Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Engel, der eben noch Chakal in der Mangel hatte, löst sich in Rauch und Federn auf. Indie und ich tauschen einen Blick. Der Platz ist übersät von kämpfenden Wölfen. Ihr Blut färbt den Schnee dunkel, die Rauchwolken sind so dicht, dass mir die Lunge brennt. Lilli-Thi konnte ich nicht entdecken. Ich lade die Glock nach, Schweiß steht auf meiner Stirn und läuft in den Ausschnitt meines T-Shirts. Aus den Augenwinkeln sehe ich eine dürre Wölfin vorbeihetzen und erkenne in ihr die Wölfin, die uns nicht zu Emma vorlassen wollte. Sie muss einen Schlag abbekommen haben, denn ihre gesamte linke Körperseite ist blutüberströmt. Ich umfasse die Glock mit beiden Händen und rolle mich hinter der Tonne hervor, ich gebe mehrere gezielte Schüsse ab, doch sie gehen ins Nichts, zu nahe sind Dusk und Diego an Rag, als dass ich ihn gefahrlos treffen könnte. Die Engel versuchen, an den Wölfen vorbeizukommen, ich weiß, was sie im Blick haben, sie sehen die Wölfin im zweiten Ring verschwinden, ihr Schmerz hat sie kopflos gemacht, sie wird ihnen den Weg zu den Frauen und Kindern zeigen. Und zu Emma. Sofort lassen die Engel von den Wölfen ab und setzen sich in Bewegung. Zurück! Wieder schnellen Indies Gedanken in meinen Kopf. Wir stellen sie im zweiten Ring!
Ich sehe, wie Indie an einem großen verbretterten Wagen vorbeihuscht, ein Durchlass, der kaum groß genug ist, um hindurchzukommen. Auch ich renne los. Ich kann nicht mehr auf Dusk und Diego achten, ich muss schneller als die Engel sein. Ich umrunde die Wagenreihe, bis sich ein Spalt zwischen den Brettern bietet, durch den ich mich durchdrücken kann. Mittlerweile hat das Feuer auf die komplette erste Wagenreihe übergegriffen. Wenn wir nicht aufpassen, wird es sich rasend schnell um das Lager ziehen und uns alle verbrennen. Doch die Wölfe sind klug, denke ich, es muss doch Fluchtwege geben, von denen wir nichts ahnen.
Ich halte einen Moment inne. Die Kampfgeräusche von der anderen Seite des Ringes werden leiser, dafür wird das Prasseln des Feuers lauter.
Indie! Wo bist du?
Ich versuche, meinen Atem in den Griff zu bekommen und mich daran zu erinnern, was ich gelernt habe. Ich laufe zu einem Wagen, der schief zwischen den anderen steht, und ziehe mich am Dachvorsprung hoch. Ich schwinge mein Bein über den Rand, es kostet mich kaum Anstrengung, nur die Initiationswunde beginnt wieder zu bluten, ich kann die dunklen Flecke im Schnee sehen. Geduckt laufe ich den zweiten Ring entlang, von hier oben kann man alles überblicken, es sieht genau so aus, wie ich mir das Lager vorgestellt hatte. Ein Ring geht in den anderen über, dazwischen ein Labyrinth aus Gängen, Winkeln, verschachtelten Gassen. Es ist unmöglich, sich darin zurechtzufinden. Hinter mir schlagen die Flammen meterhoch in den schwarzen Nachthimmel. Wo ist sie? Wo ist Lilli-Thi?
Hinter mir höre ich die Engel, die den ersten Ring durchbrechen, und ein lautes Aufheulen zeigt mir, dass die Wölfe ihren Plan ändern, auch sie verteilen sich, versuchen, einen Vorsprung zu erlangen, um dann wieder geballt angreifen zu können. Chakal wird seine Kämpfer auf die andere Seite des Lagers schicken, dort werden sie sich sammeln. Weder Indie noch Lilli-Thi kann ich entdecken, während ich von Wagen zu Wagen springe, mit einem großen Satz schaffe ich es zum dritten Ring hinüber und endlich, im Halbdunkel der engen Gänge, sehe ich Lilli-This dunkle Gestalt, ich ahne sie mehr, als dass ich sie wirklich erkenne, ihren zierlichen Körper in der schwarzen Ledermontur, das wehende, aufgetürmte Haar. Zielstrebig bahnt sie sich ihren Weg durch den Schnee, als könnte sie Emmas Spur blind folgen. Der grimmige Wille zu töten setzt sich in meinen Kopf, ich bewege mich lautlos, der Schnee auf den Dächern dämpft meine Schritte. So schnell ich kann, überquere ich mehrere Wagen und komme mit Lilli-Thi auf gleiche Höhe. Ich spüre das Initiationsmesser durch meine Jeans, durch den Gürtel heiß an meiner Hüfte. Es scheint sich durch ihre Gegenwart aufzuladen und in meinem Kopf formt sich das, was ich tun muss. Mit Schwung springe ich ab, zwischen Wäscheleinen mit bunten Tüchern, einem Gewirr aus Stoffen, komme ich zum Stehen, ich reiße die Glock hoch, da trifft mich ein unvermuteter Schlag von der Seite und meine Waffe schlittert unter den Leinen hindurch, außer Reichweite. Lilli-This Stiefel verschwinden und ich bin mit einem Satz wieder auf den Beinen.
Ich weiß, wer mich zu Fall bringen wollte.
Es ist
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