Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
er sich anzog. Der Himmel vor den Fenstern war gerade mal violett mit ein bisschen Rosa.
„Du machst dich schon auf den Weg zu unseren Truppen?“, fragte ich leise.
Er nahm einen aus Kupferketten gefertigten Brustharnisch von einer Chaiselongue. Normalerweise hatte er für das Ankleiden Personal, und mir ging auf, dass er es jetzt allein machte, weil er nicht wollte, dass ich von herumtapsenden Leuten geweckt wurde. Als ich sah, welche Mühe er hatte, den Kettenharnisch anzulegen, beeilte ich mich, ihm zu helfen.
„Katrices Streitkräfte werden angreifen, sobald ihnen das Licht ausreicht. Vielleicht ist der Angriff schon im Gange. Nur das unvertraute Gelände hat sie davon abgehalten, es im Laufe der Nacht zu machen.“
Ich hakte die letzten Ketten fest und versuchte, nicht daran zu denken, wie selten er überhaupt irgendwelche Rüstung trug. Ein klarer Hinweis auf die Gefahr, in die er sich begab, selbst wenn er sich von den Frontlinien fernhielt.
„Ich wünschte, du würdest nicht gehen.“
Er bedachte mich mit diesem lässigen Grinsen und legte seine Hände auf meine nackten Hüften. „Ich auch. Ich würde viel lieber wieder zu dir ins Bett steigen. Bleib ein paar Stunden. Ich bin bestimmt bald wieder zurück.“
Das brachte ein Lächeln auf meine Lippen, auch wenn ich es gar nicht so witzig fand. „Ja, länger dauert es bestimmt nicht.“
Er ließ mich los und trat vor einen kleinen Schrank an der Wand. Als er ihn öffnete, kamen diverse Waffen zum Vorschein. Darunter war auch ein hervorragend gearbeitetes Kupferschwert, das ein Kunstschmied namens Girard angefertigt hatte, der in meinen Diensten stand. Dorian berührte es ehrfürchtig und ließ es dann in eine Scheide gleiten, die er sich um die Taille schnallte. Das Schwert war zwar schon als solches gefährlich, aber es besaß zusätzliche Schlagkraft durch Dorians Verbindung zur Erde und ihren Elementen. Er konnte seine Macht in die Klinge fließen lassen.
„Dorian…“ Ich zögerte, weil ich Angst hatte, die nächste Frage zu stellen. „Hast du je von der Eisenkrone gehört?“
„Natürlich.“ Er zog den Gürtel fest und sah zu mir hoch. „Wieso?“
„Ich bin gestern Nacht einer Frau namens Masthera begegnet, die mir davon erzählt hat.“
„Ach, Masthera“, sagte er liebevoll. „Jeder Hof sollte eine Seherin haben. Ungefähr jede zweite ihrer Weissagungen trifft ein– was ziemlich bemerkenswert ist. Du solltest diese Witzfigur von einem Seher mal sehen, den sie drüben im Ahornland haben. Ich würde mich schämen, so jemanden um mich zu haben.“
„Hey, beim Thema bleiben“, schalt ich ihn. „Diese Eisenkrone. Masthera behauptet, mit ihr ließe sich der Krieg beenden. Indem ich sie erringe und so unsere, äh, meine Macht beweise, sagt sie, könnte ich Katrice dazu bringen, klein beizugeben.“
Das Lächeln verschwand, und Dorian machte ein nachdenkliches Gesicht. „Das wäre durchaus eine Möglichkeit. Und du wärest in der Lage, sie zu tragen, nicht wahr?“ Ein staunender Ton erhellte seine Stimme. „Das Eisen würde dir nichts ausmachen. Den Legenden zufolge konnten manche Glanzvolle sie aufgrund ihrer Stärke und Willenskraft tragen. Aber darauf müsstest du gar nicht zurückgreifen. Es läge einfach in deiner Natur.“
Ich konnte nicht fassen, dass er so ernst über das Ganze sprach. „Dann meinst du, Masthera hat recht? Diese Krone könnte den Krieg beenden? Obwohl sie keine Kräfte in sich birgt, allein durch ihren Ruf?“
„Nun ja, genau genommen geht es nicht um den Ruf der Krone. Sondern um den Ruf, den du dir erwirbst, indem du die zahlreichen Hindernisse auf dem Weg zu ihr überwindest. Wenn man das schafft, ist das ein Beweis der eigenen Macht.“
Das deckte sich mit dem, was Masthera gesagt hatte. „Wenn andere sie besessen haben–“
„Schon seit vielen Zeitaltern nicht.“
„Na schön, auch wenn es so lange her ist… Warum muss ich erst nach ihr suchen? Hat der letzte Besitzer sie denn nicht behalten? Und innerhalb der Familie weitervererbt?“
Jetzt lächelte er wieder. „So funktioniert das nicht. Die Krone würde bei jemandem, der ihrer nicht würdig ist, nicht bleiben. Sobald ihr Besitzer stirbt, kehrt sie an ihren ursprünglichen Platz zurück– und viele lassen auf der Suche nach ihr das Leben.“
„Du hast meine Frage davor nicht beantwortet. Könnte sie dem Krieg ein Ende setzen? Auf friedliche Weise?“
Er seufzte. „Das weiß ich nicht. Mag sein. Aber mit wie viel Angst du mich
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