Darken 3 - Der Angriff (German Edition)
diese Reise genießen mit allen Sinnen. Je offener sie war, desto mehr würde sie davon haben. Wenn irgendwo ein Feind lauerte, dann ganz sicher nicht draußen in der Natur, sondern in ihr, in ihrer unsterblichen Seele, die weiß Gott was erlebt hatte. Vielleicht war es gar nicht so dumm, dieser Seele ein wenig Abwechslung zu bieten.
Sirona schloss die Augen, holte tief Luft und erweiterte ihren Geist vorsichtig über die normalen Grenzen hinaus. Sie wollte ihren Körper nicht verlassen, sich nicht wie bei einer Geistreise zu Mabon in körperliche Gefahr bringen, nein, sie wollte hier umherschweifen, wollte das Leben um sich herum spüren, das mit einem geradezu erstaunlichen Lautpegel piepend, quakend, jaulend, raschelnd, schreiend überall auf sich aufmerksam machte. Unfassbar, dass Darken bei so einem Lärm noch schlafen konnte.
Langsam tastete sie sich in Gedanken vorwärts und genoss schon bald das wunderbare Freiheitsgefühl, das sich in ihr ausbreitete.
Darken lag noch ruhig neben ihr. Anders als bei den Geistreisen spürte sie ihren Körper ganz bewusst und würde still liegenbleiben, um ihn so lange schlafen zu lassen wie möglich. Sie würde nicht in seinen Geist eindringen.
Stattdessen ließ sie ihren fliegen, erkundete ausgiebig und staunend die Umgebung und hatte das Gefühl, als wäre sie mit einem Mal vollkommen frei und unverwundbar.
Als Darken neben ihr erwachte, war er wie erwartet sehr besorgt.
„Alles ist gut“, versicherte sie, „ich fühle mich wunderbar. Komm, lass uns den Tag genießen. Zeige mir, was du an Überraschungen für uns vorbereitet hast.“
„Die erste nennt man Frühstück“, schmunzelte Darken und reichte ihr das Brot und etwas von dem aufgefangenen Wasser, das köstlich weich schmeckte. Dann half er ihr vom Baum herunter, packte alles zusammen, verteilte die Last auf ihre beiden Rucksäcke und sie liefen weiter in Richtung der Wasserfälle. Plötzlich blieb Darken stehen und hielt Sirona am Arm fest.
„Was ist?“, fragte sie. Vor ihr versperrte ein herunterhängender Ast ihren Weg. Plötzlich sah Sirona aus einer völlig fremden Perspektive. Leichter Schwindel erfasste sie, bis sie begriff, dass sie durch Darkens Augen sah. Wie war das möglich?
Der baumelnde Ast schwang ganz sacht, er war nicht starr, wie im ersten Moment vermutet. Dann entdeckte sie den Kopf an seinem Ende. Der vermeintliche Ast war eine riesige Schlange. Darken griff hinter sich und holte ein Röhrchen heraus, füllte es mit einem Pfeil.
„Ist die giftig?“
„Nein, es ist eine Boa Constrictor, eine sogenannte Abgottschlange. Sie ist nicht giftig, kann aber ziemlich hart zupacken.“ Er holte tief Luft und schoss den Pfeil mit dem Blasrohr ab, dabei traf er die Schlange direkt hinter dem Kopf. Sie schwankte und fiel dann zu Boden. Sirona wollte sofort furchtlos auf sie zu gehen.
Darken hielt sie zurück. „Nicht so schnell, sie besteht fast nur aus Muskeln, das Betäubungsmittel braucht eine kurze Zeit und hält auch nicht lange an. Es könnte sein, dass sie sich in ihren letzten Zuckungen noch auf dich wirft.“
Sirona machte sofort zwei Schritte zurück, ging dann aber in die Hocke, um sie besser betrachten zu können.
Darken schob sich an ihr vorbei und schlug der Boa mit einem gezielten Schlag den Kopf ab. Sirona erschrak. „Was machst du denn da?! Sie hätte uns doch nichts mehr getan!“
„Sie ist lecker und groß genug, uns die nächsten Tage zu ernähren, magst du etwa kein gegrilltes Schlangenfleisch?“
Sirona hob den abgeschlagenen Kopf der Schlange auf und sah ihn sich aus der Nähe an. „Sie hat ganz normale Zähne, ich dachte, die hätten auch irgendwie so eine Art leeren Giftzahn.“ Dann versuchte sie das Maul zu dehnen, was ihr aber nicht gelang.
Darken häutete die Schlange und weidete sie aus. „Die hiesigen Indianer glauben übrigens, dass die Boa Constrictor Frauen im Maniokfeld schwängert, um eine Schlangenbrut zu zeugen. Stirbt eine Wöchnerin, wird das auf eine solche Vergewaltigung zurückgeführt. Pass also schön auf, dass du nicht zu frech wirst und ich dich nachher nicht in ein Maniokfeld setze.“
Er wickelte vier große Stücke Fleisch in ein Wachstuch und dann in einen Lederbeutel, den er sich auf den Rücken band. „Kannst du mal nachsehen? Du hast in deinem Rucksack Reinigungstücher, ich will nicht unser Wasser verschwenden.“
Sie zog ein Paket aus dem Rucksack und daraus die Tücher für ihn. Unblutig mochte sie ihn wesentlich lieber bei
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