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Das 5. Buch des Blutes - 5

Das 5. Buch des Blutes - 5

Titel: Das 5. Buch des Blutes - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Klein. Ich bin eine erwachsene Frau…«
    »Mr. Gomm…«
    »Er sagte, er sei Professor.«
    »Wieder eine Wahnidee. Mr. Gomm ist ein paranoider Schizophrener. Er kann äußerst gefährlich werden, wenn er nur halbwegs Gelegenheit dazu hat. Sie haben ziemliches Glück gehabt.«
    »Und die anderen?«
    »Anderen?«
    »Er ist nicht allein. Ich hab’ sie gehört. Sind das alles Schizophrene?«
    Klein seufzte. »Sie sind alle geistesgestört, wenn auch in unterschiedlichen Stadien. Und davor waren sie alle Mörder, so unwahrscheinlich das auch klingen mag.« Er hielt inne, um
    diese Information auf Vanessa wirken zu lassen. »Manche von ihnen mehrfache Mörder. Deshalb werden sie an diesem für sie reservierten Ort versteckt gehalten. Deshalb sind die Beamten bewaffnet …«
    Vanessa öffnete den Mund, um zu fragen, weshalb sie gezwungen waren, sich als Nonnen zu verkleiden, aber Klein war nicht gewillt, ihr Gelegenheit dazu zu geben.
    »Glauben Sie mir. Hier sein zu müssen ist für mich nicht weniger lästig als für Sie ärgerlich«, sagte er.
    »Dann lassen Sie mich gehen.«
    »Wenn meine Nachforschungen abgeschlossen sind«, sagte er. »In der Zwischenzeit käme uns Ihre geschätzte Mitarbeit sehr gelegen. Falls Mr. Gomm oder einer der anderen Patienten versucht, Sie in irgendeinen Plan einzuweihen, dann melden Sie mir das bitte augenblicklich. Werden Sie das tun?«
    »Ich schätze schon…«
    »Und bitte unterlassen Sie jeden weiteren Fluchtversuch.
    Das nächste Mal könnte es tödlich ausgehen.«
    »Ich wollte fragen…«
    »Morgen vielleicht«, sagte Mr. Klein und blickte beim Aufstehen auf seine Uhr. »Jetzt erst mal: Schlaf.«
    Welcher, so überlegte sie sich, als jener Schlaf sich nicht einstellen wollte, welcher von all den vor ihr liegenden Wegen zur Wahrheit war der unwahrscheinlichste Pfad? Es standen ihr mehrere Alternativen zur Verfügung: Die Gommsche, die Kleinsche und die ihres eigenen gesunden Menschenverstands.
    Alle drei waren verlockend unmöglich. Alle, wie der Weg, der sie hierher gebracht hatte, ohne einen Hinweis auf das endgültige Ziel. Natürlich hatte sie die Konsequenzen ihres Spleens zu tragen gehabt; hier war sie, erschöpft und zerschlagen, eingesperrt, mit wenig Hoffnung auf Entkommen. Aber dieser Spleen war ihre Wesensart - war vielleicht, wie Ronald einmal gesagt hatte, die einzige unbestreitbare Konstante an ihr. Wenn sie sich jetzt über diesen Instinkt hinwegsetzte, dann war sie verloren, trotz allem, was sie sich damit eingebrockt hatte. Sie lag wach und ließ sich die vorhandenen Alternativen durch den Kopf gehen. Gegen Morgen hatte sie einen Entschluß gefaßt.
    Sie wartete den ganzen Tag, in der Hoffnung, Gomm werde kommen, aber sie war nicht überrascht, als er sich doch nicht zeigte. Es war möglich, daß die Vorkommnisse des gestrigen Abends ihn in so große Schwierigkeiten gebracht hatten, daß sogar er sich nicht mehr herausreden konnte. Sie wurde jedoch nicht völlig sich selbst überlassen. Guillemot kam und ging, mit Essen, mit Getränken und - mitten am Nachmittag - mit Kartenspielen. Das Wesentliche am Fünf-Blatt-Poker kriegte sie recht rasch mit, und sie verbrachten ein oder zwei zufriedene Stunden mit Spielen, während die Luft Rufe von dem Hof herübertrug, wo die Tollhäusler offensichtlich Froschrennen veranstalteten.
    »Glauben Sie, Sie könnten es für mich arrangieren, daß ich ein Bad nehmen oder wenigstens duschen kann?« fragte sie ihn, als er diesen Abend nochmals kam, um ihr Dinnertablett zu holen. »Langsam wird mir nämlich meine eigene Gesellschaft zuwider.«
    Er lächelte tatsächlich, als er erwiderte: »Das find’ ich raus für Sie.«
    »Ach ja, wirklich?« flötete sie. »Das wäre wirklich sehr freundlich.«
    Eine Stunde später kehrte er zurück, um ihr zu sagen, daß um eine Ausnahmebewilligung ersucht und diese gewährt worden sei; ob sie Lust hätte, ihn zu den Duschräumen zu
    begleiten? »Werden Sie mir den Rücken schrubben?«
    erkundigte sie sich beiläufig.
    Auf die Bemerkung hin klimperte Guillemot entsetzt mit den Augendeckeln, und seine Ohren nahmen die Farbe von roter Bete an. »Bitte folgen Sie mir«, sagte er. Gehorsam folgte sie und versuchte, sich ihrer beider Weg im Geiste einzuprägen für den Fall, daß sie ihn später, ohne ihren Bewacher, zurückgehen wollte.
    Die Anlage, zu der er sie brachte, war alles andere als primitiv, und beim Betreten des verspiegelten Badezimmers tat es ihr beinah leid, daß Waschen auf ihrer

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