Dark Future: Herz aus Feuer
reizvoll.
Sie schwiegen, als sie weiterliefen, und bewegten sich mit Vorsicht, denn der Weg wurde nur vom schwachen Leuchten von Tristans Phosphorpäckchen erhellt.
Tatiana wusste, dass Tristan sich hier im Dunkeln fast blind vorwärtsbewegte, während ihre Sicht uneingeschränkt war.
Von links hörte sie das schwache Krabbeln von winzigen Klauen, von winzigen Füßen.
»Da ist irgendetwas«, sagte sie leise.
»Ja.« Er machte die Phosphorlampe aus, und die Finsternis umhüllte sie wie eine Decke, die schwach nach Feuchtigkeit und Fäulnis roch. »Ratten. Sie sind in den Wänden.«
Innerhalb von Millisekunden gewöhnten sich Tatianas Augen an die veränderten Lichtverhältnisse.
Mit jedem Schritt, den sie tiefer in die Dunkelheit hinein machten, wurde der Geruch stärker. Moder und Verwesung und noch etwas, das sie an den Gestank erinnerte, den sie wahrgenommen hatte, als sie und Tristan von den mutierten Plünderern angegriffen worden waren.
Als sie um eine Ecke bogen, stieß Tristans Stiefel mit einem dumpfen Geräusch gegen irgendetwas. Tristan sprach eine leise Warnung aus, dann ging er um das Ding herum und lief weiter.
Ein Körper, wie Tatiana feststellte. Ein mutierter Plünderer lag auf dem Rücken, Arme und Beine ausgestreckt und das, was von seinem Gesicht noch übrig war, zu einer Grimasse verzogen. Einige Teile waren abgenagt, andere waren noch immer mit verwesendem Fleisch überzogen. Der Leichnam war unter einem riesigen verbogenen und verdrehten Stahlträger eingeklemmt.
Sie kniete sich hin und runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht. Die Teile des Körpers waren zu akkurat angeordnet. Es sah nicht so aus, als wären sie abgerissen worden, sondern in einem grotesken Muster, einer seltsamen Ordnung abgefallen. Die Finger, bestehend aus jeweils drei kleinen Knochen, waren exakt ausgerichtet. Acht Handgelenkknochen. Alles lag wohlgeordnet um die Leiche herum. Die Reste von Knorpel und Haut, die einst ein Ohr gewesen waren, lagen ganz in der Nähe des Ortes, wo sie einmal am Kopf gesessen hatten.
Tatiana sah sich die Umgebung genauer an. Ein großer Teil der Wand war eingestürzt. Der Träger war herausgebrochen und hatte den Typen eingequetscht. Nach allem, was sie sehen konnte, waren die Körperteile abgefallen, während er hier, unter dem Stahlträger gefangen, gelegen hatte.
Es war eine verflucht abscheuliche Art zu sterben.
Und es war nicht nachvollziehbar, dass er hier gelegen und einfach auseinandergefallen war.
Plötzlich erinnerte sie sich an den Kerl, den Gemma aufgeschlitzt hatte, und daran, wie sein Ohr abgefallen war, als er einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte.
Sie erstarrte, und Entsetzen erfasste sie wie die Strömung des Ozeans. Die perfekte Anordnung war kein Zufall gewesen und die Vorstellung, dass er zerfallen war, nicht ganz abwegig. Sie streckte die Hand aus, berührte die Überreste beinahe mit einem Finger, zog die Hand dann zurück und ballte sie zur Faust.
Diese Plünderer waren nicht nur genetisch verändert worden. Sie waren irgendetwas
ausgesetzt
worden, absichtlich mit irgendetwas infiziert worden.
Mit der Seuche, die Ward erschaffen hatte.
Die Seuche war nicht mehr in dem versteckten Labor gefangen. Sie war nicht nur in eine Petrischale gebracht und ausgebrütet worden, war nicht nur in einem künstlichen Medium oder in einer Frischzellenkultur in einem Reagenzglas gewachsen. Es war bereits so weit, dass sie an lebenden Objekten getestet worden war – und diese mutierten Plünderer waren die Testobjekte.
Sie schluckte.
»Ana.« Tristan rief ihren Namen. Es war ein scharfer Ruf, der eine Erwiderung forderte.
»Hier.«
Er gab ein kurzes Seufzen von sich, das entweder Verärgerung oder Erleichterung ausdrückte, vielleicht auch eine Mischung aus beidem. »Wir müssen weiter. Ich habe keine Lust auf unwillkommene Gesellschaft.«
»Bin ich nicht unwillkommene Gesellschaft? Immerhin bin ich dir gefolgt, ungebeten.«
»Zuerst vielleicht ungebeten. Allerdings nicht unwillkommen.« Er machte eine Pause, und sein Schenkel streifte ihre Schulter, als er näher kam. Sie konnte die Wärme seines Körpers durch seine und ihre Kleidung hindurch spüren, ein Beweis des Lebens und ein Kontrast zu dem Schrecken, dem sie sich gerade gegenübersah.
»Ich will dich«, sagte er. Seine Stimme, leise und rauh, ging ihr bis ins Herz und weckte in ihr den Wunsch, die Arme auszustrecken und ihn zu berühren. Sie ballte die Hand zur Faust und dachte bei sich,
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