Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower
einfach nur wissen, was ich meinem Vater schenken sollte, denn ich habe ihn ja lieb. Und ich kenne ihn nicht einmal. Und er redet auch nicht gern über so etwas.
»Warum legst du nicht mit deiner Schwester zusammen und kaufst ihm diesen Pullover?«
»Nein, ich will ihm selbst etwas kaufen. Was für Musik mag er denn?«
Mein Vater hört nicht mehr so viel Musik, und was er mag, das hat er schon.
»Was für Bücher mag er denn?«
Mein Vater liest nicht mehr so viele Bücher – er hört auf dem Weg zur Arbeit Hörbücher, und die kriegt er umsonst aus der Bücherei.
Was für Filme?
Was überhaupt?
Meine Schwester entschied, den Pullover alleine zu kaufen. Und sie wurde allmählich wütend auf mich, weil es spät wurde und sie ja noch mal losgehen musste, um ein Geschenk für ihren heimlichen Freund zu kaufen.
»Gott, Charlie, kauf ihm doch einfach ein paar Golfbälle! «
»Aber Golf ist ein Sommersport.«
»Mom! Bringst du ihn bitte dazu, etwas zu kaufen!«
»Beruhige dich, Charlie. Es ist alles in Ordnung.«
Ich war so traurig, und ich wusste nicht, warum. Mom versuchte, nett zu sein – sie ist immer diejenige, die sich bemüht, alles im Griff zu haben, wenn es mir so geht.
»Tut mir leid, Mom.«
»Ist schon in Ordnung, Charlie. Du willst einfach nur ein hübsches Geschenk für deinen Vater kaufen. Das ist doch etwas Gutes.«
»Mom!« Meine Schwester begann, sich jetzt wirklich aufzuregen.
Meine Mutter sah meine Schwester aber nicht einmal an.
»Du kannst deinem Vater alles kaufen, was du willst, Charlie. Ich bin ganz sicher, dass es ihm gefallen wird. Aber beruhige dich erst mal. Es ist alles okay.«
Und dann gingen wir in vier verschiedene Läden, und in jedem setzte sich meine Schwester auf den nächstbesten Stuhl und stöhnte. Schließlich fanden wir das richtige Geschäft. Sie hatten Videokassetten, und ich entdeckte die letzte Folge von M*A*S*H – ohne Werbung. Und da ging es mir schon viel besser. Ich erzählte Mom, wie wir alle gemeinsam diese Folge angesehen hatten.
»Sie kennt die Geschichte, Charlie. Sie war dabei. Jetzt mach schon. Wirklich!«
Mom sagte meiner Schwester, sie solle sich da raushalten. Und dann hörte sie zu, wie ich die Geschichte erzählte, die sie schon kannte, aber ohne den Teil, an dem mein Vater weint – das war ja »unser kleines Geheimnis«. Und dann sagte sie, dass ich sehr gut erzählen könne. Ich habe meine Mutter wirklich lieb. Und dieses Mal sagte ich ihr das auch – dass ich sie lieb hatte. Und sie sagte mir, dass sie mich auch lieb hatte. Und für eine Weile war alles in Ordnung.
Später am Abend saßen wir um den Tisch herum und warteten darauf, dass mein Vater mit meinem Bruder vom Flughafen zurückkam. Sie hätten eigentlich längst da sein sollen, und Mom begann, sich Sorgen zu machen, weil es draußen stark schneite. Meine Schwester musste am Nachmittag daheim bleiben, um beim Kochen zu helfen. Mom wollte, dass es etwas ganz Besonderes für meinen Bruder und mich wurde, weil er ja nach Hause kam und ich Geburtstag hatte. Meine Schwester wollte aber
ein Geschenk für ihren Freund kaufen gehen, und jetzt hatte sie wirklich schlechte Laune. Sie benahm sich wie diese verzogenen Mädchen in den Achtzigerjahre-Filmen, und meine Mutter sagte die ganze Zeit »junge Dame« zu ihr.
Schließlich rief Dad an und sagte, dass sich das Flugzeug meines Bruders wegen des Schneesturms verspätete. Ich bekam von dem Gespräch nur mit, was Mom sagte.
»Aber es ist doch Charlies Geburtstagsessen … Ich weiß, dass du nichts dafür kannst … Hat er es verpasst? Ich frag ja nur … Ich habe nicht gesagt, dass es deine Schuld ist … Nein, ich kann es nicht warm halten, es wird doch ganz trocken … Was? … Aber es ist doch sein Lieblingsessen … Was soll ich ihnen denn deiner Meinung nach machen? Natürlich haben sie Hunger … Du bist schon eine Stunde zu spät … Du hättest ja mal anrufen können …«
Ich weiß nicht, wie lange meine Mutter am Telefon war, weil ich nach einer Weile nicht mehr am Tisch sitzen und zuhören wollte. Also bin ich in mein Zimmer gegangen und habe gelesen. Ich hatte ohnehin keinen Appetit mehr, ich wollte einfach nur meine Ruhe. Bald darauf kam Mom zu mir und sagte, Dad hätte gerade noch einmal angerufen und sie wären in einer halben Stunde da. Sie fragte mich, ob alles in Ordnung sei, und ich wusste, sie meinte nicht meine Schwester und auch nicht den Streit mit Dad am Telefon, weil so etwas eben manchmal vorkam Sie hatte
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