Das alte Haus am Meer
als hätte er nicht einmal genug Atem für das eine kurze Wort. Doch im nächsten Augenblick schon hatte er mehr als genug Atem. Seine gewaltige Wut dröhnte durch den Hörer.
»Ich habe dir doch gesagt, du sollst zu Langhams gehen! Es war das Letzte, was ich dir gesagt habe. Kannst du denn nie tun, was man dir sagt?«
Sie war erschüttert, zeigte es aber nicht. Es nahm sie entsetzlich mit, wenn Dale zornig war, aber sie hatte gelernt, es ihm nicht zu zeigen. Sie würde nicht mit Dale leben können, wenn er wusste, dass er sie so aus der Fassung bringen konnte. Der Satz wollte nicht weichen und blieb unvollendet: Sie würde nicht mit Dale leben können …
Erneut seine zornige Stimme.
»Bist du noch dran? Warum antwortest du nicht?«
»Dale, du schreist.«
»Was erwartest du denn? Du bist fast umgekommen, oder etwa nicht? Soll ich mich darüber freuen? Du hast meine Anweisungen nicht befolgt und hättest dich fast umgebracht. Was soll ich denn sagen?«
Ein Schauder rann ihr über den Rücken. Sie sagte: »Ich weiß nicht«, und legte auf.
Sie blieb auf der Bettkante sitzen und stützte sich seitlich mit beiden Händen ab, um nicht so sehr zu zittern. Es war nicht Dales Zorn, der ihr Angst machte. Er war schon öfter wütend gewesen; und sie hatte sich gefürchtet, aber nicht so. Ganz plötzlich war die Angst gekommen, und sie wusste nicht warum. Es war verständlich, dass Dale verärgert war. Jeder Mann wäre verärgert, wenn seine Frau fast umgekommen wäre, weil sie nicht getan hatte, was er ihr sagte. Und Dale hatte gesagt, sie solle die Lenkung überprüfen lassen, bevor sie heimfuhr. Auf einmal stutzte sie: »Er hat es gesagt, er hat es gesagt. Und ich hätte es getan, wenn nicht Alicia gewesen wäre.« Einen Augenblick war sie erleichtert, aber dann kam die Angst wieder. Er kannte doch Alicia schon sein ganzes Leben. Er wusste, sie würde die Gelegenheit nutzen und einen Streit vom Zaun brechen. Er wusste auch, dass ihr Wagen bei Langhams stand. »Hatte er sich gedacht, dass ich, um Streit zu vermeiden, nicht warten würde?«
Es schauderte sie erneut. Verzweifelt klammerte sie sich an ihren ersten Gedanken: »Er hat gesagt, ich solle die Lenkung überprüfen lassen.«
13
Dale kam am nächsten Tag zurück und schien zu Lisles großer Erleichterung seine schlechte Laune überwunden zu haben, obwohl er nicht hatte in Erfahrung bringen können, ob die Regierung weiteres Land von ihm kaufen würde. Er nahm sie in die Arme und sagte: »O Lisle!« und gab ihr einen schnellen, harten Kuss, bevor er sich an Rafe wandte. Alicia bekam nur ein Kopfnicken.
»Wie steht’s um den Wagen?«, fragte er. »Wie groß ist der Schaden?«
Rafe machte eine vage Geste.
»Totalschaden, würde ich sagen. Fahrgestell völlig verbogen. Lisle wird in ihr Portemonnaie greifen und sich ein Fahrrad kaufen müssen, wenn es für einen neuen Wagen nicht reicht.«
Dale, die Hand noch auf Lisles Schulter, lachte sogar:
»Oh, so schlimm steht es nicht. Robson ist ein Geizkragen, aber er wird sie schon ein Auto kaufen lassen, wenn sie ihn nett bittet. Aber was ist mit dem alten? Wo ist es? Die Lenkung darf doch nicht einfach so den Geist aufgeben. Ich will mir das mal ansehen.«
Sie waren auf der Terrasse, und die Sonne brannte auf den italienischen Garten. Rafe begutachtete ihn und antwortete über die Schulter.
»Evans hat die Überreste gestern Abend geholt. Ich habe ihm gesagt, er soll alles so lassen wie es ist, bis du da bist.«
Später schlenderte er in die Garage, wo Dale und Evans sich an dem Schrotthaufen zu schaffen machten. Als er hereinkam, erhob sich Dale aus seiner kauernden Stellung und ging ihm entgegen.
»Komische Sache, das mit der Lenkung. Die Spurstange muss gebrochen sein, als sie um die Kurve fuhr, mittendurch. Natürlich ist es möglich, wie Evans sagt, dass sie beim Aufprall auf die Scheune gebrochen ist, aber das ist verdammt unwahrscheinlich.«
Rafe blickte flüchtig zu Evans hinüber, aber der Chauffeur sah zu Boden.
»Na, ich weiß nicht. Wie soll der Wagen dann außer Kontrolle geraten sein? Denn wenn er das nicht gewesen wäre, wäre er doch nicht gegen die Scheune gerast.«
Dale ging weiter, die Hand auf dem Arm seines Cousins.
»Lisle ist nun mal eine schlechte Autofahrerin. Vielleicht hat sie vor Panik das Lenkrad losgelassen. Ich will ja nicht behaupten, dass die Lenkung in Ordnung war. Das ist mir auf der Fahrt nach Ledlington selbst aufgefallen – der Wagen schien so ein bisschen zu schlingern. Deshalb bin
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