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Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wentworth
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Und dann wird sie allen erzählen, du hättest Lisle vor ihr versteckt.«
Die Worte waren für seine Ohren bestimmt, aber Lisle hörte sie sehr wohl. Sie gaben ihr das Gefühl, heimlich zu lauschen. Sie sah Alicias Blick und Dales tiefes Stirnrunzeln.
Ihre Wangen brannten, als sie ihren Stuhl zurückstieß und aus dem Zimmer rannte.
Weder Dale noch Alicia bemerkten etwas davon. Sie fochten ihren eigenen Kampf, genauer gesagt eine neue Version eines alten Kampfes. Er starrte sie an, aber er konnte sie nicht niederstarren. Ihre boshaft blitzenden Augen sagten:
»Warum hast du Angst vor Aimée? Das hast du doch. Ich hätte dich schützen können. Ich bin ihr gewachsen. Aber warum sollte ich dich beschützen? Du hast nicht auf mich gewartet. Du hast dich für Lisle entschieden. Soll sie dich doch beschützen.« Das boshafte Blitzen wich einem spöttischen Lachen. »Du solltest aus der Not eine Tugend machen, Schätzchen, sie kommt so oder so«, und damit stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf das Kinn.
Lisle verbrachte ihren Vormittag damit, sich in einer Tapferkeit zu üben, die sie nicht besaß. Sie zog ein neues Kleid an, strohfarbenes Leinen, passend zu ihren Haaren, und der Anblick gab ihr Auftrieb. Sie benutzte etwas mehr Makeup als sonst; denn was auch immer geschehen würde, Aimée Mallam sollte sie nicht blass antreffen. Und schließlich, was konnte sie denn an Dales Tisch und in seiner Anwesenheit sagen? Sie machte sich völlig umsonst so viele Sorgen. Die Wespe würde sich im Glas verstecken und das war es dann.
Mrs Mallam kam in einem kleinen Flitzer und einem zu flotten Kleid. Der ausgestellte Rock war sehr kurz und das eng anliegende Oberteil war smaragdgrün und weiß gestreift. Dazu trug sie grüne Schuhe und ein gezwirbeltes smaragdgrünes Haarband, unter dem ihre Haare überwältigend dick und golden hervorquollen. Zu viele Haare und zu viel Gold, um echt zu sein, viel zu viel. Auch der Busen war zu groß, um in derart lebhafte Streifen eingezwängt zu werden. Und zu viel Wade, um so freizügig gezeigt zu werden.
Aber in seltsamem Kontrast zu diesem Auftritt gab es von allem anderen zu wenig. Die Augen waren nicht groß und blau, sondern klein, eng beieinander stehend und von unbestimmter Farbe. Die Lippen waren dünn und fast farblos. Die Wangen blass und hängend.
Sie umarmte Alicia, legte eine beringte Hand auf Dales Arm und sagte mit einem Blick auf Lisle:
»Das ist also die Braut. Wem von euch soll ich gratulieren?«
Es war dieselbe Stimme, die gesagt hatte: »Ein Unfall, der Dale sehr gelegen kam.« Sie war schleppend, wie verklebt von ihrer eigenen Süße.
Einen Augenblick lang war Lisle wie betäubt. Dann schüttelte sie ihr automatisch die Hand und sagte: »Sehr erfreut.« Mrs Mallams Hand, dick und warm in Waschleder-Handschuhen, ergriff die ihre und drückte sie. Mit schleppender Stimme sagte sie:
»Ich gratuliere Dale.«
Die andere Hand lag noch immer auf seinem Arm. Sie wandte sich ihm zu.
»Aber ich bin sechs Monate zu spät dran. Du hast das sicher schon hundertmal gehört.«
Er lächelte auf sie herab.
»Je öfter, desto besser, Aimée. Ich weiß, dass ich ein glücklicher Mann bin; ich kann es nicht oft genug hören.«
Aimée Mallam lachte.
»O mein Lieber, du warst schon immer ein Glückspilz. Wie machst du das nur. Ich wünschte, ich wüsste das Geheimnis.«
Das Mittagessen verlief einigermaßen angenehm – zumindest für Aimée Mallam. Sie und Dale bestritten den Großteil des Gespräches. Alicia, die nicht in bester Stimmung war, kam herein, wie es ihr gefiel, und aß nur Obst.
»Aber Schätzchen, du musst doch nicht abnehmen«, sagte Aimée Mallam.
Alicias Blick blieb einen Augenblick auf Aimées übervollem Teller hängen. Sie sagte:
»Meine Liebe, wenn man erst abnehmen muss, ist es zu spät. Ich behalte meine Figur.«
Mrs Mallam lachte schallend.
»Mir ist das egal. Es kümmert mich nicht, wenn es ansetzt. Ich esse für mein Leben gern, und jeder kann es sehen.« Sie wandte sich an Lisle. »Sie können sich nicht vorstellen, wie enttäuscht ich war, dass wir uns bei den Cranes nicht begegnet sind. Ich konnte es nicht glauben, als es hieß, Sie seien abgereist. Ich bin nämlich am Freitag erst gegen Mitternacht dort angekommen, weil ich unterwegs noch meine Cousine Lady Lowstock besucht habe und sie darauf bestand, dass ich zum Abendessen blieb. Sehr ungezogen von ihr, und sehr ungezogen von mir. Marian Crane war auch sehr böse, aber ich habe gesagt,

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