Schwert fühlte ich mich sicher.
Die Muskeln in seinen Armeen spannten sich an, und er zog mich an sich. Immer noch sprach er kein Wort. Ich spürte seinen warmen Atem an meinem Haar. Seine Arme legten sich um mich wie Ketten. Wie Stützen.
Er hielt mich einfach nur fest.
Dann brachen die Schluchzer aus mir heraus. Kein langsames, nicht enden wollendes Tröpfeln, das sich aus meinen Augen stahl, nicht die gedämpften Laute, die ich den ganzen Weg zum Hotel zu unterdrücken versucht hatte, während Japhrimel immer stiller und immer verbissener und Leanders Verwirrung und Neugier immer offensichtlicher wurden. Nein, diese Schluchzer gaben alles preis. Sie brachen aus mir heraus, nur unterbrochen von schmerzhaftem Nach-Luft-Schnappen, jeder einzelne schrecklicher als der vorherige. Sie brachen aus dem tiefsten, schwärzesten Loch in mir heraus, und die lähmenden Schuldgefühle und der Kummer ließen mich beben und zucken.
Es dauerte lange, bis das Schluchzen allmählich nachließ. Immer noch strömten mir die Tränen aus den Augen, meine Nase war zu, und das Mal an meiner Schulter kämpfte mit seiner Hitze gegen das Eis, das sich von meinen Zehen und Fingerspitzen aus einen Weg durch meine Adern bahnte. Die Hitze kämpfte für mich, schob das eisige, taube Gefühl zurück. Japhrimel hielt mich so fest, dass ich kaum noch Luft bekam. Aber das war egal – durch die verebbenden Schluchzer hindurch konnte ich sowieso kaum atmen.
Er murmelte etwas, das ich nicht verstand. Wahrscheinlich in seiner grässlichen Dämonensprache, die er mir nicht beibringen wollte, weil sie, wie er behauptete, für mich nicht aussprechbar sei.
Die, in der er mit Luzifer verhandelt hatte, ohne dass ich wusste, worum es ging. Damit hatte er mir diesen ganzen Schlamassel überhaupt erst eingebrockt.
Mit der linken Hand, deren Finger er mit denen meiner beiden Hände verschränkt hatte, drückte er sanft zu. Beruhigend, nicht schmerzhaft.
Ich weiß nicht, wie lange es dauerte. Schließlich lag ich mit brennenden Augen schlaff in seinen Armen und starrte auf die Tapete und den Rand eines klobigen antiken Tisches. Auf dem Tisch lagen in Plasticin verschweißte Zettel, die Auskunft gaben, wie man den Zimmerservice rufen konnte und was man im Fall eines Brandes oder sonstiger Katastrophen tun sollte.
Ich hätte mir gewünscht, einer dieser Zettel hätte eine Anleitung enthalten, wie man als Teildämonin damit umgeht, dass die Liebsten einem wegsterben – oder ein paar Worte, wie ich mit dem unerträglichen Schuldgefühl leben sollte, meine Freunde im
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