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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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sieht es so.«
    »Es erschien mir stets weniger real als hier.« Sam starrte immer noch in das erlöschende Feuer und hörte nicht wirklich zu. Er beobachtete die aufsprühenden Funken und versuchte bei jedem Aufstieben zu zählen, wie viele es waren. »Stets ist es mir wie ein bis in die Kleinigkeiten gestaltetes Traumbild erschienen, aber irgendwie… ausgewaschen, wie mit Wasserfarben gemalt. Unwirklicher, trotz des elektrischen Lichtes und der Maschinen und allem. Wahrscheinlich lag es daran, dass es in der Schule kaum Magie gab, weil wir zu weit von der Mauer entfernt waren. Ich konnte manchmal Schatten weben und Tricks mit dem Licht machen, doch nur, wenn der Wind aus dem Norden kam. Manchmal war mir, als würde ein Teil von mir schlafen, weil ich die Charter nicht erreichen konnte.«
    Er verstummte und starrte schweigsam in die Glut.
    Nach einigen Minuten meldete Lirael sich wieder zu Wort. »Um darauf zurückzukommen, was wir tun werden«, sagte sie zögernd. »Ich hatte vor, mich nach Qyrre zu begeben, um die dortigen Konstabler oder Gardisten zu ersuchen, mir Geleitschutz bis Kante zu geben. Aber offenbar weiß Hedge schon von mir – von uns – , darum erscheint mir das nicht mehr sinnvoll. Ich meine, ich muss auf jeden Fall zum Roten See, aber nicht so auffällig. Es wäre unüberlegt, im Hafen von Qyrre anzulegen und von Bord zu gehen, meint ihr nicht?«
    »Ja«, bestätigte die Hündin, blickte zu Lirael auf und war offensichtlich stolz auf sie, dass sie selbst darauf gekommen war. »Von Hedge ging ein Geruch aus – ein Geruch von Macht, der so stark war, dass ich ihn wittern konnte, als Lirael ihm entfloh. Ich glaube, dieser Hedge ist mehr als nur ein Nekromant. Aber was immer er sein mag, er ist schlau und hat seine gegen das Königreich gerichteten Pläne schon lange ausgeheckt. Und seine Vasallen werden wohl nicht nur unter den Toten, sondern auch den Lebenden zu finden sein.«
    Sameth antwortete nicht sofort. Er nahm den Blick vom Feuer und runzelte die Stirn, als ihm der schlafende Mogget auffiel. Jetzt, da feststand, dass Nicholas sich tatsächlich in den Klauen des Feindes befand, wusste er nicht, was er tun sollte. Was ihm in der Sicherheit seines Turmzimmers als gute Idee erschienen war, erwies sich nun als äußerst schwierig.
    »Wir dürfen nicht nach Qyrre fahren«, sagte er. »Wir sollten uns erst einmal zum Haus begeben – zum Abhorsen-Haus. Von dort aus kann ich Kurierfalken aussenden, und wir können uns mit Ausrüstung und Dingen für die Reise versorgen. Kettenhemden. Ein besseres Schwert für mich.«
    »Und es wäre ein sicherer Zufluchtsort«, sagte die Hündin mit einem durchdringenden Blick auf Sam.
    Sam wandte sich ab. Er konnte der Hündin nicht in die Augen sehen. Irgendwie kannte sie seine geheimen Gedanken. Eine Hälfte seines Ichs sagte ihm, dass er weitermachen musste, während die andere Hälfte überzeugt war, dass er es gar nicht konnte. Dieser Zwiespalt machte ihn krank. Wohin er sich auch begab – er konnte nicht leugnen, dass er der Abhorsen-Nachfolger war. Doch weil er auf diesem Gebiet keine Ahnung hatte, würde man ihn bald als Schwindler entlarven.
    »Gute Idee.« Lirael nickte. »Das ist doch auf den Langen Klippen, nicht wahr? Von dort können wir uns westwärts auf den Weg machen und uns von den Straßen fern halten. Gibt es dort irgendwo Pferde? Ich…«
    »Mein Pferd ist tot«, unterbrach Sam sie mit bleichem Gesicht. »Ich will kein anderes mehr.«
    Er erhob sich abrupt und humpelte in die Dunkelheit, wo er auf den Ratterlin starrte und das Spiel der Wellen beobachtete. Er konnte Lirael hören und dieses Hundewesen, das so sehr wie Mogget war. Sie unterhielten sich, sprachen allerdings zu leise, als dass er auch nur ein Wort verstehen konnte. Aber er wusste, dass sie von ihm redeten, und er schämte sich.
    »Er ist ein verzogenes Balg«, flüsterte Lirael verärgert. Ein solches Benehmen kannte sie nicht. In der Bibliothek herrschte strenge Disziplin und es gab eine Befehlshierarchie. Zwar hatte sie nützliche Informationen von Sam erhalten, ansonsten aber war er eine Plage. »Ich habe nur versucht, eine Art Plan zu machen. Vielleicht sollten wir ihn einfach zurücklassen.«
    »Er ist aufgewühlt«, sagte die Hündin beschwichtigend. »Ihm ist viel Schreckliches widerfahren, mit dem er nicht gerechnet hatte, und nun ist er verwundet und verängstigt. Morgen sieht alles schon anders aus, und in den kommenden Tagen wird er wieder zu sich selbst

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