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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Hölle-ist denn los?« kam es über seine vor Froststarre fast unbeweglichen Lippen.
    »Haargenau das, Mr. Cameron«, entgegnete der Mann. »Die Hölle ist los.«
    Als sie an St.-Mary-le-Strand vorbeiliefen, blickte sich Loyer, noch vorn an der Spitze, flüchtig um - und strauchelte. Joel, gute drei Meter hinter ihm, wußte gleich, daß der Mann aufgab. Und das so schnell; irgend etwas stimmte da nicht. Er verlangsamte sein Tempo, ließ McCloud und Voight an sich vorbei. Keine große Eile.
    Kinderman lag ganz schön weit hinten, außerstande, mit diesen schnellen Jungs Schritt zu halten. Er blieb garantiert das Schlußlicht in diesem Rennen. Loyer wurde von McCloud überholt, dann von Voight und schließlich von Jones und Kinderman. Plötzlich war ihm die Luft weggeblieben, und die Beine wurden ihm schwer wie Blei.
    Schlimmer noch, er sah den Straßenbelag unter seinen Schuhen aufbrechen, in quietschenden, knarrenden Rissen, und Finger, wie grausam-lieblose Kinder, aus der Erde herauf und hinaus tasten, nach ihm, um ihn anzufassen. Anscheinend sah sie sonst niemand. Die Menschenmassen röhrten einfach weiter, während diese geisterhaften Hände aus ihren Asphaltgräbern hervorbrachen und sich unentrinnbar Macht über ihn verschafften. Er stürzte nieder in ihre Totenarme, leergepumpt, seine Jugend zerknickt und seine Kraft verbraucht. Die wißbegierigen Finger der Toten zupften, zerrten weiter an ihm, lange nachdem die Ärzte ihn von der Strecke weggebracht, untersucht und ruhiggestellt hatten.
    Natürlich kannte er den Grund, als er dalag auf dem heißen Asphalt, und sie ihn nach Herzenslust durchstöberten und durchstocherten. Er hatte zurückgeschaut. Das war’s, was sie zum Auftauchen gebracht hatte. Er hatte zurückgeschaut…
    »Und nach Loyers aufsehenerregendem Zusammenbruch zieht sich das Feld weit auseinander, Frank Flash McCloud bestimmt jetzt das Tempo, und er setzt sich wirklich blitzschnell ab von unserm Neuling, Voight. Joel Jones liegt sogar noch weiter zurück, er scheint überhaupt nicht mit der Spitze mitzuhalten. Was sagst du, Jim?«
    »Also, entweder ist er schon leergepowert, oder er setzt alles auf eine Karte: daß ihnen schon rechtzeitig die Puste ausgeht. Wohlgemerkt, die Distanz ist neu für ihn -«
    »Ja, Jim -«
    »Und das macht ihn womöglich leichtsinnig. Er darf sich ganz schon ins Zeug legen, wenn er seine jetzige Position auf dem dritten Platt verbessern will.«
    Joel fühlte sich schwindlig. Einen Moment lang, als er mit angesehen hatte, wie Loyer die Kontrolle über das Rennen zu verlieren begann, hatte er den Mann lauthals beten hören. Zu Gott beten, um Rettung.
    Er als einziger hatte die Worte gehört -
    »Und ob ich schon wandert im finstern Talfürchte ich kein Unglück Denn du bist bei mir Dein Stecken und Stab -« Die Sonne war jetzt heißer, und Joel spürte allmählich die wohlbekannten Stimmen seiner ermüdenden Glieder. Laufen auf Asphalt setzte den Füßen, setzte den Gelenken hart zu. Nicht daß das einen Mann dazu brachte, sich ins Beten zu flüchten. Er versuchte, loyers Verzweiflung aus seinen Gedanken zu verdrängen und sich auf die vorliegende Angelegenheit zu konzentrieren.
    Es war noch ganz schön viel zu laufen, die Strecke war nicht einmal zur Hälfte geschafft. Jede Menge Zeit, um die Helden einzuholen, jede Menge Zeit.
    Beim Laufen sann sein Hirn flüchtig den Gebeten nach, die ihm sein«
    Mutter für den Fall, daß er eins brauchen sollte, beigebracht hatte, Aber die Jahre hatten sie unterwühlt, ausgewaschen: Sie waren fast verschwunden.
    »Mein Name«, sagte der Ziegenbemantelte, »ist Gregory Burgess.
    Mitglied des Unterhauses. Sie dürften mich kaum kennen. Agiere bevorzugt hinter den Kulissen.«
    »Unterhausmitglied?« sagte Cameron.
    »Ja. Unabhängig. Ausgesprochen unabhängig.«
    »Ist das da Voights Bruder?«
    Burgess sah flüchtig Voights zweites Ich an. Der Mann zitterte nicht einmal in der bitteren Kälte, ungeachtet der Tatsache, daß er nur ein dünnes Turnhemd und eine Sporthose anhatte.
    »Bruder?« sagte Burgess. »Nein, nein. Er ist mein - wie heißt es?
    Spiritus familiaris.«
    Die Bezeichnung ließ irgend etwas anklingen, aber Cameron war nicht sehr belesen. Was war ein Spiritus familiaris?
    »Zeig’s ihm«, sagte Burgess großmütig.
    Durchbebt, durchschüttelt wurde Voights Gesicht: Die Haut schien Zu schrumpfen, die Lippen rollten sich ein, kräuselten über die Zähne zurück, die Zähne zerschmolzen zu weißem Wachs, und dies

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