Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
vielleicht möglich, jenseits des Mordfalles mal in einer ruhigen Minute ein Interview mit Ihnen und der kleinen Riemenschneiderin hier zu machen? Die Kleine hat mindestens so viel Potenzial wie Knut und Flocke zusammen.« Hoffnungsvoll blickte sie Haderlein an und kraulte fleißig an Riemenschneiders rosa Ohren weiter.
Der Hauptkommissar grinste. Entweder war diese hübsche junge Dame unglaublich gerissen oder einfach nur nett.
»Na gut«, erwiderte er spontan seinem Gefühl nachgebend. »Aber heute wird das nichts mehr. Rufen Sie morgen nach einundzwanzig Uhr an, dann können wir einen Termin ausmachen.« Er gab ihr seine private Visitenkarte. »Aber wehe, ich sehe die Karte bei irgendeinem anderen Kollegen der Klatschpresse, dann war das definitiv das letzte Gespräch, das Sie mit mir in diesem Leben geführt haben.« Dabei drohte er ihr spielerisch mit dem Finger.
»Um Gottes willen«, lachte sie, »so etwas würde ich nie wagen. Dann wäre Riemenschneider ja bestimmt sauer. Ich rufe Sie morgen an, Herr Haderlein«, meinte sie mit verschmitztem Gesichtsausdruck und wackelte nun ihrerseits mit dem Finger. Dann verabschiedete sie sich und ging zu ihren Technikern, die schon am weiß-blauen BR -Bus warteten.
»So, das war’s für heute, Riemenschneider.« Haderlein strich ihr über den Rücken. »Das hast du gut gemacht, du bist jetzt ein richtiger Fernsehstar.« Er setzte sein Ferkel auf den Boden, nahm dessen Leine und schaute sich um. Fidibus war nirgends zu sehen, wahrscheinlich hatte er sich schon davongemacht.
»Na gut, du Schwein, hast du noch Lust auf ein Bier im Greifenklau zum Einschlafen?«, fragte der Hauptkommissar.
Riemenschneider hob den Kopf und stellte ihre Ohren senkrecht auf. Haderlein interpretierte das als Zustimmung.
»Das war wohl ein Ja, du Schlawinerin. Aber höchstens eine Stunde, mir langt’s für heute. Wir stellen noch schnell das Auto daheim ab und laufen dann zum Greifenklau hoch. Denn nur wer hoch läuft, muss sich heimwärts keinen Autoschlüssel verkneifen«, belehrte er Riemenschneider, während er die Autotür seines Multiplas öffnete.
*
Manuela Rast war enttäuscht. Vor ihr stand kein sympathischer Kommissar aus der Nachbarschaft, sondern ein großer, schwarzhaariger, schlanker Mann in ziemlich teuren, schwarzen Lederklamotten. Seine Hände steckten in Handschuhen, die dichten Haare waren streng nach hinten gegelt.
»Ja, Sie wünschen?«, fragte sie wie immer, wenn Unbekannte vor der Tür standen. Dass sie nur einen Bademantel trug und sonst nichts, störte sie nicht im Geringsten.
Der Mann betrachtete sie kurz und erstaunt. Dann lächelte er. So breit, dass ein Goldzahn in der Abendsonne glänzte.
*
Haderlein stellte seinen Fiat im Hof ab und schloss das Tor mit dem großen hölzernen Riegel von außen. Seine Dienstwaffe hatte er im Handschuhfach seines Wagens verstaut, nicht ganz vorschriftsmäßig, aber für heute musste das reichen.
»Komm, du Säuferin, auf geht’s!«, rief er seiner Begleiterin zu und zog an der Leine. »Ich möchte noch vor eins nach Hause kommen.«
*
Plötzlich fühlte Manuela Rast Panik in sich aufsteigen. Reflexartig wollte sie die Tür zuschlagen, doch dazu kam sie nicht mehr. Ein kräftiger Arm legte sich von hinten über ihren Mund und ein anderer um ihren Oberkörper. Nur ihre Füße konnte sie noch bewegen. Mit ihnen strampelte sie so heftig, wie sie nur konnte. Vergeblich.
Der große Schwarze nickte demjenigen zu, der sie von hinten festhielt, trat ein und schloss die Tür. Ohne sich weiter um sie zu kümmern, begann er ihre Wohnung zu zerstören, und Manuela Rast musste fassungs- und hilflos zusehen. Regale wurden ausgeräumt und Schränke durchwühlt. Dass der Mann die ausgestopften Fische aufriss, war ihr egal, aber als er auch noch ihr schönes orangenes Sofa aufschlitzte, entrang sich ihrer Kehle ein lautes, protestierendes Stöhnen. Der Schwarze ging in die Küche, und während sie von den Armen des Unbekannten wie im Schraubstock gehalten wurde, musste sie mit anhören, wie das Mobiliar dort ebenfalls zertrümmert wurde.
Als der schwarz gekleidete Mann zurückkam und sich vor ihr aufbaute, lächelte er nicht mehr. »Wo ist das Buch?«, fragte er kalt.
Manuela Rast starrte ihn verständnislos an und zuckte mit den Schultern.
»Du weißt also nicht, wo das Buch ist, oder?« Manuela Rast schüttelte heftig den Kopf. Sie hatte keine Ahnung, wovon der Mann sprach.
Nikolais Blick wurde immer kälter. Er gab Igor ein
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