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Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Titel: Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Coughlin
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Mustern bedeckte den Holzboden, und maßgefertigte Regale standen unter den Fenstern und waren um die Tür herum befestigt. Es gab Unmengen von Büchern, und diejenigen, die keinen Platz mehr in den Regalen hatten, lagen auf dem Boden. Eve musste über die Unordnung lächeln. Manche standen, manche lagen in Stapeln, und in den Regalen standen ein paar hervor, als warteten sie nur darauf, wieder in die Hand genommen zu werden.
    Für einen Moment blieb sie einfach stehen und betrachtete alles. Der Raum, auch wenn er sich verändert hatte, fühlte sich für sie richtig an, sie spürte Sicherheit und Verlässlichkeit. Es roch auch richtig, nach Nacht und Geheimnissen. Und nach Hazard, merkte sie plötzlich. Sie lächelte, schloss die Augen und atmete tief durch.
    Entspannter trat sie ein wenig vor und bemerkte den Polstersessel und den passenden Hocker an einem Ende des Raums und die Liege am anderen Ende. Es war gerade noch hell genug, dass sie die Titel auf einigen der alten Ledereinbände lesen konnte, viele in verschnörkelter Schrift und in Gold geprägt. Chaos-Magie, Alte Alchemie, Die verlorene Kunst der Nekromantie. Kein Wunder, dass Hazard in Magie so beschlagen war.
    Es war der Himmel für einen Bücherliebhaber. Und so war es schon immer gewesen, dachte Eve, als sie sich an die Stunden erinnerte, die sie hier mit einem Buch auf dem Schoß verbracht hatte, während Gran sich mit irgendetwas beschäftigte. Sie ließ die Fingerspitzen über das nächstgelegene Fensterbrett gleiten und dann über ein Bücherregal. Beide waren absolut glatt. Wie sie es erwartet hatte. Keine Kerben, keine Narben, keine Anzeichen der Vergangenheit. Eine unbeschriebene Tafel. All die Jahre voller wunderbarem Lachen, untröstlichem Weinen, der Liebe, die in diesen Wänden gewohnt hatte … verschwunden. Sie war sich nicht sicher, was sie bei diesem Gedanken empfand, und sie grübelte auch nicht darüber nach. Stattdessen beschäftigte sie sich damit, herauszufinden, was der Raum außer Büchern noch enthielt.
    Es gab eine Kupferwaage und Teleskope und andere mechanische Gerätschaften, deren Namen sie nicht kannte. Auf einem Tisch neben dem Sessel lag eine spannende Mischung kleinerer Dinge: ein kristallenes Tintenfass – komplett mit Tinte, wie ihr ein Blick unter den silbernen Deckel zeigte –, ein Vergrößerungsglas, ein Brieföffner mit einem keltischen Knoten darauf und ein alter Füller. Ein sehr alter und sehr guter Füller, dachte sie, als sie ihn hochhob, um den Perlmuttgriff und die silberne Feder zu bewundern.
    Als ihr auffiel, dass auf der Seite Worte eingraviert waren, hob sie ihn näher vors Gesicht, aber bevor sie sie lesen konnte, ging plötzlich das Licht an, und sie schaute auf. Das Licht kam nicht von der Deckenlampe, sondern von kleinen Lampen, die über die Fenster verteilt waren, als hätte jemand eine Handvoll Sterne in die Luft geworfen. Eve sah sich um und lächelte. Feenlichter, dachte sie, und das waren sie wirklich. Sie verwandelten den Raum in etwas aus einem Märchenbuch.
    Sie drehte sich um und entdeckte Hazard, der sie beobachtete.
    »Wie hast du …?« Sie deutete auf die Lichter um sie herum.
    »Habe ich nicht. Die Fenster wurden eigens für den vorherigen Besitzer angefertigt. Die Lampen liegen tatsächlich hinter einer zweiten Glasscheibe, und nachts sind die Kabel quasi unsichtbar, so dass es wirkt, als würden die Lichter frei in der Luft hängen. Die innere Scheibe kann man herausnehmen, um die Birnen zu wechseln«, fügte er hinzu und kam damit ihrer nächsten Frage zuvor.
    »Sehr cool«, sagte sie und drehte sich einmal komplett im Kreis.
    »Unus est ut unus praesumo«, sagte Hazard.
    Eve wandte sich wieder um und warf ihm einen fragenden Blick zu.
    »Ich habe bemerkt, dass du die Inschrift gelesen hast«, erklärte er und nickte in Richtung des Füllers, den sie noch in der Hand hielt. »Es ist Latein. Man ist, was man wagt. Dieser Füller ist das Einzige, was ich besitze, was man als Familienerbstück bezeichnen könnte. Es ist das einzige, was mir von dieser Zeit meines Lebens geblieben ist.«
    »Er ist wunderschön. Hat er deinem Vater gehört?« Sie fragte, weil über dem lateinischen Zitat ›M. Hazard‹ eingraviert war.
    Jemand anderes hätte die plötzliche Kühle in seinen Augen und das fast unmerkliche Verblassen seines Lächelns vielleicht übersehen. Jemand, der nicht auf jede seiner Bewegungen achtete und nicht noch die kleinste Geste registrierte, aber Eve bemerkte seine

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