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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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Vogelschwärme ziehen durch meinen Kopf, Vogelschwärme, die auf Whistling Wing programmiert sind. In jeden einzelnen dieser hageren, grauen Köpfe sind die Koordinaten von Whistling Wing eingepflanzt. Sie werden uns im Traum finden, mehr und mehr und mehr.
    »Ich habe Angst, Dusk«, flüstere ich.
    Dusk küsst meine Stirn und antwortet nicht.
    In meinem Traum ist Miley wieder da. Ich strecke ihm meine Hände entgegen und ziehe ihn schlaftrunken zu mir herunter. Sein Körper fühlt sich schwer auf meinem an, seine Lippen sind rau, anders als bei unserem letzten Kuss. Seine Berührung hart und fordernd. Ich schrecke auf und weiß im ersten Moment nicht, wo ich bin. Höre ich die Brandung rauschen, die an die Klippen unterhalb des Klosters schlägt? Ich setze mich im Bett auf, die Decke hat sich um meine Beine gewickelt. Ist es das Rauschen der Hickorys? Der Wind, der sich in den Blättern des Himbeerbaumes fängt? Angestrengt lausche ich, dann stehe ich auf und tappe durch das Zimmer auf den Flur hinaus, ich habe brennenden Durst. Das Haus schläft, es scheint zu atmen, ruhig und gleichmäßig. Grannys Flüstern begleitet mich die Treppen hinunter, in der Küche hat jemand ein kleines Licht brennen lassen, als ich einen Blick auf die Veranda werfe, weiß ich auch, wer: Diego sitzt in dem Schaukelstuhl und lässt ihn sacht hin und her wippen.
    Ich halte mein Glas unter den Wasserhahn und trinke es mit einem Zug leer, dann fülle ich es noch einmal und gehe hinaus, zu Diego auf die Veranda. Er lächelt mich an.
    »Die Zigeuner.«
    Zuerst weiß ich nicht, was er damit meint. Dann wird mir das Geräusch wieder bewusst. Ich lehne mich an das Geländer und verenge die Augen. Es ist nicht der Wind im Himbeerbaum und auch die Blätter der Hickorys schweigen. Es ist auch kein Rauschen, es ist das Geräusch von Motoren. So viele Jahre hatten sie New Corbie gemieden, hatten Kalo, Miley und Nawal zurückgelassen mit dem Versprechen, nie mehr zurückzukehren, um nicht das Böse zum Rudel zu führen.
    »Sie kommen zurück!«
    Mein Herz macht einen freudigen Satz. Ich laufe barfuß die Treppen hinunter, über den Hof bis zum Tor, von dort aus kann ich die Straße sehen. Lichter ziehen in gleichmäßiger Geschwindigkeit darüber, und obwohl die Dunkelheit die Wagen verschluckt, weiß ich, dass sie es sind. Schwere Autos mit langen Wohnwagen. In gemächlichem Tempo kreuzen sie Whistling Wing.
    »Sie sind wieder da!«, schreie ich.
    Ich raffe mein Nachthemd und laufe in Richtung Straße, dann höre ich Diegos Stimme hinter mir. Zuerst seine Stimme, dann den harten Klang von Wolfspfoten auf dem Schotter. Nach wenigen Metern hat er mich eingeholt und versperrt mir den Weg. Wie früher drückt er seinen kantigen Schädel in meine Hände, stemmt seine Pfoten gegen meine Brust. Ich folge seinem Blick, der unruhig über den hellen Nachthimmel schweift, und so sehe ich sie auch. Ich kann sie nicht zählen, es sind zu viele. Geordnet ziehen sie ihre Bahnen, Schwinge an Schwinge. Wie konnte ich ihren heiseren Schrei vergessen, ihren Blick, der einen über Kilometer hinweg aufspürt. Den ganzen langen Winter, den ganzen Frühling wiegten sie uns in Sicherheit, nur um jetzt noch drohender zurückzukehren.
    »Wie viele sind es?«, flüstere ich.
    Diego richtet sich auf, die Verwandlung zurück in den Mann, den ich kenne, ist fließend, sie erschreckt mich nicht. Er nimmt meine Hand, während die Vögel näher kommen, nun kreisen sie über der Straße und folgen den Wagen der Zigeuner.
    »Lass uns umkehren.«
    »Werden sie die Zigeuner angreifen?«
    »Chakal weiß, in welche Gefahr er sich begibt. Und die Engel brauchen keine Seelen mehr.«
    Diego legt mir den Arm um die Schultern, seine Berührung ist warm und tröstlich.

15
    Indie

    D ie laue Morgenluft bläht die hellen Vorhänge und erfüllt die Küche mit dem Duft von Gras und Erde. Durch das Fenster sehe ich Dusk und Diego stehen, Seite an Seite. Sie blicken in die Ferne, bewegungslos, als hätten sie alle Zeit der Welt. Als würde die Zeit stehen bleiben. Am Küchentisch sitzt Emma, vollkommen in Gedanken versunken. Ich sehe die Bilder durch ihre Erinnerung fließen, Erinnerungen an ihr Leben auf Whistling Wing. Mich erfüllt es mit Traurigkeit, aber Emma lässt sich mit einer Heiterkeit, die ich nicht nachvollziehen kann, in ihrer Vergangenheit treiben. Als sie mich sieht, erhellt sich ihr Gesicht. Seit sie auf Whistling Wing ist, geht es ihr von Tag zu Tag besser, und das erfüllt mich

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