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Das 9. Urteil

Das 9. Urteil

Titel: Das 9. Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Kletterschuh, ein Banana-Republic-Sweatshirt und eine Werkzeugtasche, die höchstwahrscheinlich Hello Kitty gehörten.
    Ich genoss das Gefühl, endlich Boden unter den Füßen zu haben, daher war ich nicht gerade erfreut, als ich um sechs Uhr abends einen Anruf von Jackson Brady erhielt, der mir mitteilte, dass das FBI meine Unterstützung bei einem Dreifach-Mord brauchte.
    Zwanzig Minuten nach Bradys Anruf gingen Conklin und ich die steile Rampe eines Parkhauses hinauf. Die etliche Stockwerke hohe Betonspirale endete bei einer Überführung ins Pier 39, ein gigantisches Einkaufszentrum voller Restaurants und Geschäfte – perfekt geeignet, um nach einem blutigen Massaker unterzutauchen.
    Brady machte uns mit Special Agent Dick Benbow bekannt, einem breitschultrigen Mann um die vierzig mit kurz geschorenen Haaren und spiegelblank polierten Schuhen. Benbow gab uns die Hand und brachte uns zum Tatort, der bereits von einem Dutzend FBI -Agenten untersucht wurde.
    Benbow sagte: »Sergeant Boxer, Sie kennen dieses Tier besser als jeder andere. Bitte sagen Sie mir, was Sie sehen. Was ist gleich? Was ist anders? Welche Theorie haben Sie?«
    Meine Kopfhaut fing an zu kribbeln, und sämtliche Härchen an meinem Körper richteten sich auf, als wir uns einer jungen Schwarzen näherten. Sie lag im Licht gleißend heller Scheinwerfer auf dem Boden, die Augen weit aufgerissen, mit einem Einschussloch mitten in der Stirn.
    Sie trug teure Kleidung: einen langen, bedruckten Designer-Rock, ein marineblaues Jackett, eine weiße Bluse mit vielen Abnähern und ungewöhnlichen Knöpfen. Sie sah nicht wie eine gewöhnliche Kundin des Einkaufszentrums aus, eher so, als sei sie irgendwo zu Besuch gewesen.
    Zwei Meter hinter ihr lag ein umgekippter Doppel-Buggy. Er verdeckte den Blick auf zwei tote Kinder, doch ich konnte auch von meinem Platz aus vieles erkennen: zwei Blutlachen, einen kleinen Fuß mit einem weißen Schuh links vom Buggy, die Hand eines anderen Kleinkinds nach rechts ausgestreckt, daneben, nur wenige Zentimeter entfernt, ein Schnuller.
    Vielleicht hatte er noch diesen kleinen Trost gesucht, bevor er gestorben war.
    Benbow sagte: »Bei den Opfern handelt es sich um Veronica Williams, ihre Tochter Tally und ihren Sohn Van. Sie wohnen in L. A. und waren zu Besuch hier. Wir haben die Angehörigen bereits verständigt.«
    Ich stand vor den Opfern Nummer sieben, acht und neun und riss mich zusammen, um meine Wut nicht laut hinauszubrüllen. Das war nicht einfach nur Mord. Das war Schlächterei.
    Hilflos starrte ich Benbow an, dann ging ich hinüber zu dem Ford Blazer. An den Nummernschildern war zu erkennen, dass es sich um einen Mietwagen handelte. Die Fahrertür stand offen, und auf dem Boden lag eine teure schwarze Lederhandtasche. Ein Portemonnaie, ein offenes Schminktäschchen, ein Schnuller, ein Kuvert mit Flugtickets, Aspirin, ein Handy und mehrere Päckchen Feuchttücher waren herausgerutscht.
    Ich beugte mich ins Wageninnere. Das Licht der Polizeischeinwerfer ließ die Konturen der Lippenstiftschrift scharf und die Buchstaben schwarz erscheinen. Diesmal waren es nicht drei kryptische Buchstaben, sondern fünf Worte, ebenso unbegreiflich.
    FRAUEN UND KINDER ZUERST. KAPIERT ?
    Nein, ich kapierte es nicht. Ich kapierte es ganz und gar nicht.
    Er war schlau und aalglatt, und er hasste Frauen und Kinder, das war mir klar. Aber was trieb ihn an? Wie hatte er neun Morde begehen können, ohne gesehen zu werden? Wie würden wir ihn schnappen?
    Oder würde der Fall des Lippenstift-Killers eines dieser ungelösten Rätsel werden, die viele meiner Kollegen noch bis ins Grab verfolgten?
    Ich sagte zu Benbow: »Kein Zweifel, das war derselbe Täter. Das ist seine Signatur. Nur hat er die Worte diesmal ausgeschrieben. Aber eine brauchbare Theorie habe ich trotzdem nicht. Ich wünschte, ich hätte wenigstens den leisesten Schimmer einer Ahnung.«
    Ich ließ mich mit dem Rücken an einen Betonpfeiler sinken, wählte Claires Nummer und sprach auf ihre Mailbox: »Ich bin im Parkhaus des Pier 39. Drei neue Opfer, darunter zwei Kleinkinder.«
    Claire meldete sich. Sie flucht nicht oft, aber jetzt stieß sie eine beeindruckende Tirade an Verwünschungen aus, bevor sie sagte, dass sie sich sofort auf den Weg machen wollte. Kaum hatte sie aufgelegt, hörte ich Schritte auf dem Beton. Ich drehte mich um und sah Jackson Brady in Begleitung zweier Männer die Rampe heraufkommen. Einer war ein Polizeibeamter in Uniform, der andere ein drahtiger

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