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Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Dark Village - Niemand ist ohne Schuld

Titel: Dark Village - Niemand ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Johnsen
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noch nie zuvor dagewesen ist. Nnnn … nnnn …
    Er bekommt Angst. Er öffnet den Mund, um zu schreien, aber dann fällt ihm ein, dass Katie gar nicht da ist. Sie hatte Bescheid gesagt, dass sie eine Weile weg sein würde. Es ist also Quatsch, nach ihr – oder der Mutter, zu rufen. Es ist schon lange sinnlos, nach der Mutter zu rufen.
    Vor ihm auf dem Tisch liegen einige Fußballbilder. Er hält das Sammelalbum in der Hand. Gerade hatte er es aufgeschlagen, um die neuen Karten einzusortieren. Eine der neuen Karten hat einen silberfarbenen Rand.
    Glitzerkarten. Auf die ist er besonders scharf. Und auch die Bilder von der roten Mannschaft. Katie hat gesagt, die ist gut. Liverpool heißt sie.
    Der Vater hält zu einer Mannschaft mit blauen Trikots, darum ist er für die Roten. Aber das darf er nicht laut sagen.
    Katie kauft ihm die Karten. Aber nicht so oft . Die sind teuer , sagt sie und wird manchmal richtig sauer, wenn er um neue bettelt. Glaubst du vielleicht, ich hätte zu viel Geld?
    Und er begreift das nicht ganz, sie ist doch groß und alle Großen haben Geld, oder? Aber er weiß genau, wann es besser ist, den Mund zu halten, und oft, ziemlich oft, bringt sie ihm dann ein paar Tage später ein oder zwei Päckchen mit. Hier , sagt sie. Aber jetzt ist erst mal Schluss. Und du zeigst sie niemandem, ver standen? Du darfst niemandem erzählen, dass du neue Karten bekommen hast .
    Er versteht nicht, was an neuen Karten so schlimm sein soll, aber er hört auf sie, vielleicht schenkt sie ihm dann später noch mehr Karten. Darum ist sein erster Gedanke, als er den Schatten sieht und das komische Geräusch hört, dass irgendjemand gekommen ist und seine Karten entdeckt hat. Aber er verwirft den Gedanken wieder.
    Nee , denkt er. Niemand außer ihm weiß so viel über Fußballkarten. Niemand wird auf einen Blick feststellen können, welche Karten neu sind. Er muss keine Angst haben, dass es rauskommt, er hat ja die Verpackung weggeworfen. Die Verpackung ist das Verräterische. Wenn die jemand sieht, ist klar, dass die Karten neu sind. Dann kriegt er Ärger. Aber die Verpackung liegt draußen im Mülleimer, ganz unten. Er muss keine Angst haben.
    Hat er aber. Denn der Schatten sieht so seltsam aus und das Geräusch sollte da auch nicht sein. Es ist neu, er hat es noch nie gehört.
    Er fängt an, die Karten ins Album zu stecken. Er beeilt sich und achtet nicht darauf, ob sie in der richtigen Plastikhülle landen. Sie müssen einfach nur ins Album, damit sie in Sicherheit sind.
    Als er fertig ist, rutscht er vorsichtig vom Küchenstuhl. Seine Zehen berühren den Boden, und mit dem einen Arm presst er das Album an die Brust, während er mit dem anderen am Tisch Halt sucht. Dann schleicht er zur Tür – ein Schritt, zwei Schritte, drei – und hält inne. Er kauert sich vor den Türspalt, bereit, jeden Moment loszulaufen. Es fühlt sich gefährlich an. So gefährlich!
    Der Schatten ist immer noch da. Grau und lang und merkwürdig. Aber jetzt bewegt er sich ein bisschen weniger, findet er. Und der Laut kommt auch nicht mehr so oft wie vorhin. Die Abstände werden größer. Nn … Nn …
    Das Geräusch hat sich verändert. Er hat ja schon viel Seltsames erlebt, aber es ist einfach unheimlich, hier zu stehen und nicht zu wissen, was das ist …
    Und am schlimmsten ist: Er muss da rein – durchs Wohnzimmer, vorbei am Schatten und dem komischen Geräusch, um zu seinem Zimmer kommen, das er mit seiner großen Schwester Katie teilt.
    Er hat keine Wahl. Es gibt nur einen Weg in die Sicherheit – und der führt durchs Wohnzimmer.

2
    „Es ist …“, der Ermittlungsleiter sah auf die Wanduhr, „… elf Uhr dreißig. Die Vernehmung wird nach der Mittagspause fortgeführt.“
    Es war eine alte Angewohnheit, die noch aus der Zeit stammte, als ihnen nur ein alter Kassettenrecorder zur Verfügung stand und man auf die Play- und Record-Tasten drücken musste, um die Aufnahme zu starten.
    Seine Angaben waren überflüssig. Die Kamera an der Wand hinter ihm hatte eine integrierte Uhr, die auf die Sekunde genau ging. Bei der Aufnahme der Vernehmung lief unten in der rechten Ecke eine digitale Zeitanzeige mit.
    Der Ermittlungsleiter wollte gerade die Anwesenden aufzählen – er, Kruse und der Verdächtige Wolff – ebenfalls eine alte Angewohnheit, bremste sich aber. Das würde hinterher albern wirken. Außerdem hatte er das schon am Morgen getan. Jeder Idiot konnte erkennen, dass dort immer noch dieselben müden Gestalten saßen.
    Er

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