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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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auf sein leeres Glas.
    Ron machte keine Anstalten mehr, nachzuschenken.
    »Also dann«, sagte Gissing, »muß schaun, daß ich zurück in die Stadt komm’. Mein’ Bericht vorlegen.« Er schwankte zur Tür und überließ Milton die Rechnung.
    Rohkopf sah zu, wie Gissings Wagen aus dem Dorf heraus und die Straße nach Norden entlangkroch, wobei die Scheinwerfer herzlich wenig Eindruck auf die Nacht machten. Allerdings irritierte Rohkopf der Lärm des Motors, als dieser sich übertourig den Hügel hinter der Nicholson-Farm hinaufquälte. Er brüllte und hustete wie kein einziges der Tiere, denen er bisher begegnet wa r, und irgendwie hatte ihn der Homo sapiens unter Kontrolle. Wenn das Königreich den Thronräubern wieder entrissen werden sollte, mußte er früher oder später eines dieser Tiere bezwingen. Rohkopf schluckte seine Angst hinunter und bereitete sich auf die Konfrontation vor.
    Der Mond ließ sich Zähne wachsen.
    Hinten im Wagen war Stanley verflucht nah am Einschlafen und träumte von kleinen Mädchen. Diese bezaubernden Nymphchen kletterten in seinen Träumen auf ihrem Weg ins Bett eine Leiter hoch, und er stand n eben der Leiter Wache und schaute ihnen beim Klettern zu, bekam flüchtig ihre leicht angeschmuddelten Schlüpfer zu sehen, während sie in den Himmel hinein entschwanden. Es war ein wohlvertrauter Traum, ein Traum, zu dem er nie jemandem Zutritt gewährt hätte, selbst in betrunkenem Zustand nicht. Nicht daß er sich wirklich schämte; er wußte nur zu gut, daß viele seiner Kollegen an haargenau so ausgefallenen kleinen Schweinereien ihren Spaß hatten und daß davon manche um einiges unappetitlicher waren als seine. Aber er hütete sie wie einen Besitz. Es war sein ganz spezieller Traum, und er hatte nicht vor, ihn mit irgend jemandem zu teilen.
    Auf dem Fahrersitz wartete der junge Officer, der Gissing nun schon seit fast sechs Monaten herumchauffierte, d arauf, daß der Alte wirklich und wahrhaftig einschlief. Dann und nur dann konnte er es riskieren, das Radio einzuschalten, um den neuesten Stand der Kricketergebnisse mitzubekommen. Australien lag ganz schön weit hinten im internationalen Vergleichskampf. Daß sie im letzten Augenblick noch aufholen würden, schien ziemlich aussichtslos. Mann, das ist ein Beruf, dachte er unterm Fahren. Dagegen ist diese Routinearbeit ein alter Hut.
    Und so, in ihre Träumereien versunken, Fahrer wie Passagier, erblickte keiner von beiden Rohkopf. Er pirschte sich jetzt an das Fahrzeug heran, sein Gigantengang hielt mühelos Schritt mit ihm, während es die kurvenreiche, unbeleuchtete Straße entlangsteuerte.
    Mit einem Mal loderte seine Wut auf, und brüllend vertauschte er das Feld mit dem Asphalt.
    Der Fahrer riß das Steuer herum, um der ungeheuren Gestalt auszuweichen, die ins brennende Scheinwerferlicht hüpfte, wobei ihr Mund ein Geheul ausstieß wie eine Meute tollwütiger Hunde.
    Der Wagen kam auf dem nassen Boden ins Schleudern und streifte dabei mit dem linken Kotflügel die Büsche, die an der Straßenseite entlangliefen. Ein Ästegewirr peitschte die Windschutzscheibe, während er dahinraste. Auf dem Rücksitz fiel Gissing von der Leiter, die er eben noch hochkletterte, gerade als der Wagen seine Heckentour beendete und mit einem Eisentor zusammenstieß. Gissing wurde gegen den Vordersitz geschleudert, außer Atem, aber unverletzt. In nur zwei Sekunden beförderte der Aufprall den Fahrer über das Lenkrad und durch das Fenster. Seine Füße, jetzt in Gissings Gesicht, zuckten.
    Von der Straße aus sah Rohkopf dem Tod der Metallkiste zu.
    Ihre gemarterte Stimme, das Geheul ihrer verrenkten Flanke, das Zerspringen ihres Gesichts versetzten ihn in Schrecken.
    Aber sie war tot.
    Vorsichtig wartete er noch ein bißchen, ehe er auf der Straße vorrückte, um den zerdrückten Körper zu beschnüffeln. Ein aromatischer Geruch lag in der Luft, der stechend in seine Nebenhöhlen drang, und die Ursache davon, das Blut der Kiste, tröpfelte aus ihrem zerbrochenen Rumpf und lief die Straße hinunter davon. Nunmehr sicher, daß sie erledigt sein mußte, näherte er sich.
    In der Kiste war jemand am Leben. Nichts von dem süßen Kinderfleisch, das er so sehr genoß, bloß zähes Männchenfleisch. Ein ulkiges Gesicht guckte ihn da an. Runde, verstörte Augen. Sein alberner Mund öffnete und schloß sich wie der eines Fischs. Er versetzte der Kiste einen Fußtritt, um sie aufzubekommen, und als das nichts bewirkte, riß er mit einem Ruck die Türen weg.

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