Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
Königreich hatte ein paar kleinere Berge, aber das war nur ein winziger Prozentteil seiner Landschaft. Ich konnte hier keine Schweiz und kein Nepal draus machen.
Bleib so, bleib so , beschwor ich das Land. Um seiner Bewohner willen musste ich dafür sorgen, dass die Landschaft so blieb, wie sie war. Aber das war schwer. Das Land wollte mich an sich binden, an das, was tief in meiner Seele verwurzelt war. Ich dachte an die Reise hierher zurück und versuchte, mir die endlosen Reihen von Kirschbäumen entlang der Straße vorzustellen. Ich dachte daran, wie die Sonne durch andere Laubbäume geschimmert hatte, dachte an die Büschel von Blumen. An die Vogelbeerbäume überall. Bleib so, bleib so.
Langsam hörte der Boden um mich herum zu beben auf– nur an einer Stelle nicht. Dicht neben meiner Hand brach die Erde auf, und Blätter und Äste schossen hervor. Ich machte, dass ich dort wegkam, und sah mit ebenso viel Ehrfurcht wie beim ersten Mal zu, als dort ein magischer Baum emporwuchs, sich binnen Sekunden zu voller Größe entwickelte. Ich hielt die Luft an und fragte mich, was es für einer werden würde, dieser Baum, der die Natur meines neuen Königreichs festlegte.
Es war… eine Vogelbeere.
Ich war nicht die Einzige, die das merkwürdig fand. „Hast du es nicht beansprucht?“, fragte Jasmine verwirrt neben mir. Ich stand auf, wischte mir den Dreck von der Jeans.
„Ich…“ Ja, was nun? Das war eine Vogelbeere, und damit war dieses Land– nach allem, was Feine wussten– das Vogelbeerland. Also noch das alte Land. Vielleicht funktionierte das mit der Krone anders als erwartet. Vielleicht hatte Katrice sich das Land irgendwie zurückgeholt.
Aber… nein. Es war da. Ich spürte es. Das Land. Die Erde. Die Felsen. Jedes Blatt und jede Blüte. Die Gerüche, die Farben… sie waren alle deutlicher und intensiver. Hätte ich mich geöffnet, ich hätte jeden einzelnen Bestandteil dieses Landes spüren können. Es summte. Es brummte. Mir wurde schwindelig vor Energie, und ich blockte sie für einen Moment ab.
„Nein“, sagte ich staunend zu Jasmine. „Es gehört mir.“ Ich starrte die Vogelbeere an, die so vollkommen war, wie es keine normale je hätte sein können. Ihre orangen Beeren leuchteten vor den grünen Blättern, die in der Brise schaukelten. Ich streckte die Hand aus und strich über ein Blatt und war mir vage bewusst, dass Katrice immer noch schluchzte. Ein Prickeln durchlief mich. Die Macht. „Es ist immer noch das Vogelbeerland… nur dass es jetzt mein Vogelbeerland ist.“
Danach wurde alles ein bisschen peinlich.
Die Soldaten versuchten nicht mehr, mich gefangen zu nehmen, aber sie waren auch nicht bereit, bei jedem meiner Befehle zu springen. Meine Gefährten waren von wenig Nutzen. Imanuelle war– von Haus aus– zufrieden damit, sich zurückzulehnen und sich das Durcheinander anzuschauen, in das sie hineingeraten war. Kiyo machte ein missbilligendes Gesicht, und ich freute mich schon auf den Vortrag, der mich erwartete. Jasmine stand wohl immer noch unter Schock. Sie wurde nur lebhaft, als ich überlegte, was wir mit Katrice und Cassius tun sollten. Wenig überraschend schlug sie vor, die beiden zu töten.
„Bringt sie in ihre Gemächer“, befahl ich in der Hoffnung, dass irgendjemand mir gehorchen würde. „Bewacht sie mit…“
Ich wusste nicht weiter. Feine wussten eigentlich, wie das hier lief. Wer das Land beherrschte, hatte auch das Sagen, aber ich war mir nicht sicher, ob die Wachen hier so scharf darauf waren, die Frau einzusperren, die sie bis vor zehn Minuten noch regiert hatte. Volusian , dachte ich. Jetzt, wo ich die Kontrolle hatte, konnte ich ihn gefahrlos rufen. Dann wurde mir klar, dass ich ihn für Wichtigeres brauchte. Ich sah Kiyo flehend an und musste nichts weiter sagen.
Er nickte. „Ich pass auf die beiden auf.“ Er wandte sich abrupt um und scheuchte die gestürzte Königin zusammen mit ein paar Wachen, die beschlossen hatten, lieber jetzt gleich auf meine Seite zu wechseln, nach drinnen. Dass Kiyo die Bewachung übernahm, war doppelt sinnvoll. Einmal konnte ich mich auf ihn verlassen– und solange er damit beschäftigt war, blieb mir seine Kritik erspart.
Dann sprach ich die Worte, die Volusian zu mir riefen. Sein Anblick verängstigte diejenigen, die schon mich allein voller Schrecken angesehen hatten, nur noch mehr. Der Sturm hatte sich wieder aufgelöst, aber um meinen Hilfsgeist herum schien es dennoch dunkler zu sein. Er musterte erst mich
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