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Das 2. Gesicht

Das 2. Gesicht

Titel: Das 2. Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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Dampframme, in meinem Mund sammelte sich schon wieder der Speichel, mein Magen bereitete sich darauf vor, auch noch den Rest der galligen grünen Flüssigkeit von sich zu geben. Ich öffnete die Tür zum Gefrierschrank.

George
    Ich kniff die Augen zusammen, weil ich Angst vor dem hatte, was ich da sehen würde. Und dann – spürte ich den Luftzug. Die eiskalte Luft aus dem Gefrierschrank ließ mich erschaudern, ich blinzelte, schaute in Richtung Tür und dann schrie ich und schrie und schrie.
    Das Entsetzen, die Panik, die Angst, es gibt keine Worte für das, was ich sah, namenloses Entsetzen war wohl das Wort, das Thrillerautoren in diesem Moment benutzen. Ich starrte mit schreckgeweiteten Augen in das Gesicht meines Mannes.
    George stand in der geöffneten Eingangstür und legte die Hand auf die Lippen. Er kam auf mich zu, ich schrie.
    „Julia, was machst du hier?“, fragte er und ich hörte trotz meiner eigenen Panik das Entsetzen in seiner Stimme.
    „Du Mörder, du verdammter Mörder“, schrie ich und hielt die stählerne Tür des Gefrierschrankes schützend gegen meine Brust gedrückt.
    „Verdammt, Julia, weg hier, los, ganz schnell, komm weg hier“, rief er und kam auf mich zu.
    „Du hast sie umgebracht, du hast sie alle wirklich umgebracht, du Schwein …“, schluchzte ich, ohne die Deckung der Gefrierschranktür zu verlassen.
    Langsam kam George näher. Er streckte die Hand nach mir aus, ich klammerte mich an die Tür des Gefrierschrankes, um nicht umzufallen.
    „Bleib, wo du bist, du Monster!“, schrie ich.
    „Julia, komm, Engelchen, lass den Schrank los, komm, gib mir deine Hand …“
    Er kam näher auf mich zu, es waren nur noch zwei Meter, die uns trennten, er war bereits an der Seite des Tresens. Mit der linken Hand zog ich die Tür des Gefrierschrankes weiter an mich heran, mit der Rechten griff ich nach dem schwarzen Ding, das ich neben in Plastik eingeschweißtem Fleisch entdeckt hatte. Als George gerade seine Hand nach mir ausstreckte und mich an der Schulter berührte, wirbelte ich herum, während ich den Abzug des Revolvers durchzog und schoss. Ich schoss und schoss. Ich schoss so lange, bis es nicht mehr ging, ich machte ihn tot, diesen Serienkiller, dieses kranke Miststück, ich schoss ihm in den Bauch und in die Brust oder sonst wohin, ich machte die Augen dabei zu und zog den Hahn immer wieder durch, bis keine Patrone mehr im Magazin war. Ich wollte ganz sicher gehen, dass dieses Monster tot war.
    „Julia!“, hatte er geschrien. „Bist du verrückt, Julia, hör auf, Julia, ich liebe dich!“ Das waren seine letzten Worte. Keine Entschuldigung, keine Erklärung. Die konnte er sich sowieso sparen. Er war tot, tot, tot. Jetzt endlich war Ruhe.
    Ich sackte neben ihm zusammen. Ich war wie paralysiert, schaute auf das Blut, das aus seinen Schusswunden sickerte.
    Julia Schlegel, du hast soeben deinen Mann erschossen. Es war wie immer, ich schien mich von einer Wolke zu beobachten, da oben schwebte ich und beobachtete mich ganz kühl, wie ich hier unten saß und zitterte wie Lindenblätter kurz vor einem Gewitter. Die Julia da oben auf ihrer Wolke, die über mir schwebte, fühlte, wie eine seltsame Ruhe sich in ihr ausbreitete. Alles war jetzt gut. Nein, es war nicht alles gut. Natürlich war nicht alles gut.
    Wo war Sandra? Ich rappelte mich auf und rutschte auf dem Blut aus, das aus meinem Mann sickerte. Ich musste Sandra finden. Ich musste die Polizei rufen. Genau, jetzt, so schnell wie möglich. Wo war meine Handtasche? Ich hatte sie inklusive Funktelefon im Auto gelassen. Egal, es würde hier ja wohl ein Telefon geben. Ich schaute mich immer noch liegend im Wohnzimmer um. Hier war nirgends ein Telefon. In Georges Arbeitszimmer? Ich versuchte mich mit den Händen nach oben zu stemmen. Ich hörte George stöhnen. War er etwa immer noch nicht tot?
    Er schien mir irgendetwas sagen zu wollen. Aber was? Ich schaute in die Augen, die schon glasig waren. Er formte mit den Lippen ein Wort. Ich beugte mich zu ihm runter.
    „Lauf, Julia, lauf weg!“
    War es das, was er mir sagen wollte? Ich sollte weglaufen? Oh nein, ich würde hier bleiben und der Polizei zeigen, was für eine verfluchte Schweinerei er angerichtet hatte. Ich würde nicht weglaufen.
    „Poli…“ Er hatte das Bewusstsein verloren.
    Und dann kam ich auf die Idee. Er würde doch bestimmt nicht ohne sein iPhone aus dem Haus gegangen sein. Wahrscheinlich war es noch in seiner Brusttasche. Ich versuchte ihn ein wenig zu

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