Dark Road
über die Intensität ihrer Züge.
»Viele Läden im Juweliersviertel bieten schöne Glücksbringer an«, insistierte Ernesto. »Viele Menschen tragen sie, es ist genauso, wie einen Schutzpatron am Auto zu haben. Ich würde Ihnen liebend gern einen kaufen. Ich habe viel Geld gespart und es nie ausgegeben.«
Magdalena hatte die Hände gefaltet. Ihre Augen waren riesengroß und unergründlich.
»Die Sache ist die, Ernesto«, sagte Zack und überraschte sich selbst schon wieder. »Ich glaube, es ist ein ganz besonderer Glücksbringer, von großem persönlichem Wert. Er kann nicht durch einen anderen ersetzt werden.«
Er bemerkte, dass Magdalena ihn ansah. »So ist es doch, Magdalena, oder?«
Sie nickte.
»Ich halte es immer noch für Diebstahl«, sagte Ernesto sehr traurig. »Aber er hat meine Katze genommen. Mein Herz ist viel zu weich. Ich sollte härter zu ihm sein.«
»Er hat deine Katze genommen?«, rief Zack aus.
»Naja, Golightly hat es getan. Er ist sehr mächtig, wisst ihr, hinter den Kulissen. Es soll mich anspornen, die Initiative zu ergreifen und der Gefahr ins Auge zu blicken. Um Fischer zurückzubekommen, muss ich den Troll fangen, der an den Baustellen randaliert. Dieser Teil muss die Idee meines Onkels gewesen sein. Golightly glaubt nicht an Trolle. Er hätte mir sicher lieber eine Aufgabe gestellt, wie an der Mauer des Gezeitenturms oder des Leuchtturms hinaufzuklettern. Dann hätte er es vielleicht so einrichten können, dass ich heruntergestoßen werde.«
»Heruntergestoßen?«, keuchte Zack.
»Gut möglich.«
»Du sagst, er würde dich umbringen?«
»Wenn es wie ein Unfall aussehen könnte, ja. Dann würde er es tun. Jetzt, wo ich fast erwachsen bin.«
»Aber sicher würde doch dein Onkel ...«
»Golightly hat meinen Onkel irgendwie im Griff. Wenn ich aus dem Weg wäre, würde er mit der Macht, die er über meinen Onkel hat, die Familie, die Wassergesellschaft und das Rathaus bis ans Ende seines Lebens beherrschen. Das weiß ich schon, solange ich denken kann.«
Zack schauderte — verglichen damit war die Storm-Hill-Schule fast gemütlich.
»Bitte bringen Sie mir den Schutzengel, Mr. Ernesto«, sagte Magdalena. »Gehen Sie jetzt nach Hause und holen Sie ihn. Ich weiß, dass Sie es können. Und wir treffen Sie dann um sechs Uhr vor dem Scarspring-Haus, und die Person aus dem Radio wird uns sagen, wie wir Ihre Katze befreien können.«
»Wenn du sagst, wir ...«, begann Zack.
»Ja«, sagte Ernesto mit glänzenden Augen. »Ich werde es tun. Wir treffen uns Punkt sechs Uhr.« Er streckte Magdalena seine Hand entgegen und sie schüttelte sie feierlich.
Dann stieg er auf seinen Tugalug und setzte den Helm auf. Zack sperrte das Tor auf. Der Tugalug holperte die Straße hinab und wurde dabei immer wieder von einigen dahineilenden Fußgängern überholt.
KAPITEL 56
Zack und Magdalena gingen in den Hof zurück, wo sich Moe gerade auf den Rücken rollte und mit seinen ungewöhnlich langen Füßen wackelte.
»Ich muss dich etwas fragen«, sagte Zack sofort. »Ich muss dich fragen, wegen dem, was der Bürgermeister gesagt hat über diese Dunkelheit, die gegen einen drückt, sodass man sich nicht mehr bewegen kann ...« Dabei musterte er ganz genau ihr Gesicht. Es war völlig ausdruckslos. Ihre schrägen Augen waren wegen der Sonne fast geschlossen.
»Weißt du etwas darüber? Ich meine, ist dir so etwas schon mal passiert? Hier? Mir ist es nämlich vorhin im Baum passiert. Du warst mit Ernesto in der Werkstatt. Golightly kam in den Hof. Sie stritten sich. Aber ich war da oben«, er zeigte auf die wilde Zeder, »und es hielt mich davon ab, nach unten zu gehen. Und dasselbe ist mir schon einmal auf der Straße passiert.Auch damals war Golightly dort ...«
Er verstummte und legte die Stirn in Falten. Erst jetzt hatte er bemerkt, dass Golightly der gemeinsame Faktor war. Und jedes Mal war Zack davon abgehalten worden, zu ihm zu gehen. Was hatte er bei Radio Excelsior vorgehabt? Er wollte nur näher heran, sich das Auto anschauen, sehen, wer sich darin befand. Dann war Golightly aus dem Gebäude gekommen ... Und heute, als Anselm Golightly beschuldigt hatte, Balthasar umgebracht zu haben, hatte er die Kontrolle über sich verloren, war verzweifelt gewesen — wollte wie ein Sturm auf den Verwalter hinabbrausen und ihn konfrontieren, voller Hass und Wut.
Er blickte in Magdalenas unergründliches Gesicht.
»Glaubst du, dass sich Trolle vielleicht irgendwie verdunkeln und unsichtbar machen
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