Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
Waffe weg.«
Roland war auch angespannt; ansonsten wurde ich aus seiner Miene nicht schlau. Auch er hatte seine Waffe gezogen. Dorian schien nicht gerade sonderlich besorgt, aber dieses eine Mal hatte sein Blick nichts Spöttisches.
»Ihr habt keine Ahnung, was er getan hat«, grollte ich. »Ihr wollt, dass ich ihn verschone, aber an irgendeinem Punkt ist Schluss. Er muss sterben.« Der Wind wurde stärker. Haare peitschten mir ins Gesicht, aber ich hatte keine Hand frei, um sie zurückzustreichen.
»Ich habe nichts getan!«, rief Leith. Er sah die anderen Männer an, verzweifelt, flehend. »Ich habe sie rechtmäßig gewonnen. So wie es sich gehört. Wie sie es in der alten Zeit gehalten haben. Der Mann, der die Königin fing, wurde König. Wenn sie schwanger ist, sind wir durch Vollzug Mann und Frau.«
Ich sah den Ekel auf Rolands Gesicht, und seine Hand packte die Waffe fester. Er hob sie, aber Kiyo, der anscheinend gerade das Sagen hatte, machte eine kleine Handbewegung, die meinen Stiefvater dazu brachte, die Waffe wieder sinken zu lassen. Jedenfalls ein bisschen. »Dieser Brauch ist tausend Jahre alt«, sagte Kiyo zu Leith. »Er gilt längst nicht mehr. Eugenie gehört dir nicht.«
»Außerdem glaubst du doch nicht im Ernst«, sagte ich zu Leith, »dass ich dein Kind austragen würde. Sollte ich wirklich schwanger sein, lässt sich das leicht korrigieren.«
Ihm fiel die Kinnlade herunter. »Aber … du kannst doch nicht … Das ist Blasphemie …«
Womit er recht hatte, was die auf Kinder ganz versessenen Feinen betraf. Ich hielt auch nicht besonders viel von Abtreibung, aber es stand völlig außer Frage, dass ich ein Kind zur Welt bringen würde, das auf diese abartige Weise gezeugt worden war. Unvermittelt nahm der Wind gewaltig an Kraft zu und warf mich beinahe um. Das Küchenfenster zersplitterte.
Kiyo machte immer noch einen auf sachlich. »Eugenie, hör auf damit. Lass die Magie. Steck die Waffe weg. Wir bringen ihn und die Mädchen zurück. Wir befassen uns in der Anderswelt mit ihm.«
»Wie kannst du das sagen?«, brüllte ich. »Ihr habt ihn gehört! Wie könnt ihr ihn nach all dem einfach laufen lassen? Ihr wisst doch gar nicht, was er getan hat!«
»Er muss ja nicht gleich straflos ausgehen«, hielt Kiyo dagegen. »Es gibt andere Möglichkeiten.«
Plötzlich explodierte ein greller Blitz in der Küche, und einen Moment lang konnte ich nichts sehen. Gleichzeitig donnerte es so laut, dass ich schon glaubte, meine Trommelfelle würden platzen. Und auf einmal wusste ich, wie man Gewitter beherrschte. Ich verstand das Muster und wusste, was ich tun musste, um eines herbeizurufen – indem ich meine Gefühle hineingab, wie Ysabel gesagt hatte.
Ich legte den Revolver auf die Arbeitsfläche. »Den brauche ich nicht«, sagte ich zu Leith. Der Wind umtoste uns, warf alle möglichen Gegenstände um und ließ meine Haare wehen wie Flammen. Ich war das Zentrum des Sturms. Ein sehr, sehr leiser Donner grollte um uns herum – bei Weitem nicht mehr so laut wie der erste. Ich sah Leith an und fragte mich, ob meine veilchenblauen Augen sich im Zorn verdunkelt hatten wie die des Sturmkönigs. »Ich werde dir die Luft entziehen, und dann werde ich dich mit einem Blitzschlag aus dem Leben reißen.«
Leith sank auf die Knie. »Bitte … bitte tut das nicht …« Genau dasselbe hatte ich gesagt, als er mich das erste Mal vergewaltigt hatte.
Der Sturm umtoste mich umso heftiger. »Ich bin die Sturmkönigin«, sagte ich mit tiefer Stimme. »Und du wirst für das bezahlen, was du mir angetan hast.«
Kiyo trat einen Schritt vor. Ich kannte ihn gut genug, um seine Gedanken zu erraten. Er überlegte, mich anzugreifen, hatte aber zu viel Angst vor dem, was ich mit meiner Magie tun konnte, die immer stärker wurde. Er richtete einen letzten verzweifelten Appell an mich.
»Wenn dir dein Volk wirklich etwas bedeutet, wenn dir diese Mädchen etwas bedeuten, dann darfst du das nicht machen. Er ist ein Prinz. Bring ihn um, und seine Mutter wird dir den Krieg erklären. Du meinst, die Dürre war schlimm? Dann stell dir mal Heere vor, die in dein Land einfallen und alles verwüsten. Die niedergebrannten Dörfer. Die Leichenberge. Willst du so etwas über dein Volk bringen? Ihm so etwas antun?«
Um uns herum tobte der Sturm und in mir der Hass auf Leith, auch er ein Sturm, ein Gift, das durch meine Adern strömte. Ich wollte, dass Leith litt. Zermalmen wollte ich ihn. Vernichten. Seine Taten durften nicht ungesühnt
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