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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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anrichtete. Wenn dem so war, konnte er durchaus zufrieden mit sich sein. Ich hatte ihn noch immer nicht geküsst, und obwohl die Sehnsucht langsam schmerzhaft wurde, zögerte ich es weiter hinaus, nur um des Zögerns willen.
    »Erzähl mir alles«, flüsterte ich. »Was ist passiert in den letzten Wochen?«
    Er seufzte leise. »Reicht ein kurzer Überblick?«
    Mir war klar, was er viel lieber tun wollte - ich lechzte ja selbst danach. Aber ich hatte auch Angst. Eine seltsame, ungewisse Art von Angst. Ich gestand es mir nicht ein, aber tief im Inneren fürchtete ich noch immer, er könnte mich zurückweisen. »Auf gar keinen Fall. Ich will alles erfahren, jedes Detail.«
    Also fing Neel an zu erzählen. Er begann allerdings nicht mit seiner Gefangenschaft oder den Wochen danach, sondern mit seiner Arbeit als Hauptmann, und das, was er mir nicht erzählte, sagte mir am meisten. Es gab Dinge, über die wir nicht reden konnten, und das ließ mich erahnen, wie tief die Kluft war, die der Winter zwischen uns gerissen hatte. Ich sagte mir, dass das mit der Zeit wieder besser werden würde. Und wenn nicht ... dann waren wir zumindest jetzt und hier zusammen.
    Er erzählte von seinem Regiment, davon, wie schwer es ihm gefallen war, sich den Respekt der Männer zu erarbeiten. Und wie leicht es dagegen gewesen war, ihn wieder zu verlieren, allein durch eine Entscheidung, die sie nicht nachvollziehen konnten - vielleicht, weil er nie versucht hatte, ihnen seine Sicht der Dinge klarzumachen. Möglicherweise, weil er ihnen das nötige Verständnis nicht zutraute. Bestimmt, weil er selbst keinen von ihnen respektierte. Was er zu spät begriffen hatte.
    Er erzählte von den beiden Jugendlichen, die ihn an mich erinnert hatten, und von Amber, die er in die kalte Winternacht geschickt hatte. Und vermutlich in den Tod, weil Cloud davon erfahren hatte.
    Er erzählte von seiner Verbannung und davon, was er nun noch besaß.
    Nichts.
    • • •
    Als er fertig war, ließ ein kratziger Kloß in meinem Hals meine Stimme rau klingen. »Danke. Dafür, dass du Amber -«
    Er unterbrach mich abrupt. »Nein, kein Danke! Ich habe es nicht für dich getan.«
    Das war mir ebenso bewusst, wie es mir egal war. Ich legte meine Finger auf seinen Mund. »Seht, leise, sonst hört er uns.« Seine Lippen waren ganz weich. Und kühl, so kühl, als stünden wir noch immer draußen in der Kälte.
    »Diese inszenierte Flucht wird ihr kein Glück bringen.« Er presste die Worte an meiner Hand vorbei.
    »Ich kenne Amber«, entgegnete ich. Das war gelogen. Ich kannte Amber, eine Amber, die wir Amber Hasenfuß genannt hatten, weil sie scheu und ängstlich war. Aber auch, weil sie urplötzlich auftauchte und wieder verschwand, eine schnelle Läuferin war, zäh und in der Lage, sich unsichtbar zu machen. »In der Wildnis da draußen ist sie ihnen überlegen.« Ich hoffte es für Neel wie für Amber. Sein riskanter Einsatz durfte nicht umsonst gewesen sein.
    »Ich glaube es erst, wenn ich es sehe«, meinte Neel. »Und wenn du recht hast, wird das nie der Fall sein.« »Also keinen Dank und keine Entschuldigungen«, fasste ich zusammen.
    »Klingt wie ein kompletter Neuanfang. Und das wiederum klingt ganz gut.«
    »Dann sind Erinnerungen auch nicht erlaubt?«
    »Besser nicht.« Er klang schwermütig. »Vieles hat sich geändert.«
    Ich neckte ihn, indem ich mit den Fingerspitzen seinen Nacken hinaufstrich. Ich entsann mich noch genau der kleinen Schauder, die diese Berührung immer hervorgerufen hatte. Unweigerlich musste ich lächeln. »Das schon mal nicht.«
    Er lachte leise, schloss die Augen und ich machte weiter. In seinem Nacken war die Haut ganz weich. Vermutlich war das überall dort der Fall, wo sie der menschlichen Haut ähnelte. Nur dort, wo sich bei den Percents die feinen Lamellen befinden, durch die sie atmen und riechen können, war die Haut in Form von kleinen Kreisen und Spiralen vernarbt. Meine Finger wanderten an seinem Hals nach vorne. Über seinen Adamsapfel, durch die Kuhle, die darunterlag. Über sein Schlüsselbein. Und schließlich unter den Kragen seines Hemdes.
    Neel schlug die Augen auf. Seine Hand zuckte, als wollte er meine festhalten - nein, als wollte er meine Hand wegschlagen. Aber er hielt mitten in der Bewegung inne, was ihm unsagbar schwerzufallen schien, und auch ich verharrte.
    »Ich möchte dich ansehen«, murmelte ich.
    Draußen brachte pfeifender Wind den frühen Tag mit sich. Fahles Licht legte sich wie ein unendlich langsam

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