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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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und dann begann sie wieder von vorn, bei jedem Schauplatz von neuen Ängsten gequält.
    Die Südlinge waren immer noch zu nah, aber sie befanden sich jetzt tiefer im Tal als zuvor. Sam schien einfach nicht fertig zu werden. Der Zerstörer wurde größer und mächtiger, und Lirael wusste, dass er jeden Augenblick seine zweite Manifestation annehmen würde – jene Manifestation, der er seinen Namen verdankte.
    Der Zerstörer.
    Alle schraken zusammen, als Sam plötzlich aufstand. Und sie erschraken erneut, als er sieben Meisterzeichen rezitierte, eines nach dem anderen. Ein Strom flüssiger goldener und silberner Flammen fiel von seiner ausgestreckten Hand auf Liraels blutiges Schwert und die Panflöten hinab, die er in ihre einzelnen Röhren zerlegt hatte, die nun auf der silbernen Klinge aufgereiht waren.
    Augenblicke später flammte der Zerstörer heller auf, und der Boden bebte unter ihren Füßen.
    »Schaut weg und schließt die Augen!«, schrie Lirael. Sie hob einen Arm vors Gesicht und kauerte sich mit gesenktem Kopf in die Richtung des Tales. Hinter ihr stieg eine leuchtende Silberkugel – die vereinten Hemisphären – aus der Feuersäule gen Himmel. Während sie emporstieg, wurde sie heller und heller, bis sie mehr Licht verströmte, als die Sonne es je vermocht hatte. Sie schwebte ein paar Sekunden hoch in der Luft; dann sank sie in die Tiefe und verschwand hinter dem Hügel.
    Neun lange Sekunden wartete Lirael mit zusammengekniffenen Augen, das Gesicht in ihren schmutzigen Ärmel gepresst. Sie wusste, was sie erwartete, aber das half ihr nicht viel.
    Dann kam die Explosion, eine glühende Druckwelle, die alles im Tal auslöschte. Die Mühle und die Eisenbahn wurden mit dem ersten Blitz pulverisiert. Die Bucht verdampfte einen Augenblick später, und eine Wolke glühend heißen Dampfes schoss zum Himmel. Felsen schmolzen, Bäume wurden zu Asche, Fische und Vögel verschwanden einfach. Die Blitzableiter schmolzen, wurden in die Luft geschleudert und fielen als todbringender Metallregen herab.
    Die Druckwelle hatte die Spitze des Hügels vollkommen abgeschnitten – die Erde, die Felsen, die Blitzableiter, die Bäume, alles war vernichtet. Und was noch da war und brennen konnte, stand in hellen Flammen, bis es Sekunden später vom Sturm und vom Dampf ausgelöscht wurde.
    Die äußere Schutzraute bekam die Druckwelle ab, nachdem sie die schützenden Erdmassen des Hügels vernichtet hatte. Der magische Schutzschirm leuchtete einen Moment auf und verschwand.
    Die zweite Raute fing den heißen Wind und den Dampf ab, der das Fleisch von den Knochen brennen konnte. Sie widerstand den Gewalten nur Sekunden und löste sich ebenfalls auf.
    Die dritte und letzte Raute hielt länger als eine Minute stand, dann versagte auch sie. Aber da war das Schlimmste vorüber. Ein heißer, jedoch erträglicher Wind fegte heran, als die Raute verschwunden war, und rüttelte an den sieben Gefährten, die erschüttert und mit geschlossenen Augen am Boden kauerten.
    Über ihnen wuchs eine gewaltige Wolke aus Staub, Asche, Dampf und geschmolzenen Felsen Tausende von Fuß in den Himmel, wo sie sich wie ein Pilzhut ausbreitete und alles verdunkelte.
    Lirael erholte sich als Erste. Sie öffnete die Augen und sah überall Asche herabfallen wie schwarzen Schnee und sah ihre kleine, rautenförmige Zuflucht, eine unversehrte Insel in der Öde, aus der alle Farbe verschwunden war und über der ein düsterer Himmel hing wie eine wolkenverhangene Nacht. Doch es war für Lirael kein so schlimmer Schock, wie es der Fall hätte sein können. Sie hatte es bereits in der Vergangenheit gesehen, und ihre Gedanken beschäftigten sich schon fieberhaft mit den Schritten, die nun getan werden mussten. Und denen, die sie selbst tun musste.
    »Schützt euch vor der Hitze!«, rief sie, als die anderen aufstanden und sich voller Entsetzen umsahen. Rasch rief Lirael die Schutzzeichen in ihre Gedanken und ließ sie aus ihrem Verstand heraus über ihre Haut und Kleidung fließen. Dann sah sie sich nach der Waffe um, die Sam hoffentlich fertig gestellt hatte.
    Sam hielt die Klinge verwirrt in der Hand, als wäre er nicht sicher, was er da eigentlich geschaffen hatte. Er reichte sie Lirael, und sie nahm die Waffe am Griff, nicht ohne Furcht. Das war nicht mehr Nehima, es war nicht mehr dasselbe Schwert. Es war länger als zuvor, die Klinge breiter, und der grüne Stein am Knauf war verschwunden. Überall flossen Charterzeichen durchs Metall, das einen silberroten

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