Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Konzentrationshilfe.
Der Auslöser befand sich in der ersten Ebene, in der hellsten Blautönung. Wie in den vielen Stunden, in denen er an den Schirmen gearbeitet hatte, hundertfach geübt, ließ Coryn seinen Blick unscharf werden und dann verschwimmen. Er stellte sich vor, er treibe einen Fluss hinab. An einigen Stellen funkelte das Sonnenlicht auf der Wasseroberfläche, andere lagen im Schatten verborgen.
Licht… sammle das Licht…
Seine Hände bewegten sich über das Tablett mit den Werkzeugen, seine Fingerkuppen glitten tastend über die verschiedenen Formen.
WAS MACHST DU DA? Die Worte wurden in seinem Kopf von einer Stimme geflüstert, die eigentlich seine war, zugleich aber auch nicht.
Was ich hier mache?, fragte er sich einen Augenblick lang verdutzt. Sein Blick klarte so weit auf, dass er das Werkzeug erkennen konnte, das er über den glitzernden Schirm hielt.
Ich entschärfe… Ich entschärfe… den Auslöser…
VON WELCHER WAFFE? Die Stäubchen aus Sonnenlicht blitzten heiß und weiß auf, blendeten ihn. Er riss eine Hand hoch, um die Augen abzuschirmen. Die Bewegung löste gleißende Kaskaden in alle Richtungen aus. Sie umkreisten ihn, so dass er im Zentrum eines leuchtenden Rings stand. Der Ring summte vor eigener Energie, ein Summen, das in seinem Körper nachhallte.
Undeutlich spürte er das Krachen und Klirren von Stahl. Funken flogen, als Schilde sich einem Schwarm psychischer Pfeile entgegenreckten. Coryns Körper spannte sich an und entspannte sich wieder, als der tödliche Hagel abgewehrt war.
Vor seinen blicklosen Augen nahmen seine Hände ein anderes Werkzeug auf. Er umrundete die Schirme, bewegte sich durch ihre Funken versprühenden Farben wie ein Fisch in dem Fluss, den er sich vorgestellt hatte.
Dunkelblau… dunkel und noch dunkler… das war es, was er suchte. Ja, da war sie! Die dritte Ebene, so eingestellt, dass sie von außen hereinkommende Laran-Energie umleitete. Das Werkzeug unterbrach die Energonen-Verbindungen. Ein Strang nach dem anderen wurde durchtrennt und fiel herab.
Schließlich war es vollbracht.
Coryn blickte auf die großen Matrix-Schirme hinab und wusste zunächst nicht, wie er dorthin gelangt war. In einer Hand hielt er ein längliches Metallwerkzeug, von dem er nicht wusste, dass er es aufgehoben hatte. Ein leises Zittern vibrierte in seinem Kinn und in den Unterarmen. Er massierte die Muskeln und spürte, dass sie zum Zerreißen gespannt waren.
Aber er hatte keine Zeit, sich auszuruhen. Tramontana konnte jeden Augenblick zum nächsten Angriff übergehen. Bernardo erwartete ihn im Kreis zurück. Seine Aufgabe hier hatte er erfüllt, er durfte sich nur noch so lange im Labor aufhalten, bis er das Werkzeug wieder auf seine Konsole zurückgelegt hatte.
Schon auf dem Weg die Treppe hinauf spürte Coryn die Unruhe in der Überwelt, wo die anderen seiner Rückkehr harrten. Kaum hatte er den Fuß auf den Absatz zwischen den beiden Treppenfluchten neben den hohen, schmalen Fenstern gestellt, blitzte ein grelles Leuchten am Himmel auf. Der Duft von Ozon und der unverkennbare Geruch von Haftfeuer breitete sich aus. Eine jähe Erschütterung hätte ihn fast von den Füßen gerissen.
Unwillkürlich griff seine Hand nach dem Sternenstein an der Kette um seinen Hals, und er konzentrierte seine Gedanken auf das, was sich oberhalb des Laborraums abspielte. Er fand den Kreis noch intakt vor, doch gab es keine Möglichkeit, sich wieder einzugliedern. Sie hatten eine undurchdringliche Bindung geschaffen, eine ungebrochene Sphäre der Macht. Um ihn aufzunehmen, hätten sie ihre Konzentration schwächen und das Muster neu konfigurieren müssen. Es wäre in etwa dem Öffnen eines Fensters gleichgekommen, und diesen Augenblick der Schwäche hätte Rumail mit Sicherheit ausgenutzt. Coryn musste warten, bis die Schlacht wieder ein wenig nachließ, falls das überhaupt noch geschehen sollte. Er sah zu, wie Blitze aus purer mentaler Energie auf sie herniederprasselten.
Im flachen grauen Himmel der Überwelt explodierten gleißend schimmernde Muster mit regenbogenfarbenen Rändern und verblassten wieder in der Dunkelheit. Die Steine der geistigen Projektion des Turms von Neskaya erbebten unter dem Anschlag.
Vage spürte Coryn, wie der echte Turm unter den Energiestößen zitterte, als wäre er ein lebendiges Wesen.
Haltet durch! Er übermittelte den Gedanken seinem eigenen Kreis. Es war eher unwahrscheinlich, dass er zu ihnen durchdrang, dass sein Bewahrer in der Lage war,
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