Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
zu sich. «Nayati, führe uns zur Grolchenhöhle.»
Der weiße Wolf bellte zweimal kräftig und trabte Richtung Hängebrücke davon. Aliyah sprang unverzüglich hinter ihm her wie eine Gazelle, und sowohl Katara wie auch Miro und Ephrion staunten nicht schlecht, als sie sahen, mit welcher Leichtigkeit sich das blinde Mädchen fortbewegte.
«Donnerwetter», murmelte Katara. «Das soll ihr mal einer nachmachen.»
Unmittelbar vor der Brücke wirbelte Aliyah herum und rief den andern amüsiert zu:
«Na, was ist? Sind wir euch zu schnell?»
«Nein, das Tempo ist durchaus angemessen», antwortete Miro zerknirscht. «Geht nur weiter. Wir sind gleich bei euch.»
Die Teenager überquerten die Hängebrücke und folgten dem Weg nach Nordosten. Er führte zwischen einigen bewaldeten Hügeln hindurch und war für die erste halbe Stunde ziemlich flach und angenehm zum Gehen. Ephrion bestritt die Unterhaltung. Er erzählte Geschichten über Geschichten, und hinter jeder Kurve fiel ihm wieder etwas Neues ein, was er noch erzählen konnte.
«Einmal, da hab ich mir den Fuß verstaucht. Da konnte ich vier Wochen lang nicht mehr laufen. Vier Wochen lang. Er ist ganz dick angeschwollen und war blau und grün und gelb und violett. Habt ihr euch auch schon mal den Fuß verknackst? Ich hoffe, dass sich keiner den Fuß verstaucht, wenn wir hier in den Bergen herumsteigen. Sonst müssten wir noch eine Trage bauen. Ich weiß zwar schon, wie man eine Trage baut, aber …»
«Ephrion», unterbrach ihn Katara, «wäre es zu viel verlangt, wenn du wenigstens für eine Minute den Mund halten würdest? Danke.»
Ephrion sah sie ziemlich verdutzt an und schwieg einen Moment, allerdings nur einen kleinen Moment.
«Habt ihr auch schon einmal den Schluckauf gehabt, und er ist dann einfach nicht mehr weggegangen?»
«Ephrion!», knurrte Katara genervt. «Musst du eigentlich immer reden?»
Aber der dicke Junge hörte ihr gar nicht zu. «Also, mir ist es einmal passiert, da hatte ich einen Schluckauf, meine Herrschaften, ich kann euch sagen, ich hab geglaubt, ich krieg die Krise.»
Katara blieb stehen und packte wütend Ephrions Arm.
«Ich breche dir gleich den Arm, wenn du nicht endlich damit aufhörst!»
Ephrion holte Luft und wollte sogleich etwas Wichtiges hinzufügen, aber Katara ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen und fauchte:
«Kein Wort! Hörst du? Du hast für die nächsten zwanzig Minuten Sendepause.»
Ephrion warf sauer den Kopf zur Seite und kickte mit dem linken Fuß einen Stein von der Straße. Mit gesenkten Schultern trottete er hinter den andern her und schwieg beharrlich, in der Hoffnung, Katara damit ein schlechtes Gewissen zu machen. Doch diese reagierte überhaupt nicht mehr auf ihn, und das nervte Ephrion umso mehr.
Nach einer weiteren Meile schlug der Wolf abrupt einen Haken nach links. Flink sprang er einen steilen Geröllhang hoch, und die Jugendlichen trabten voller Mut und Abenteuerlust hinter ihm her. Aber schon nach den ersten paar Schritten merkten sie, dass dies keine Bergtour von der leichten Sorte werden würde. Obwohl es mittlerweile nicht mehr regnete, hatte die Nässe die Steine doch sehr glitschig gemacht, und jeder Schritt musste wohlüberlegt sein, um keinen Erdrutsch auszulösen und selbst noch hinterherzupurzeln. Selbst Katara, die klettern konnte wie eine Katze, hatte Mühe, sicheren Halt zu finden.
Aliyah hielt sich dicht hinter Nayati, und hinter ihr quälte sich Miro den Hang hoch. Der Junge versuchte verzweifelt, seine teuren Lederschuhe nicht schmutzig zu machen, was natürlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Hinter ihm kam Ephrion. Er keuchte wie eine alte Dampfmaschine, und selbst wenn er es gewollt hätte, er wäre nicht mehr in der Lage gewesen, auch nur ein Wort zu sagen. Katara machte den Abschluss, um von unten eingreifen zu können, falls jemand stürzen sollte. Schritt um Schritt kämpften sie sich den Abhang hoch. Sie konzentrierten sich auf jeden Atemzug, jede Gewichtsverlagerung und jeden neuen Schritt.
Als Miro versuchte, sich an einem etwas größeren Stein abzustützen, brach dieser ab, löste einen Erdrutsch aus und riss Miro mitsamt Ephrion und Katara mehrere Armspannen schräg den Hang hinunter. Ephrion schrie auf, Miro schimpfte und spuckte, was das Zeug hielt. Nayati blieb stehen und bellte.
«Was ist geschehen?», rief Aliyah besorgt. «Ist irgendjemand verletzt?»
«Nein, alles in Ordnung!», antwortete Katara, während sie Ephrion wieder auf die Beine half. Miro
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