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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Doch diese Verlockung barg auch Gefahren. Wenn ich von einer Streife aufgegriffen wurde, ehe ich im Besitz meiner Städtermarke war, würden sie in mir vermutlich eine Spionin der Rebellen sehen, mich verhaften oder auf der Stelle exekutieren. Ich konnte nicht einmal darauf vertrauen, dass mir diese Marke so lange Wochen nach dem Chivvy überhaupt noch zustand. Aber ich hatte keine Wahl.
    In den Stunden darauf wurde mir bewusst, dass ein klares Ziel vor Augen nicht zwangsweise einfach zu erreichen ist. Das lag zum einen daran, dass ich auf meiner Flucht vor Jamie einen weiten Bogen von der Stadt fortgeritten war. Vor dem späten Abend würde ich sie nicht erreichen. Zudem musste ich einen Weg durch den Zaun finden und schließlich irgendwie an meine Städtermarke gelangen, ohne gleich wieder festgenommen zu werden.
    Und dann? Würde ich es über mich bringen, an Clouds Tür zu klopfen und den Percent, der mich von allen am meisten eingeschüchtert hatte, nach Neel zu fragen? Ob Amber noch in Clouds Haus lebte?
    Ich versuchte, den porösen, alten Straßen auszuweichen, ohne sie aus den Augen zu verlieren, und hatte bald wieder eine leise Ahnung, wo ich mich befand. Zu meinem Ärger war ich noch viel weiter von der Stadt fortgeritten als zunächst gedacht.
    Die Krähen wurden weniger, und auch wenn das wohl bedeutete, dass sie in mir nicht länger eine Mahlzeit sahen, die es zu verfolgen lohnte, schürte ihre Abwesenheit meine Einsamkeit. Rogue hielt mich eher auf, als dass er mir eine Hilfe war. Ständig blieb er stehen und suchte am Boden nach Gras, das nicht da war. Ich musste ihn ziehen oder locken, wozu Kraft und Geduld nötig waren. Doch ich hatte beides nicht mehr, ich hatte bloß ein Ziel, das es zu erreichen galt.
    Im letzten Sommer war Neel mit mir in eine verfallene Siedlung geritten. Diese Ansammlung von alten Häusern war meine Rettung für die nächste Nacht. Es gab dort noch solide Wände, die Wind und Schnee abhielten, und ich erinnerte mich auch an wollene Decken. Mit viel Glück waren noch welche übrig. Zumindest, wenn ich nicht mein ganzes Glück dafür verbrauchte, die Siedlung wiederzufinden ...
    Der Gedanke, auf das wilde Kind zu treffen, das möglicherweise dort noch lebte, gefiel mir nicht, aber wilde Kinder waren Gefahren, gegen die ich im schlimmsten Fall kämpfen konnte. Gegen Kälte und Hunger dagegen hatte ich keine Chance.
    Die kommende Nacht legte bereits ihre Schatten über das Land, als ich am Horizont die gezackte Silhouette der Siedlung ausmachte. Ich hatte schon nicht mehr daran geglaubt und mich in Gedanken auf eine Nacht im Freien eingestellt, die zu überleben ein Kraftakt geworden wäre. Zwar war kein neuer Schnee gefallen, trotzdem trockneten meine Kleider nicht und vom Saum meiner Hose stieg schwere schwarze Nässe bis zu meinen Knien. Jeder Schritt geriet ein wenig schwächer als der vorherige.
    «Gleich«, flüsterte ich Rogue heiser zu. »Gleich können wir uns ausruhen.«
    Aber ich hatte ihn zu oft belogen, er glaubte mir nicht mehr. Ich schaffte es nur, ihn ein weiteres Mal weiterzuziehen, weil er keine Kraft mehr hatte, sich zu widersetzen.
    Wir erreichten stolpernd die Brücke, die zur Siedlung führte. Ich erinnerte mich daran, dass meine Stute sie bei meinem letzten Besuch aus Angst nicht hatte überqueren wollen. Rogue jedoch trottete über die Brücke, ohne auch nur zu zucken. Das gab mir ein wenig Mut. Mir selbst behagten die Schattenhäuser auch dieses Mal überhaupt nicht. Im Dunkel der Nacht wirkten die bleichen Steine und das Nichts, das sie ummauerte, noch unheimlicher. Es war viel zu still hier, als säße zwischen den Mauern ein mir unbekanntes Tier, das alle Geräusche fraß. Oder fraß es alles, was Geräusche verursachte? Selbst der Wind schien zu flüstern, um nicht bemerkt zu werden. Mir fiel ein, wie ich die Gegend im letzten Jahr genannt hatte: die stille Siedlung.
    Ich schlich die Straße entlang, zwischen Ruinen umher, hinter deren schwarzen Fensterhöhlen sich alles Mögliche verbergen konnte, an meiner Seite nur das müde Pferd. Als ich meinen Blick über Rogue schweifen ließ, flackerte ein wenig Wärme in meinem Bauch auf.
    Reiß dich zusammen, Joy. Für Rogue. Bring ihn in Sicherheit. Der Gedanke war weniger selbstlos als berechnend. Ich brauchte einen Freund und war verzweifelt genug, um mir einzureden, dass das Pferd mir meinen Einsatz danken würde.
    Selbstlosigkeit gehörte nicht zu meinen Stärken, das hatte ich während des Chivvys

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