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DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

Titel: DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.L. LaFevers
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de Lurs tiefe Stimme lässt mich zusammenfahren. Geistesgegenwärtig benutze ich die erschrockene Bewegung, um mich anmutig zu ihm umzudrehen.
    »Das wird Euch einen Ruf als Hexe eintragen«, bemerkt er.
    Ich neige den Kopf und lächle ihn spöttisch an. »Besitze ich den nicht ohnehin schon?«
    Er neigt den Kopf und gibt mir recht. »Trotzdem, es ist nicht sicher für Euch, allein hier draußen zu sein, gnädiges Fräulein.« Obwohl seine Stimme voll und kultiviert ist, hat die Art, wie er gnädiges Fräulein sagt, etwas, das seine Worte wie eine Beleidigung erscheinen lässt. Oder vielleicht kommt es mir nur so vor, weil seine Begierde so offensichtlich ist, dass sie mich umgibt wie ein Mantel. Wie lange empfindet er schon so?
    »Wo sind Eure Hofdamen?«, fragt er mit harter Stimme.
    Obwohl ich Jamette nicht besonders mag, kann ich sie nicht der bedrohlichen Absicht ausliefern, die ich in seinen Augen lauern sehe. »Ich habe sie weggeschickt. Ich habe Kopfschmerzen und wollte frische Luft.«
    Er betrachtet den menschenleeren Garten und seinen Augen entgeht nichts. »Ich würde denken, dass die Schönheit des gnädigen Fräuleins eine Nachtigall oder einen Hänfling anlockt, keine zerzauste Krähe.« Dann tritt er näher und zum ersten Mal werde ich argwöhnisch. Denkt er, ich sei eine Art beschädigte Ware, dass er sich Freiheiten bei mir herausnehmen kann, ohne Vergeltung von meinem Vater fürchten zu müssen?
    »Es ist nicht sicher, allein hier draußen zu sein, nicht mit all den Landsknechten, die wir hier postiert haben. Jeder von ihnen könnte sich anschleichen und sich herausgefordert fühlen, Euer unbeaufsichtigtes Alleinsein auszunutzen.« Er kommt noch einen Schritt näher.
    Weil ich vor ihm zurückweichen will, zwinge ich mich vorzutreten, bis nur eine Handbreit Luft zwischen uns ist. Ich schaue fest in seine Augen. »Denkt Ihr wirklich, irgendeiner der Männer wäre so töricht, den Zorn meines Vaters auf solche Weise zu riskieren? Ich glaube kaum, dass jemand den Wunsch hat, seine Eingeweide von den Burgmauern baumeln zu sehen.«
    Es folgt ein langer Moment des Schweigens, dann nickt de Lur schließlich. »Das ist wohlgesprochen, gnädiges Fräulein. Kommt, ich werde Euch zu Eurem gnädigen Herrn Vater begleiten.«
    Ein kaltes Rinnsal der Furcht durchsickert mich. »Hat mein gnädiger Herr Vater gesagt, was er von mir wünscht?« Ich hasse mich dafür, dass ich die Frage stelle, denn sie zeigt meine Schwäche, aber ich kann nicht anders. Es ist niemals klug, sich unvorbereitet in d’Albrets Höhle zu wagen.
    »Er hat mir seine Absichten nicht mitgeteilt, nein.«
    Aber er weiß Bescheid. Ich kann dieses Wissen in seinen Augen sehen, und er macht den Eindruck, als sei er voller Häme. Ich erinnere mich an den Befehl des Klosters, der in meiner Messerscheide verborgen ist, und gestatte mir ein kleines, heimliches Lächeln, als de Lur meinen Arm ergreift und wir uns aufmachen, zum Palast zurückzugehen.
    Der Weg zu d’Albrets Gemächern dauert eine Ewigkeit und lässt mich daran denken, wie sich ein Mann fühlen muss, der zum Galgen geht. Wie lange hat de Lur mich beobachtet, bevor er sich bemerkbar gemacht hat? Hat es für ihn so ausgesehen, als verscheuche ich lediglich eine Krähe oder füttere sie vielleicht? Oder hat er gesehen, dass ich eine Nachricht vom Bein des Tieres genommen habe?
    Und was ist mit d’Albret? Hat er irgendeinen Grund gefunden, mich mit der Flucht der Herzogin in Verbindung zu bringen? Ich war vorsichtig. Sehr, sehr vorsichtig. Ich muss weiter alles in meiner Macht Stehende tun, um ihn in Sicherheit zu wiegen, dass ich mich seinen Zielen verpflichtet fühle, sodass er nicht auf der Hut ist, wenn ich endlich in der Lage bin zu handeln. Um mich von diesen sorgenvollen Gedanken abzulenken, male ich mir all die Möglichkeiten aus, wie ich d’Albret töten könnte. Es wäre so befriedigend, mit einem Würgedraht das Leben aus seinem fetten Hals zu pressen. Oder seinen massigen, bleichen Bauch zu filetieren wie einen Fisch. Aber diese Methoden bergen Gefahr, denn sie machen es notwendig, dass ich nah an ihn herankomme, und er hat unheimlich viel Kraft und könnte mich möglicherweise überwältigen. Gift oder eine Armbrust wären das Sicherste.
    Viel zu schnell erreichen wir unser Ziel und Hauptmann de Lur kündigt mein Eintreffen an. Ich versuche, das wilde und sprunghafte Schlagen meines Herzens zu beruhigen, und trete erhobenen Hauptes in den Raum.

Sechs
    D’A LBRETS A

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