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Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wentworth
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sich.
Lady Steyne machte ihre Aussage. Sie war mit ihrem Cousin unterwegs gewesen. Sie hatten Pell gesehen. Sie setzte sich.
Während ihrer Aussage beobachtete Miss Silver Rafe Jerningham, der Lady Steyne unverwandt betrachtete. Seinen Ausdruck fand sie sehr interessant: Bewunderung, mit einem spöttischen Funkeln durchsetzt, das sie an moussierenden Wein oder Sekt erinnerte. Einem weniger aufmerksamen Beobachter wäre daran vielleicht gar nichts aufgefallen. Die Dorfbewohner waren zu sehr an Mr Rafe gewöhnt, um ihm Beachtung zu schenken.
Mary Crisp wurde aufgerufen. Aus der zweiten Stuhlreihe tauchte ein dünnes, schlaksiges Kind auf, mit kurzen braunen Haaren und einem knielangen Kleid aus weißrosa Baumwolle. Sie senkte den Kopf und blickte den Vorsitzenden schüchtern an, als er sie fragte, wie alt sie sei.
»Vierzehn, Sir.«
Das schien unmöglich. Miss Silver hätte sie für höchstens zehn gehalten.
Es gab eine kurze Pause. Nach einer im Flüsterton geführten Unterredung wurde Mrs Ernest Crisp aufgerufen.
»O ja, sie ist vierzehn, Sir, das stimmt schon.«
Mary ließ weiter den Kopf hängen. Erst als ihre Mutter sich wieder setzte, warf sie Pell, der sich nicht rührte, einen mutwilligen Blick zu. Als der Vorsitzende das Wort an sie richtete, blickte sie wieder zu Boden. Ihr kleines braunes Gesicht war völlig ausdruckslos.
»Mary, du warst am Mittwochabend in Berry Lane?« Gerade noch hörbar kam die Antwort: »Ja.«
»Mit deinem kleinen Bruder John, der sieben ist?« »Ja.«
»Hast du gesehen, ob jemand den Weg nach Tane Head hinaufgegangen ist?«
Ein Paar glänzende Augen blickten auf und dann wieder nach unten. Der kleine, kurz geschorene Kopf nickte heftig.
»Wen hast du gesehen?«
Ein kleiner, dünner Finger zeigte auf Pell.
»Ihn.«
»War jemand bei ihm?«
»Ja, Cissie Cole.«
»Kannst du uns erzählen, was sie gemacht haben?«
Mary sprach mit schriller, pfeifender Stimme.
»Mit dem Motorrad ist er den Weg hochgefahren, Cissie hat hintendrauf gesessen. Dann sind sie abgestiegen und zu den Klippen gegangen.«
»Hast du sonst noch jemanden gesehen?«
»Mr Jerningham und Lady Steyne. Die sind auch da hoch gegangen.«
»Hast du Pell und Cissie noch einmal gesehen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wir sind nach Hause. War Zeit für Johnny.«
»Mary, bist du sicher, dass es Cissie Cole war, die du gesehen hast?«
Ein heftiges Nicken.
»Es war hell genug, sie deutlich zu erkennen?«
»Ja, Sir. Es war erst zwanzig nach neun, und Mama hat gesagt, wir sollen um halb zehn heimkommen, und da waren wir auch daheim.«
Von ihrem Platz aus sagte Mrs Ernest Crisp: »Das stimmt.«
    29

    Mary, nach beendeter Aussage, zog den Kopf ein und trottete zurück zu ihrem Platz neben ihrer Mutter. Dort angekommen, starrte sie Pell an, lange und ohne zu blinzeln. Die Reihe war jetzt an ihm – Alfred Sidney Pell. Doch erst als der junge Polizist ihm die Hand auf die Schulter legte, hob er den ungekämmten Kopf und stand schließlich steif und unwillig auf.
    Es gab einen Stuhl für den Zeugen, aber er setzte sich nicht. Nachdem er auf den Beinen war, blieb er mit hängenden Schultern hinter dem Stuhl stehen und krallte sich an der Lehne fest, wie zuvor an der Sitzbank. Den Schwur legte er mit tiefer Stimme murmelnd ab. Die Worte kamen ihm nur undeutlich genuschelt über die Lippen. Es hätte auch eine fremde Sprache sein können, die er mechanisch wiederholte, ohne sie zu verstehen.
    Der Vorsitzende stellte die einleitenden Fragen. Jede Antwort kam nach einer langen Pause.
Er hieß Alfred Sidney Pell. Er war neunundzwanzig Jahre alt. Er war verheiratet. Mit Cissie Cole hatte er sich öfter getroffen. Sie hatte nicht gewusst, dass er verheiratet war. Hatte es erst vor vierzehn Tagen erfahren. Sie war ein anständiges Mädchen und niemand sollte ihr etwas nachsagen. Er war bei Mr Jerningham als Mechaniker angestellt gewesen. Mr Jerningham hatte ihn entlassen, weil er verheiratet war.
Der Vorsitzende beugte sich vor und fragte höflich:
»Meinen Sie das so wie Sie es sagen, oder hat Mr Jerningham Sie entlassen, weil Sie sich als unverheiratet ausgegeben haben, um Cissie Cole den Hof zu machen?« Verärgertes Murmeln, das klang wie: »Ja, richtig.«
»Also, Pell, kommen wir zum Mittwochabend. Waren Sie mit Cissie Cole verabredet? Ich glaube, das haben Sie schon zugegeben?«
»Ja, wir haben uns getroffen. Wir waren verabredet.«
»Sie haben sie auf Ihrem Motorrad mitgenommen, als sie von Schloss Tanfield kam.«
»So war es.«
»Aber Cissie

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