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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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die Treppe zu dem im Dunkel liegenden Sexshop hinunterstieg, hörte er draußen auf der Straße Leute sich verabschieden, daran anschließend das Zuschlagen von Autotüren und die kraftvoll summende Abfahrt kostspieliger Wagen. Ein netter Abend unter guten Freunden, was konnte einer denn mehr verlangen?
    Am unteren Treppenabsatz blieb er einen Moment lang stehen. Die blinkende Reklamebeleuchtung auf der Straßenseite gegenüber erhellte den Sexshop immerhin soweit, daß er die Reihen der Magazine ausmachen konnte. Ihre Hochglanztitelseiten glitzerten; silikonverstärkte Brüste und durchgewalkte Hintern quollen aus den Fotos hervor wie überreifes Obst.
    Wimperntusche-triefende Gesichter reckten sich ihm mit aufgeworfenen Lippen entgegen, stellten jegliche einsame Befriedigung in Aussicht, die Papier versprechen kann. Aber ihn ließ das kalt. Die Zeiten waren seit langem vorbei, in denen er irgend etwas von dem Zeug interessant gefunden h atte. Es war einfach Geld für ihn, und er wurde weder angeekelt noch erregt davon. Er war schließlich ein glücklich verheirateter Mann, mit einer Frau, deren Einbildungskraft kaum über Seite zwei im
    »Kamasutra« hinausreichte, und deren Kinder ordentlich versohlt wurden, wenn sie auch nur ein fragwürdiges Wort in den Mund nahmen.
    In der Ecke des Ladens, wo das Fesselungs- und Sado-Maso-Material ausgebreitet war, erhob sich etwas vom Boden. Es fiel Maguire schwer, sich in dem intermittierenden Licht darauf zu konzentrieren. Rot, blau. Rot, blau. Aber Norton war es nicht, und auch keiner von den Perlguts.
    Es war jedoch ein ihm bekanntes Gesicht, das ihn da vor dem Hintergrund von »Gefesselt-und-vergewaltigt«-Pornos anlä chelte. Und jetzt sah er: Es war Glass, so klar wie der helle Tag, und trotz der bunten Beleuchtung weiß wie ein Blatt Papier.
    Er versuchte nicht, logisch zu ergründen, wie ein Toter ihn anstarren konnte. Er ließ bloß Mantel und Unterkiefer fallen und rannte los.
    Die Tür war abgeschlossen, und der Schlüssel zu ihr war einer von zwei Dutzend an seinem Ring. Du lieber Heiland, warum hatte er so viele Schlüssel ? Schlüssel zum Lagerhaus, Schlüssel zum Gewächshaus, Schlüssel zum Hurenhaus. Und nur dies zuckende Licht, um den richtigen herauszufinden. Rot, blau.
    Rot, blau.
    Er fingerte unter den Schlüsseln herum, und dank irgendeines magischen Zufalls paßte der erste, den er probierte, mühelos ins Schloß und drehte sich wie ein Finger in heißem Fett. Die Tür war auf, die Straße lag vor ihm.
    Aber Glass segelte lautlos hinter ihm heran, und ehe Maguire über die Schwelle treten konnte, flog ihm etwas ums Gesicht, irgendeine Art Tuch. Es roch nach Krankenhaus, nach Äther oder Desinfektionsmittel oder beidem. Maguire wollte aufschreien, aber eine Tuchfaust wurde ihm in den Rachen hinuntergestoßen. Er würgte an ihr, der Brechreflex versetzte seinen Organismus in Aufruhr. Als Reaktion darauf wurde der Griff des Attentäters nur noch fester.
    Auf der Straßenseite gegenüber beobachtete ein Mädchen, das Maguire nur als Natalie kannte (Model sucht interessante Stellung bei strengem Zuchtmeister), den Kampf im Ladeneingang mit einem drogenbenebelten Ausdruck in ihrem stumpfsinnigen Gesicht. Mord war ihr ein- oder zweimal untergekommen, Vergewaltigung war ihr haufenweise untergekommen, und sie hatte nicht vor, sich in die Sache mit reinziehen zu lassen. Außerdem war es spät, und die Innenseiten ihrer Schenkel taten ihr weh. Gleichgültig entfernte sie sich die rosa erleuchtete Passage entlang und ließ die Ge walt ihren Lauf nehmen. Maguire merkte sich in Gedanken vor, das Gesicht des Mädchens an einem der nächsten Tage in Stücke schneiden zu lassen. Falls er überlebte, was von Sekunde zu Sekunde weniger wahrscheinlich schien. Das Rot, Blau, Rot, Blau war jetzt unbestimmbar, da sein luftloses Hirn farbenblind wurde, und obwohl er anscheinend den Möchtegern -Attentäter richtig zu fassen bekam, schien sich der Halt zu verflüchtigen: Tuch, leeres Tuch blieb zurück, das ihm wie Seide durch die schwitzenden Hände glitt.
    Dann redete jemand. Nicht hinter ihm, es war nicht die Stimme seines Attentäters, sondern vor ihm. Zehn Meter weiter auf der Straße. Norton. Es war Norton. Er war aus irgendeinem Grund zurückgekommen, Gott lohn’ es ihm, und er stieg gerade aus seinem Wagen und rief Maguire beim Namen.
    Der Würgegriff des Attentäters löste sich abrupt, und die Schwerkraft bemächtigte sich Maguires. Er stürzte, die kreiselnde Welt

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