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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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ein Wohltätigkeits-Rennen. Welchen Eindruck hast du, Jim?«
    »Also, Mike, soweit ich sehe, ist die Strecke die ganze Fleet Street entlang eingesäumt von Menschenmassen. Und die Polizei hat mich gebeten, den Leuten zu sagen, sie sollten doch bitte nicht versuchen mit dem Wagen ins Zentrum zu fahren, um sich das Rennen anzusehen, weil hier natürlich alle Straßen für die Veranstaltung abgesperrt sind. Hat also wirklich keinen Sinn zu fahren: Man kommt nirgends durch.«
    »Wer liegt im Augenblick in Führung?«
    »Also, effektiv ist Nick Loyer der Schrittmacher in der gegenwärtigen Phase, obwohl wir natürlich sehr gut wissen, daß über diese Art Distanz jede Menge rein taktisches Laufen zu erwarten ist. Sie ist länger als eine mittlere Distanz, und sie ist kürzer als die Marathonstrecke, aber diese Männer sind alles Taktiker, und jeder von ihnen wird in den frühen Phasen versuchen, den ändern das Rennen machen zu lassen.«
    Cameron sagte immer: Laß die ändern den Helden spielen.
    Diese Lektion erlernte man nur mühsam, zu dem Ergebnis war Joel gekommen. Nach dem Startschuß fiel es schwer, nicht gleich alles aufs Spiel zu setzen, wie eine zusammengedrückte Feder schlagartig loszuschnellen. Alles beim Teufel nach den ersten zweihundert Metern, und nichts mehr in Reserve.
    Den Helden spielen ist leicht, sagte Cameron gewöhnlich. Aber nicht intelligent, überhaupt nicht intelligent. Verschwende deine Zeit nicht mit Schau-Abziehen, gönn den Supermännern ihren großen Augenblick. Bleib dran am Hauptfeld, aber halt dich ein bißchen zurück.
    Besser, auf der Ziellinie bejubelt werden, weil du gewonnen hast, als dich einen guten Verlierer heißen zu lassen.
    Gewinnen. Gewinnen. Gewinnen.
    Um jeden Preis. Um fast jeden Preis.
    Gewinnen.
    Mit einem Mann, der nicht gewinnen will, hab’ ich nichts zu schaffen, pflegte er zu sagen. Wenn du es aus Liebe tun willst, aus Sport und Spaß, dann mit jemand anderem. Nur Elitebubis glauben diesen bekackten Käse von der reinen Freude am geregelten Spiel. Verlierer kennen keine Freude, Junge. Was sag’ ich?
    Verlierer kennen keine Freude.
    Sei knallhart. Spiel nach den Regeln, aber nutz sie aus bis zum Äußersten. Schmeiß dich nach vorn, brutal nach vorn, so weit du kannst. Laß dir von keinem Scheißer was andres erzählen. Du bist hier, um zu gewinnen. Was sag’ ich?
    Gewinnen.
    In der Paternoster Row war das Jubelgeschrei gedämpft, und die Schatten der Gebäude sperrten die Sonne aus. Es war beinahe kalt.
    Oben kreuzten noch immer die Tauben, außerstande, sich niederzulassen, jetzt, da man sie von ihrem Ruheplatz aufgescheucht hatte. Sie waren die einzigen Bewohner der abgelegeneren Straßen. Die restliche Welt der Lebenden, so schien es, sah bei diesem Rennen zu.
    Cameron schloß sein Rad auf, steckte Kette und Vorhängeschlösser ein und schwang sich auf den Sattel. Ganz schön gesund für einen Fünfzigjährigen, dachte er, einmal abgesehen von der großen Schwäche für billige Zigarren. Er drehte das Radio an. Der Empfang war schlecht, von den Gebäuden vermauert; nur Geknister und Geknatter. Das Fahrrad zwischen den Beinen, stand er da und versuchte, den Sender besser einzustellen. Ein bißchen half es.
    »— und Nick Loyer ist bereits zurückgefallen —«
    Das ging aber schnell. Ja, Loyer war über sein bestes Alter an die zwei,
    drei Jahre hinaus. War an der Zeit, die Spikes hinzuwerfen und die jüngeren Männer ans Ruder zu lassen. Ihm war auch nichts andres übriggeblieben, obwohl es bei Gott weh getan hatte. Cameron erinnerte sich genau, wie ihm mit dreiunddreißig zumute war, als er feststellen mußte, daß seine besten Jahre als Läufer vorbei waren. Es war, als stünde man schon mit einem Fuß im Grabe; rechtzeitig wurde man daran erinnert, wie schnell der Körper erblüht, wie schnell er zu welken beginnt.
    Als er aus den Schatten in eine sonnigere Straße hinausradelte, segelte ein schwarzer Mercedes, mit Chauffeur am Steuer, vorbei, so leise, daß er windgetrieben hätte sein können. Cameron bekam die Insassen nur flüchtig zu Gesicht. In einem erkannte er den Mann wieder, mit dem Voight vor dem Rennen geredet hatte, einen magergesichtigen Typ um die die Vierzig, den Mund derart verkniffen, als hätte man ihm die Lippen wegoperiert.
    Voight saß neben ihm.
    So unmöglich es schien - es war Voights Gesicht, das ihn da durch die getönten Wagenfenster mit den Augen streifte; sogar sein Laufdress hatte er an.
    Cameron gefiel der Anblick ganz und

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